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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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geblieben.
    Sie hatten den Sekretär isoliert, sobald sie erkannt hatten, woran er erkrankt war, und es war ihr gelungen, Pater Roche die meiste Zeit von ihm fernzuhalten. Sie hatten alle unter den Umständen mögliche Vorsichtsmaßregeln getroffen. Und es war kein Fall von Lungenpest daraus geworden. Vielleicht war das genug, und sie hatten der Ausbreitung der Seuche noch rechtzeitig Einhalt geboten. Sie mußte Pater Roche sagen, daß es nun darauf ankam, das Dorf gegen Fremde abzuschließen und niemanden hereinzulassen. Vielleicht würde die Pest an ihnen vorübergehen. Das war vorgekommen. Ganze Dörfer waren unberührt geblieben, weil die Bewohner die Zugangswege unpassierbar gemacht und die Gemeindegrenzen überwacht hatten. So war in Teilen Schottlands das Einschleppen der Seuche verhindert worden.
    Sie mußte am Krankenbett eingenickt sein. Als sie erwachte, dämmerte der Morgen, und Pater Roche war fort. Der Sekretär lag ganz still, die Augen starr und aufgerissen, und sie dachte, er sei gestorben und Pater Roche fortgegangen, sein Grab auszuheben, dann aber sah sie das leichte Heben und Senken seiner Brust unter der Decke. Als sie ihm den Puls fühlte, ging er schnell und so schwach, daß sie ihn kaum fühlen konnte.
    Im Dorf begann die Glocke zu läuten. Pater Roche mußte gegangen sein, um die Frühmesse zu lesen. Sie zog ihre behelfsmäßige Schutzmaske über Mund und Nase und beugte sich über das Bett. Sie sprach ihn mit leiser Stimme an, doch gab er keinerlei Zeichen, daß er sie gehört hatte. Behutsam legte sie ihm die Hand auf die Stirn. Das Fieber schien wieder nachgelassen zu haben, aber das konnte mit der Tageszeit zusammenhängen, und seine Haut fühlte sich nicht normal an. Sie war trocken und papieren, und die Blutergüsse unter der Haut seiner Arme und Beine waren dunkler und hatten sich weiter verbreitet. Seine geschwollene Zunge zwängte sich zwischen seinen Zähnen hervor, gräßlich purpurn.
    Ein übler Geruch ging von ihm aus, so widerwärtig, daß sie ihn selbst durch die Maske gefiltert kaum aushalten konnte. Sie stieg auf die steinerne Bank am Fenster und band das gewachste Leinen los. Die frische Luft roch wundervoll, kalt und rein, und sie beugte sich hinaus und atmete tief.
    Der Hof war leer, doch als sie in der kleinen Fensteröffnung lehnte und die frische Luft einsog, erschien Pater Roche in der Tür des Küchenhauses. Er trug eine dampfende Schüssel hinüber zur Tür des Herrenhauses, und kurz bevor er sie erreichte, erschien Eliwys. Sie sprach zu ihm, und er wollte nähertreten, schien dann aber an ihre Ermahnungen zu denken und zog seine Behelfsmaske über Mund und Nase, bevor er ihr antwortete. Er bemühte sich, andere Menschen vor der Gefahr seiner Nähe zu schützen. Kivrin war gerührt. Er verschwand im Herrenhaus, und Eliwys ging zum Brunnen.
    Kivrin band das Leinen an der Seite des Fensters zurück und sah sich nach etwas um, was als Fächer geeignet wäre. Sie sprang von der Bank, nahm das grobe Tuch, das sie aus der Küche mitgenommen hatte, und stieg wieder auf die Steinbank.
    Eliwys war noch am Brunnen und zog den Eimer hoch. Plötzlich hielt sie inne, das Seil in den Händen, und blickte zum Tor. Dort war Gawyn in Sicht gekommen. Er ging zu Fuß und führte sein Pferd am Zaum.
    Als er sie sah, blieb er wie gebannt stehen, und Gringolet drängte vorwärts und warf ungeduldig den Kopf auf. Gawyns Gesichtsausdruck war so, wie er immer gewesen war, wenn er Eliwys angesehen hatte, voller Hoffnung und Verlangen, und Kivrin spürte einen Anflug von Zorn, daß er sich nicht einmal jetzt geändert hatte. Aber vielleicht tat sie ihm unrecht; er war gerade eben aus Courcy zurückgekehrt und wußte nicht, was sich ereignet hatte.
    Eliwys zog den Eimer hoch, und Gawyn kam noch ein paar Schritte näher, ohne Gringolets Zaumzeug loszulassen, dann blieb er wieder stehen.
    Er weiß doch Bescheid, dachte Kivrin. Der Gesandte des Bischofs ist daran krank geworden, und er ist nach Haus geritten, um sie zu warnen. Plötzlich fiel ihr auf, was sie gleich hätte sehen müssen: er hatte die anderen Pferde nicht mitgebracht. Der Gesandte oder der Mönch sind an der Pest erkrankt, dachte sie, oder alle beide, und die anderen haben die Flucht ergriffen.
    Er sah Eliwys den Eimer aus dem Brunnentrog heben, ohne sich von der Stelle zu rühren. Er würde alles für sie tun, dachte Kivrin; er würde sie gegen hundert Räuber und Halsabschneider verteidigen, aber vor diesem Unheil kann er sie

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