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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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traf es sich gut, dass Arthur Pembroke Ihnen bald nachreiste und ich ihn zu begleiten hatte. Ich bedaure es zutiefst, dass ich mit meiner Mission gescheitert bin und Arthur Pembrokes Bösartigkeit unterschätzt habe.« Er seufzte schwer und sah nun zum ersten Mal bedrückt aus, als wäre sein Versa gen schlimmer als der Tod, der sie in der Gruft erwartete. »Hätte ich klüger und vorsichtiger gehandelt, hätte er seinen diabolischen Plan nicht ausführen können. Denn wäre Pulver in den Patronen gewesen, bei Gott, ich hätte ihn erschossen. So aber...«Er brach ab und schüt telte den Kopf. »Ich darf wohl nicht erwarten, mit Ihrer Nachsicht rech nen zu dürfen. Es wäre in Anbetracht der misslichen Lage, in die ich Sie durch mein Versagen gebracht habe, auch zu viel erwartet.«
    Horatio lachte trocken auf. So wie Trevor Seymour konnte wohl nur ein Butler reden, der sich sein ganzes Leben lang darin geübt hatte, seine eigenen Gefühle hinter einer Fassade von eiserner Zu rückhaltung zu verbergen und allen Katastrophen des Lebens mit vornehmer Untertreibung zu begegnen.
    »Mein lieber Freund, unsere Lage ist nicht misslich, sondern schlicht und ergreifend aussichtslos«, erwiderte Horatio. »Und nicht Sie haben uns in diese Lage gebracht, sondern wir selbst! Deshalb gibt es auch nichts, was wir Ihnen nachsehen müssten. Sie haben ge tan, was in Ihrer Macht stand, und dabei sogar Ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Dass Arthur Pembroke auch Sie hintergangen und zu einem Opfer seines verbrecherischen Plans gemacht hat – nun, da befinden Sie sich hier bei uns in allerbester Gesellschaft.«
    Danach herrschte mutloses Schweigen.
    Byron hielt noch immer Harriets Hand. Wie bedeutungslos auf einmal die Judas-Papyri geworden waren! Die Jagd nach dieser sensationsträchtigen apokryphen Schrift hatte sie wochenlang in Atem gehalten, ihr ganzes Sinnen und Trachten beherrscht und sie mehr als einmal ihr Leben aufs Spiel setzen lassen. Und nun erschien ihm ihre fieberhafte Suche nach dem Judas-Evangelium nichtig und lächerlich. Das einzig wirklich Kostbare, das er in den vergangenen Wochen gefunden hatte, waren das Wunder der Liebe und das Band der Freundschaft. Alle apokryphen Schriften dieser Welt waren es nicht wert, dass ihr Freund langsam vor ihren Augen verblutete. Ganz zu schweigen davon, dass auch Horatio, Trevor, Harriet und er diese irrwitzige Jagd nach ein paar alten Schriftstücken mit ihrem Leben bezahlen würden. Er wünschte, Alistair hätte in Konstantinopel nicht heimlich die letzten Seiten aus dem Notizbuch gerissen. Dann wäre dort für sie die Suche nach der Judas-Schrift zu Ende gewesen, keiner von ihnen hätte sein Leben verloren – und es hätte für Harriet und ihn eine Zukunft gegeben.
    »Byron?«
    Byron fuhr sofort hoch, als Alistairs gepresste Stimme die Toten stille um sie unterbrach, drückte schnell noch einmal Harriets Hand und ging dann rasch zu seinem Freund hinüber. Es zerriss ihm das Herz, in sein von Schmerz gezeichnetes Gesicht zu blicken und den kalten Schweiß auf seinem Gesicht zu sehen.
    »Ja, Alistair?«
    »Steck eine von meinen Zigaretten für mich an und schieb sie mir zwischen die Lippen«, bat Alistair. »Will doch hier . . . keinen guten Gold Flake- Tabak verkommen lassen.«
    »Natürlich! Sofort!« Byron holte aus Alistairs Tasche die Packung und das Feuerzeug, setzte eine Zigarette in Brand und steckte sie ihm zwischen die Lippen.
    Alistair inhalierte, blies den Rauch durch die Nase aus und zog die Mundwinkel hoch. »Schaut her! Da sieht die Welt doch gleich schon wieder rosiger aus!«, spottete er.
    »Wie meinst du das?«, fragte Byron verwirrt. »Und kann ich viel leicht sonst noch etwas für dich tun?«
    Alistair nickte. »Ja, du könntest . . . mal einen Blick...auf den Rauch werfen!«, stieß er stockend hervor. »Sieht mir nämlich ganz so aus . . . als wäre da hinter mir . . . irgendeine Art von Abzug!«
    Byron wusste erst nicht, wovon Alistair sprach. Doch dann folgte sein Blick der dünnen Rauchfahne, die nicht etwa zur Decke aufstieg, wie es in einem geschlossenen Raum eigentlich der Fall hätte sein müssen, sondern links über ihm zwischen zwei Felsbrocken ver schwand.
    »Du hast recht! Der Rauch wird von einem Luftzug angezogen!«, stieß er ungläubig hervor und augenblicklich erwachte in ihm die Hoffnung, dass die Gruft vielleicht doch nicht zu ihrem Grab werden würde. »Freunde, dahinten muss es einen Abzug, eine Öffnung geben!«
    Sofort waren Harriet,

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