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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Angst machen wollte. Er sagte, sie tanzten, bis ihnen das Blut aus dem Mund käme, und dann stürben sie. Wo ist Agnes?«
    »Auf dem Dachboden, mit deiner Mutter«, sagte Kivrin. Sie hatte Eliwys geraten, Agnes und Imeyne mit sich auf den Dachboden zu nehmen und einzuschließen, und Eliwys hatte es getan, ohne sich auch nur nach Rosemund umzusehen.
    »Mein Vater kommt bald«, sagte Rosemund.
    »Du mußt jetzt still sein und ausruhen.«
    »Großmutter sagt, es sei eine Todsünde, den eigenen Mann zu fürchten, aber ich kann nichts daran ändern. Er berührt mich in einer Art und Weise, die sich nicht ziemt, und erzählt mir Geschichten von Dingen, die nicht wahr sein können.«
    Ich hoffe, er ist schon infiziert, dachte Kivrin.
    »Mein Vater ist schon unterwegs«, sagte Rosemund.
    »Du mußt versuchen, zu schlafen.«
    »Wenn Sir Bloet jetzt hier wäre, würde er nicht wagen, mich anzurühren«, sagte sie und schloß die Augen. »Er würde derjenige sein, der sich fürchtet.«
    Pater Roche kam herein, beladen mit Bettzeug, und ging wieder hinaus. Kivrin schob Rosemund ein Kissen unter den Kopf, deckte sie noch einmal zu und legte die Felldecke, die sie vom Bett des Sekretärs genommen hatte, wieder über ihn.
    Er lag ganz still, aber das Röcheln in seinem Atmen hatte wieder angefangen, und hin und wieder hustete er. Sein Mund hing offen, und der Rücken seiner dicken, schwärzlichen Zunge trug einen weißen, pelzigen Belag.
    Sie durfte nicht zulassen, daß Rosemund dies zustieß. Sie war erst zwölf. Es mußte etwas geben, das sie für das Kind tun konnte. Irgend etwas. Der Pesterreger war eine Bakterie. Tetracycline und Sulfonamide konnten ihn abtöten, aber sie war nicht in der Lage, diese Mittel selbst herzustellen, und sie wußte nicht, wo der Absetzort war.
    Und Gawyn war nach Bath geritten. Eliwys war auf ihn zugelaufen, sie hatte die Arme um ihn geworfen, und er wäre für sie überallhin gegangen, hätte alles für sie getan, selbst wenn es bedeutete, ihren Mann nach Hause zu bringen.
    Sie versuchte zu überlegen, wie lang Gawyn brauchen würde, um nach Bath und zurück zu reiten. Es waren siebzig Kilometer. Wenn er sich sputete, konnte er es in anderthalb Tagen schaffen. Drei Tage, hin und zurück. Wenn er nicht aufgehalten wurde, wenn er Guillaume d’Iverie finden konnte, wenn er nicht krank wurde. Dr. Ahrens hatte gesagt, daß unbehandelte Pestkranke innerhalb von vier oder fünf Tagen starben, aber sie sah nicht, wie der Sekretär so lange aushalten könnte. Sein Fieber war wieder gestiegen.
    Sie hatte Frau Imeynes Arzneikasten unter das Bett geschoben, als sie Rosemunds Lager bereitet hatte. Nun zog sie es wieder hervor und untersuchte die getrockneten Kräuter und Pulver darin. Die Zeitgenossen hatten Hausmittel wie Johanniskraut und Bittersüß zur Pestbekämpfung verwendet, aber sie waren so nutzlos gewesen wie die pulverisierten Edelsteine und Kröten.
    Flohkraut mochte helfen, aber sie konnte keine der rosa oder purpurnen Blüten in den kleinen Leinensäckchen finden.
    Als Pater Roche zurückkam, bat sie ihn, Weidenzweige vom Bach zu holen, schälte die Rinde und goß sie zu einem bitteren Tee auf, den sie lange ziehen ließ. »Was für ein Gebräu ist dies?« fragte Pater Roche, nachdem er davon gekostet und ein Gesicht gezogen hatte.
    »Ein Mittel gegen das Fieber«, sagte Kivrin. »Hoffe ich.«
    Roche flößte dem Sekretär davon ein, den es nicht mehr kümmerte, wie etwas schmeckte, und es schien seine Temperatur ein wenig zu senken, aber Rosemunds Fieber stieg den ganzen Nachmittag, und gleichzeitig befiel sie Schüttelfrost. Als Pater Roche am Spätnachmittag ging, um die Vesperglocke zu läuten und zu beten, war sie beinahe zu heiß zum Anfassen.
    Kivrin deckte sie auf, tauchte zusammengelegte Leinenstreifen in kaltes Wasser und versuchte ihre Arme und Beine abzureiben, um das Fieber zu senken, aber Rosemund setzte sich heftig zur Wehr. »Es ziemt sich nicht, daß Ihr mich so berührt, Sir«, sagte sie durch klappernde Zähne. »Ich werde es meinem Vater sagen, wenn er zurückkommt.«
    Pater Roche blieb länger aus. Kivrin zündete die Talglichter an, versorgte die Kranken, so gut sie konnte, und überlegte, was ihn aufgehalten haben mochte.
    Im rauchigen Licht sah Rosemund noch schlechter aus als im trüben Tageslicht des verhängten Fensters. Ihr Gesicht war blaß und eingefallen, sie murmelte zu sich selbst, wiederholte Agnes’ Namen mehrmals und fragte einmal angstvoll: »Wo ist er? Er

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