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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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    ABSCHRIFT AUS DEM DOOMSDAY BOOK
(070114-070526)
     
    Ich habe beschlossen, mir dies alles von der Seele zu reden und aufzuzeichnen. Mr. Gilchrist sagte, er hoffe, daß wir mit der Öffnung des Mittelalters in der Lage sein werden, einen zuverlässigen Augenzeugenbericht aus der Zeit des Schwarzen Todes zu erhalten, und ich denke, hier ist er schon.
    Der erste Seuchenfall hier war der Sekretär, der mit dem Gesandten des Bischofs kam. Ich weiß nicht, ob er bei ihrer Ankunft schon krank war oder nicht. Es kann der Fall gewesen sein, und ich vermute, daß sie deshalb hierherkamen, statt nach Oxford weiterzureisen: um ihn loszuwerden, bevor er sie ansteckte. Als sie am Weihnachtsmorgen überstürzt aufbrachen, war er bereits so krank, daß er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, was darauf schließen läßt, daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit schon am Abend zuvor ansteckend war, als er mit mindestens dem halben Dorf Kontakt hatte.
    Er hat Rosemund, die Tochter des Hausherrn, angesteckt, die am… sechsundzwanzigsten erkrankte? Ich habe alles Gefühl für den Zeitablauf eingebüßt. Beide haben die klassischen Pestbeulen. Eine des Sekretärs ist aufgebrochen und entläßt Blut und Eiter. Rosemunds sind hart und vergrößern sich. Sie haben annähernd die Größe einer Walnuß erreicht. Die Haut ringsum ist entzündet. Beide haben hohes Fieber und sind nur zeitweilig bei Besinnung.
    Pater Roche und ich haben sie in der Schlafkammer isoliert und allen Dorfbewohnern geraten, in den Häusern zu bleiben und jeden Kontakt miteinander zu meiden, doch fürchte ich, daß es bereits zu spät ist. Fast alle Einwohner nahmen mit den Fremden an der Christmette teil und feierten gemeinsam auf dem Dorfanger, und hier war die ganze Familie mit dem Kranken zusammen .
    Ich wollte, ich wüßte, ob die Krankheit ansteckend ist, bevor die Symptome auftreten, und wie lang die Inkubationszeit ist. Mir ist bekannt, daß die Pest in drei Erscheinungsformen auftritt: als Beulenpest, Lungenpest und Pest-Sepsis, und ich weiß, daß Lungenpest am ansteckendsten ist, weil sie durch Tröpfcheninfektion und Berührung übertragen werden kann. Der Sekretär und Rosemund scheinen beide die Beulenpest zu haben.
    Ich bin so in Angst, daß ich nicht einmal denken kann. Es überschwemmt mich in Wellen. Ich kann meine Arbeit tun und mich um die Kranken kümmern, und dann überkommt mich plötzlich die Angst, und ich muß mich am Bettgestell festhalten, um nicht hinauszurennen, aus dem Haus, aus dem Dorf, fort von allem.
    Zwar bin ich gegen Pest geimpft, aber ich hatte auch meine T-Zellen-Verstärkung und meine antivirale Vorbeugung, und ich bin trotzdem hier krank geworden, und jedesmal, wenn ich mit dem Sekretär in Berührung komme, stockt mir unwillkürlich der Atem. Pater Roche vergißt immer wieder, seine provisorische Schutzmaske zu tragen, und ich bin in der größten Sorge, daß er sich anstecken wird, oder Agnes. Und ich fürchte, daß der Sekretär sterben wird. Und Rosemund. Auch fürchte ich, daß jemand im Dorf die Lungenpest bekommen wird, und bin in Sorge, daß Gawyn nicht zurückkommen wird, und daß ich den Absetzort nicht vor dem Rückholtermin finden werde.
     
    (Unterbrechung)
     
    Ich fühle mich etwas ruhiger. Es scheint zu helfen, diese Aufnahme zu machen und zu Ihnen zu sprechen, ob Sie mich hören können oder nicht.
    Rosemund ist jung und kräftig. Und die Pest tötete nicht alle. In manchen Dörfern starb überhaupt niemand daran.

 
27
     
     
    Sie trugen Rosemund in die Kammer hinauf und bereiteten ihr in dem engen Raum neben dem Bett des Kranken ein Lager aus einem Strohsack. Pater Roche bezog ihn mit einem Leintuch und ging hinaus zum Dachboden, um Bettdecken zu holen.
    Kivrin hatte sich gesorgt, daß Rosemund beim Anblick des Sekretärs mit seiner dunkel geschwollenen Zunge und der sich schwärzlich verfärbenden Haut Widerstand leisten würde, aber sie schenkte ihm kaum einen Blick. Sie nahm das Übergewand ab, zog ihre Schuhe aus und streckte sich dankbar auf das schmale Lager. Kivrin nahm die Decke aus Kaninchenfell und legte sie auf sie.
    »Werde ich schreien und wie er auf die Leute losgehen?« fragte Rosemund.
    »Nein«, sagte Kivrin und versuchte zu lächeln. »Du mußt nur ausruhen. Schmerzt es irgendwo?«
    »Mein Magen«, sagte sie und legte die Hand auf ihre Mitte. »Und mein Kopf. Sir Bloet sagte mir, das Fieber bringe Männer zum Tanzen. Ich dachte, es sei eine Geschichte, mit der er mir

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