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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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eine Frau an, die so in Schwarz eingehüllt war, dass nur noch ihre Finger zu sehen waren. An ihrer rechten Hand steckte ein goldener Ring in Form einer Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlang. Eine Aes Sedai oder zumindest eine in Tar Valon von Aes Sedai ausgebildete Frau. Keine andere trug einen solchen Ring. Wie auch immer, für ihn machte das keinen Unterschied. Er sah weg, bevor sie seinen Blick bemerkte, und fast im gleichen Moment entdeckte er eine weitere von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllte Frau, die einen Ring mit der Großen Schlange trug. Die beiden Hexen ließen sich nicht anmerken, ob sie sich kannten. In der Weißen Burg saßen sie wie die Spinnen im Netz und zogen die Fäden, an denen Könige und Königinnen tanzten. Immer mischten sie sich ein. Verflucht seien sie alle – mögen sie den ewigen Tod finden! Ihm wurde bewusst, dass er mit den Zähnen geknirscht hatte. Wenn es schon zu viele Menschen gab und man an jenem Tag ihre Anzahl erheblich mindern musste, dann gab es welche, die man noch weniger vermissen würde als die Kesselflicker.
    Eine Glocke ertönte, ein einzelner, zittriger Ton, der von überall her gleichzeitig zu kommen schien und alle anderen Laute wie mit einem Messer abschnitt.
    Die hohe Tür am anderen Ende des Saals öffnete sich, und zwei Trollocs traten ein. Dornen schmückten die schwarzen Kettenhemden, die bis zu ihren Knien herunterhingen. Alle wichen vor ihnen zurück. Sogar der Mann, der sich Bors nannte.
    Sie überragten auch die größten der anwesenden Menschen um wenigstens zwei Köpfe und stellten eine abscheuliche Mischung aus Mensch und Tier dar. Menschliche Gesichter, doch verzerrt und verändert. Einer hatte einen massigen spitzen, gekrümmten Schnabel, wo eigentlich Mund und Nase hätten sein sollen, und statt Haar bedeckten Federn seinen Kopf. Der andere ging auf Hufen, das Gesicht lief in einer behaarten Schnauze aus, und über seinen Ohren wuchsen Ziegenhörner.
    Die Trollocs schenkten den Menschen keine Beachtung, drehten sich zur Tür um und verbeugten sich demütig und ängstlich. Die Federn des einen sträubten sich zu einem schmalen Kamm.
    Ein Myrddraal trat zwischen sie, und sie sanken auf die Knie. Er war in ein Schwarz gekleidet, das die Kettenhemden der Trollocs und die Masken der Menschen blass wirken ließ. Seine Kleidung hing vollkommen glatt an ihm herunter, während er sich mit der Geschmeidigkeit einer Viper bewegte.
    Der Mann, der sich Bors nannte, fühlte, wie sich seine Lippen verzogen, halb, um zu knurren und halb, wie er schamhaft zugeben musste, auch aus Angst. Der Myrddraal hatte sein Gesicht nicht vermummt. Sein leichenblasses Antlitz war das eines Mannes, doch ohne Augen wirkte es wie ein Ei, wie eine Larve in einem Grab.
    Das glatte, blasse Gesicht drehte sich langsam und betrachtete einen nach dem anderen, wie es schien. Ein sichtbares Schaudern pflanzte sich unter diesem augenlosen Blick durch die Menge fort. Dünne, blutleere Lippen verzogen sich zum Anflug eines Lächelns, als sich einer nach dem anderen der Maskierten nach hinten in die Menge hineinzuschieben versuchte, um diesem Blick zu entgehen. Der Blick des Myrddraal ließ sie sich in der Form eines Halbkreises mit den Gesichtern zur Tür gewandt zusammendrängen.
    Der Mann, der sich Bors nannte, schluckte. Der Tag wird kommen, Halbmensch. Wenn der Große Herr der Dunkelheit wiederkehrt, wird er seine neuen Schattenlords erwählen, und du wirst dich vor ihnen ducken. Du wirst dich Menschen beugen müssen. Mir! Warum spricht das Wesen nicht? Hör auf, mich anzustarren, und sprich endlich!
    »Euer Herr kommt.« Die Stimme des Myrddraal rasselte wie die zerbröckelnde, trockene Haut einer Schlange. »Auf die Bäuche, ihr Würmer! Kriecht, damit sein Strahlen euch nicht blendet und verbrennt!«
    Zorn erfüllte den Mann, der sich Bors nannte, sowohl des Tonfalls wie auch der Worte wegen, aber dann begann die Luft über dem Halbmenschen zu flimmern, und die Bedeutung seiner Worte kam ihm zu Bewusstsein. Das kann nicht sein! Das kann nicht …! Die Trollocs lagen schon auf dem Bauch und wanden sich, als wollten sie sich in den Boden hineinbohren.
    Ohne darauf zu warten, dass sich die anderen bewegten, ließ sich der Mann, der sich Bors nannte, bäuchlings zu Boden fallen. Er ächzte, als er hart auf dem Stein aufschlug. Worte drangen ihm über die Lippen, die ihn gegen Gefahr schützen sollten – sie wirkten wie ein Amulett, waren aber nur ein dürftiger Schutz gegen das,

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