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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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dass wir auf unangenehme Überraschungen gefasst sein müssen, auch nachts hier im Hotel. Deshalb sollten wir die Verbindungstüren zwischen unseren Zimmern nachts nicht abschließen, um einander notfalls zu Hilfe kommen zu können.«
    »Eine gute Idee«, pflichtete Byron ihm bei und auch Harriet und Alistair nickten zustimmend. »Am besten stellt auch jeder von uns ei nen Stuhl vor die Tür zum Hotelgang. Sollte jemand heimlich ein dringen wollen, wird uns ein umkippender Stuhl bestimmt rechtzei tig wecken.«
    »Ich denke, damit lassen wir es für heute bewenden«, sagte Hora tio, nachdem sie sich noch eine Weile über ihr weiteres Vorgehen beraten hatten, und klopfte seine Pfeife im Aschenbecher aus. Doch so schnell sollten sie in dieser Nacht nicht ins Bett finden, wie sich schon im nächsten Moment herausstellte.

12
    G erade wollten Harriet, Alistair und Horatio aufstehen, um sich in ihre Zimmer zu begeben, als jemand an die Tür klopfte. Alarmiert sprangen sie auf. Alistair ließ hastig das Notizbuch verschwinden, während Byron zur Tür hinüberging, um sie vorsichtig einen Spalt breit zu öffnen.
    Draußen auf dem Hotelflur stand ein livrierter Bediensteter des Bristol, der ein kleines verschnürtes Päckchen in der Hand hielt. »Ver zeihen Sie die Störung zu so später Stunde, Herr Bourke«, entschul digte er sich. »Aber man hat mir gesagt, dass Sie noch nicht zu Bett sind. Und als ich Licht unter der Tür gesehen habe, dachte ich, es wa gen zu dürfen, bei Ihnen anzuklopfen. Denn es sei eilig, hat der Bote ausrichten lassen.«
    »Welcher Bote?«, fragte Byron. »Und was soll so eilig sein?«
    »Dieses Päckchen hier, das für Sie bestimmt ist«, sagte der Hotel diener und reichte es ihm. »Über den Boten kann ich Ihnen leider kei ne Auskunft geben. Denn das Päckchen hat unser Nachtportier in Empfang genommen. Eine angenehme Nacht, der Herr.« Der Hotel diener verbeugte sich und ging.
    Byron schloss die Tür, verriegelte sie und fragte verwundert: »Hat einer von Ihnen irgendetwas bestellt?«
    Alle verneinten.
    »Seltsam«, murmelte Byron, den plötzlich ein ungutes Gefühl be schlich. Er kehrte zu seinen Gefährten zurück, löste die Schnur und riss das braune Packpapier auf.
    Darunter kam eine kleine, bunt marmorierte Pappschachtel zum Vorschein. Als er den Deckel hob, glaubte er im ersten Augenblick, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Denn in der Schachtel lagen ei ne kleine Stoffrolle von der Länge und doppelten Dicke eines Füllfe derhalters, eine Art Visitenkarte, nur unbedruckt, aber mit einigen Zeilen Text in gestochen scharfer Handschrift versehen – und das grünlederne Notizbuch, mit dem der Fremde, im Glauben, Mortimer Pembrokes Journal erbeutet zu haben, in der Kanalisation die Flucht angetreten hatte!
    »Mich laust der Affe!«, stieß Horatio ungläubig hervor. »Soll das ein Witz sein? Oder was will der Schurke uns damit zu verstehen geben? Dass er sicher ist, uns das richtige Journal noch früh genug abjagen zu können, um vor uns das Versteck zu finden?«
    Alistair schüttelte den Kopf. »Das ist ja verrückt!«
    »Ich fürchte, es wird noch verrückter«, sagte Byron, der zu der Kar te gegriffen hattte. »Denn wer immer das Notizbuch in seinen Besitz gebracht und uns zurückgeschickt hat, kann nichts mit dem Mann mit der Schirmmütze zu tun haben.«
    »Wie bitte?«, fragte Harriet. »Wer soll es denn sonst zurückge schickt haben?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Byron. »Aber hören Sie sich bloß an, was hier auf der Karte steht: ›Was Ihnen geraubt wurde, soll wieder in Ih ren Besitz zurückkehren, auch wenn der Räuber auf das falsche Notizbuch hereingefallen und deshalb gottlob kein großer Schaden eingetreten ist. Der Mann hat seine verdiente Strafe erhalten, wie Sie sehen werden. Seien Sie jedoch auf der Hut vor den Dunkelmännern des Ordo Novi Templi!‹ Eine Unterschrift fehlt. Dafür stehen unter dem Text die Buchstaben D. E.
    G. d. W. und das Datum 7. November 364 i. J. d. W.«
    »Total verrückt!«, entfuhr es Alistair. »Da ist offensichtlich unser Verfolger selbst die ganze Zeit von jemandem verfolgt worden! Von jemandem, der scheinbar auf unserer Seite steht, so irrwitzig das auch klingen mag.«
    »Ordo Novi Templi? Der Orden vom Neuen Tempel? Was soll denn das sein?«, rätselte Horatio. »So etwas wie ein neuer Templerorden, dem der Mann mit der Schirmmütze dann wohl angehören muss?«
    Byron schüttelte den Kopf. »Das halte ich für äußerst unwahr scheinlich.

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