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Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Die Jahre der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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erleichtert darüber, dass es jemanden gab, der so verrückt war, einen schlafenden General zu wecken. Rebecca kletterte auf den Kofferraum, kniete sich hin und streckte die Hand aus, um Sherman an die Schulter zu fassen. Als sie ihn berührte, machte er schon die Augen auf und packte ihr Handgelenk.
    » Was’n los?«, lallte er, noch immer durcheinander und im Halbschlaf. Seinen Reflexen hatte seine Müdigkeit allem Anschein nach nicht geschadet.
    » Die Männer müssen an den Kofferraum, Frank«, sagte Rebecca und deutete auf die beiden nervösen Soldaten hinter ihr.
    » Ah«, sagte Sherman. » Ah, ich verstehe. Kein Problem.« Er setzte sich mit einem leisen Ächzen hin und rutschte von dem Fahrzeug herunter. » Ich schlafe im Wagen weiter.«
    » Siehste?«, sagte der Soldat mit dem New Yorker Akzent. » Ich hab doch gesagt, dass es da viel besser ist.«
    » Ach, leck mich«, sagte sein Kamerad.
    Sherman nahm im Wagen Platz. Er war in dem Moment eingeschlafen, in dem sein Kopf den Sitz berührte. Er hatte sich, seit er an Land gegangen war, tatsächlich bis an die Grenzen getrieben. Obwohl der Wagen aufgrund der pausenlosen Verladeaktion auf und ab wippte und die Männer natürlich auch miteinander redeten, rührte er sich nicht und zuckte mit keiner Wimper. Rebecca musterte ihn mit einem Ausdruck, der eine Mischung aus Mitleid und Bewunderung war. Dann tippte jemand auf ihre Schulter. Als sie sich umdrehte, sah sie eine junge Frau, die etwa in ihrem Alter, aber höchstens ein Jahr älter war. Rebecca kannte sie nicht; sie nahm an, dass sie zu den Leuten aus dem Kino gehörte.
    » Ich heiße Katie.« Die junge Frau reichte ihr die Hand. » Freut mich, jemanden in meinem Alter hier zu treffen. Ich dachte mir, wir sollten uns kennenlernen. Um zusammenzuhalten. Oder so was.«
    » Rebecca. Wenn du willst, kannst du mich Becky nennen. Bin Sanitäterin beim Roten Kreuz. Was machst du?«
    » Hab in der Stadt in einem Restaurant gearbeitet«, erwiderte Katie. » Als Kellnerin. Bis diese Scheiße dann über uns reinbrach. Da sind Ron und ich ins Kino verduftet.« Sie schaute Rebecca an. » Beim Roten Kreuz? Da hast du ja spannende Zeiten erlebt.«
    » Das kann man wohl sagen«, erwiderte Rebecca sachlich und dachte an die Hölle von Kairo, die Kinderleichen, die sie gesehen hatte, das Blut in den Gängen der Ramage – und den Schuss in Deckers Kopf, der sein Gehirn…
    Sie schüttelte die Gedanken ab.
    Katie spürte wohl, dass sie etwas Falsches gesagt hatte, und wechselte geschickt das Thema.
    » Wie ich sehe, habt ihr einen guten Anführer«, sagte sie. » In den infizierten Gebieten haben fast alle ihren Kram gepackt und sind abgehauen. Es gibt keine Organisation. Die Hälfte der Militärbasen an der Westküste musste sich mit Hunderten von Deserteuren abplagen. Jedenfalls haben wir es so im Radio gehört. Aber ihr…Ihr arbeitet wie ein echtes Team. Und ihr lebt noch. Ich bin froh, dass wir euch begegnet sind.«
    Rebecca lächelte, sagte aber nichts.
    » Wo hast du die Klamotten her?«, fragte Katie. » Sind die vom Roten Kreuz? Ich würde mir auch gern was anderes anziehen.« Sie zupfte ziemlich zimperlich mit spitzen Fingern an ihrem schmutzigen langärmeligen Hemd, als wimmele das Textil von Spinnen. Rebecca wusste, wie Katie sich fühlte. Seit dem Verlassen des Schiffes hatte keiner von ihnen eine Dusche gesehen, und in Kinos gab es so etwas natürlich auch nicht. Katie und Ron hatten sich wahrscheinlich wochenlang ohne ein anständiges Bad abplagen müssen.
    Rebecca grinste nun. » In der Hinsicht kann ich dir helfen«, sagte sie. » Beim Roten Kreuz darfst du anziehen, was du willst, aber wir haben einen Haufen winterfestes Zeug in dem Sportartikelgeschäft geklaut, auf das ihr uns hingewiesen habt. Schauen wir doch mal nach, ob wir ein paar Klamotten für dich finden.«
    Katie war gerade im Busch verschwunden, um sich in ihr neues Tarnzeug zu hüllen, als Motorengebrumm die Gruppe alarmierte. Es kam nicht vom Nebenweg, sondern aus der Stadt. Dann hatte es also Ärger gegeben. Sie hatten eine direktere Route genommen.
    » Männer!«, rief ein Corporal, der momentan höchste anwesende wache Dienstgrad. » Fertig machen zum Abhauen, aber dalli!«
    Rebecca ließ das Gebüsch, an dem sie Wache geschoben hatte, schnell hinter sich, um dafür zu sorgen, dass niemand die sich umziehende Katie störte. Sie klopfte an die Scheibe des Topaz. Sherman wachte nicht auf. Sie öffnete die Tür und berührte ihn sanft an der

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