Die Jagd nach dem Vampir
gut sein, dass ich ihn nicht bemerkt habe.«
»Lieber fleißig als faul, was?«, neckte ich ihn.
»Das ist richtig.« Jasper hielt den Farbeimer hoch – mit dem Farbton Mauve, wie ich bemerkte. »Und wenn ich weiterhin so faul rumstehe, wird Mrs Taxman ein Wörtchen mit mir reden wollen.«
»Danke, Mr Taxman, dass Sie sich dennoch Zeit genommen haben«, sagte ich.
»Keine Ursache, Lori. Aber machen Sie sich nicht so rar. Sonst denken die Leute noch, Sie mögen sie nicht mehr.« Er nickte mir freundlich zu und ging in das Gemüsegeschäft.
Ich kurbelte das Fenster wieder hoch und parkte den Mini vor der Teestube. Einen Augenblick lang blieb ich sitzen und starrte nachdenklich auf den Regen, der die Windschutzscheibe hinunterlief. Warum hatten mich weder Mr Barlow noch Mr Taxman bei dem Treffen bemerkt? Ich hatte mir zwar schon oft gewünscht, bei Sitzungen dieser Art unsichtbar zu sein, besonders wenn Peggy Taxman ein Hühnchen mit mir zu rupfen hatte, aber ich war sicher, dass mir das noch nie gelungen war. Und warum hatten beide Männer den Eindruck, ich würde Finch meiden?
»So lange ist es gar nicht her, dass ich im Dorf war«, sagte ich zum Rückspiegel. »Mr Barlow und Mr Taxman verlieren sich in der Zeit. Ist auch verständlich, wenn ein trüber Tag dem anderen gleicht.«
Ich nickte zufrieden und begab mich in die Teestube, wo ich von Sally Pyne, George Wetherhead, Lilian Bunting, Miranda Morrow und weiteren Dorfbewohnern wie eine verschollen geglaubte Tochter begrüßt wurde. Sally, die Eigentümerin, eilte davon, um Tee zu holen, den ich nicht bestellt hatte, während mich die anderen mit Fragen bombardierten.
»Wie geht’s Bill?«
»Gefällt es den Zwillingen in der Schule?«
»Wie finden Sie die Farbe, die Peggy für den Gemüseladen ausgesucht hat? Mauve!«
»Haben Rob und Will schon viele neue Freunde?«
»Warum fahren Sie den alten Mini von Mr Barlow?«
»Was ist das mit diesem Perversen auf Emma’s Hill?«
»Mögen die Jungen ihre Lehrer?«
»Da wären wir, meine Liebe«, sagte Sally Pyne und schob einen Stuhl an dem Tisch zurück, den sie für mich gedeckt hatte. »Setzen Sie sich und erzählen Sie uns, wie es Ihnen ergangen ist.«
Ich schaute in lächelnde, aber wissbegierige Gesichter und fügte mich dem Unvermeidlichen. Ich setzte mich, ließ mir von Sally Tee einschenken und arbeitete die Fragen ab.
»Bill ist in London und setzt Treuhänderfonds für Katzen auf. Peggy hatte noch nie Sinn für Farben, aber wenn einer von euch ihr das erzählt, werde ich abstreiten, das je gesagt zu haben. Ich habe mir den Mini von Mr Barlow ausgeliehen, weil Annelises Auto in letzter Zeit unter Schluckauf leidet. Auf Anscombe Manor hält jetzt jeder die Augen offen wegen des Perversen, der in der Gegend herumstreunt. Will und Rob lieben ihre neuen Lehrer und ihre Freunde, überhaupt alles an der Morningside. Und mir geht es ausgezeichnet, danke schön.«
Meine Antworten führten zu einem Plaudermarathon, der eine gute Stunde dauerte und sich als sehr informativ erwies. Ich erfuhr, dass Miranda Morrows Katze vier schneeweiße Kätzchen geworfen hatte; dass Mr Wetherhead eine neue Lokomotive für seine riesige Modelleisenbahnanlage erworben hatte und dass Sally Pynes Keller seit zwei Tagen knietief unter Wasser stand. Ich wusste nicht, wohin ich schauen sollte, als Lilian Bunting, die Frau des Pfarrers, erwähnte, dass jemand Weihwasser aus dem Taufbecken von St. George entnommen hatte, aber ich nahm mir vor, bei meinem nächsten Kirchenbesuch eine größere Spende in den Korb zu legen.
Weder Lilian noch sonst einer der Anwesenden wusste etwas über die DuCarals. Sie wussten, dass Aldercot Hall irgendwo in der Nähe von Finch lag, und waren ansonsten mehr daran interessiert, Besitzer für die Kätzchen von Miranda zu finden, als sich über die Besitzer von Aldercot Hall zu unterhalten. Während ich ihrem Geplauder zuhörte, wurde mir klar, dass Kits Beschreibung meiner Nachbarn als »recht beschränkt« durchaus zutraf.
Außerdem lebte niemand von ihnen länger als seit zwanzig Jahren in Finch. Als relative Neulinge wussten sie nicht halb so viel über die örtliche Geschichte wie eine Lizzie Black, deren Familie seit vielen Generationen in der Gegend lebte.
Enttäuscht musste ich auch zur Kenntnis nehmen, dass sie Leo zwar gesehen hatten, als er auf dem Weg nach Gypsy Hollow mit seinem Wohnmobil durch Finch gefahren war, seitdem aber nicht mehr. Die Dörfler hatten ihn für einen Camper
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