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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ihn.«
    »Wäre eine von euch vielleicht so nett, mir zu erklären, was das alles soll?«, bohrte Gawyn sanft.
    »Das kannst du nicht verstehen«, sagte seine Schwester, und dann schüttelten sich die drei Mädchen vor Kichern.
    Gawyn kratzte sich am Kopf und schüttelte ihn anschließend. »Also, wenn es etwas mit Rand al’Thor zu tun hat, dann vergewissert euch bitte, dass Elaida nichts davon erfährt. Sie hat mich dreimal seit unserer Ankunft wie ein Folterknecht der Weißmäntel verhört. Ich glaube nicht, dass sie ihm wohl …« Er fuhr zusammen. Eine Frau kam durch den Garten geschritten; eine Frau, die eine Stola mit roten Fransen trug. »Nenn den Dunklen König beim Namen«, zitierte er, »und er erscheint. Ich brauche keinen weiteren Vortrag darüber, dass ich mein Hemd anziehen soll, wenn ich mich außerhalb des Übungsgeländes befinde. Einen guten Morgen euch allen.«
    Elaida sah dem sich entfernenden Gawyn nach, als sie die Brücke erreichte. Sie ist zwar nicht schön, sieht aber doch ganz passabel aus, dachte Egwene. Doch das alterslose Aussehen zeigte genau wie die Stola, wer sie war. Nur den ganz neuen Schwestern sah man das noch nicht an. Als ihr Blick Egwene streifte und einen Moment an ihr hängen blieb, bemerkte Egwene plötzlich eine innere Härte an der Aes Sedai. Sie hatte Moiraine schon immer für stark gehalten, wie Stahl unter Seide, aber bei Elaida war die Seide nicht mehr vorhanden.
    »Elaida«, sagte Elayne, »das ist Egwene. Auch sie wurde mit dem Talent geboren. Und sie hat auch schon Unterricht erhalten, deshalb ist sie ungefähr so weit wie ich. Elaida?«
    Das Gesicht der Aes Sedai war ausdruckslos. »In Caemlyn, Kind, bin ich die Ratgeberin deiner Mutter, der Königin, aber hier befinden wir uns in der Weißen Burg, und Ihr seid Novizin.« Min machte Anstalten zu gehen, aber Elaida hielt sie zurück mit den scharfen Worten: »Bleib hier, Mädchen! Ich will mit dir reden.«
    »Ich kenne dich mein ganzes Leben lang, Elaida«, sagte Elayne ungläubig. »Du hast mich aufwachsen sehen und den Garten im Winter zum Blühen gebracht, damit ich darin spielen konnte.«
    »Kind, dort warst du die Tochter-Erbin. Hier seid Ihr eine Novizin. Das müsst Ihr begreifen. Eines Tages werdet Ihr groß sein, aber bis dahin müsst Ihr viel lernen!«
    »Ja, Aes Sedai.«
    Egwene war erstaunt. Wenn jemand sie vor anderen so heruntergeputzt hätte, wäre sie wütend gewesen.
    »Jetzt fort mit euch beiden!« Ein Gong ertönte mit vollem Klang, und Elaida hielt den Kopf schief. Die Sonne stand auf halbem Weg zum Zenit. »Die Hohe Stunde«, sagte Elaida. »Ihr müsst euch beeilen, wenn ihr nicht noch mehr Schelte einstecken wollt. Elayne? Geht nach der Arbeit ins Zimmer der Herrin der Novizinnen. Eine Novizin spricht keine Aes Sedai ungebeten an. Lauft, ihr beiden! Ihr werdet zu spät kommen. Lauft!«
    Sie hoben ihre Röcke und rannten los. Egwene betrachtete Elayne während des Rennens. Auf Elaynes Wangen zeigten sich zwei rote Flecke, und ihr Blick war sehr entschlossen.
    »Ich werde auch eine Aes Sedai«, sagte Elayne leise, und es klang wie eine Drohung.
    Hinter ihnen hörte Egwene Elaida beginnen: »Man hat mir zu verstehen gegeben, Mädchen, dass Ihr von Moiraine Sedai hier hergebracht wurdet.«
    Sie wäre gern geblieben und hätte gelauscht, um zu erfahren, ob Elaida sie über Rand aushorchen wollte, aber durch die ganze Burg hallte der Gongschlag zur Hohen Stunde, und sie musste mit ihrer Arbeit beginnen. So lief sie dem Befehl entsprechend weiter.
    »Ich werde auch eine Aes Sedai«, grollte sie. Elayne lächelte ihr kurz und verständnisvoll zu, und sie liefen noch schneller.
    Mins Hemd klebte ihr am Körper, als sie schließlich die Brücke verließ. Es war kein durch die Sonne hervorgerufener Schweiß, sondern rührte von Elaidas hitzigen Fragen her. Sie sah sich um, weil sie nicht sicher war, ob die Aes Sedai ihr folgte, aber Elaida war nirgends zu sehen.
    Woher wusste Elaida, dass Moiraine sie herbeigerufen hatte? Min war sicher gewesen, dass dieses Geheimnis allein ihr selbst, Moiraine und Sheriam bekannt sei. Und dann all die Fragen über Rand. Es war nicht leicht gewesen, mit unbewegtem Gesicht und stetigem Blick einer Aes Sedai ins Gesicht zu lügen, sie habe nie von ihm gehört und wisse nichts über ihn. Was will sie von ihm? Licht, was will eigentlich Moiraine von ihm? Was ist er? Licht, ich will keinen Mann lieben, den ich nur einmal gesehen habe, und dann auch noch einen Bauernjungen!

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