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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Für mich sind das Zeichen, dass sie uns nicht feind lich gesinnt sind und auch nicht beabsichtigen, unsere Suche nach dem Judas-Evangelium zu sabotieren.«
    »Das kann aber auch ein Trick sein, um uns in Sicherheit zu wie gen«, gab Harriet zu bedenken. »Vielleicht haben sie ja doch die Ju das-Papyri bewacht, bis Mortimer Pembroke sie in seinen Besitz ge bracht hat, womöglich gar nicht durch einen überraschenden Fund bei einer archäologischen Ausgrabung, wie behauptet, sondern durch Diebstahl oder gar Raub! Und jetzt liegen sie auf der Lauer und warten mit dem Zuschlagen nur, bis wir das Versteck gefunden und all die Arbeit für sie erledigt haben.«
    »Das ist wirklich nicht auszuschließen«, gab Byron zu. »Aber wenn das ihre Absicht ist, wäre es dann nicht klüger gewesen, uns diese Schachtel nicht zu schicken, uns nicht vor den Männern des Ordo Novi Templi zu warnen und nicht auf sich aufmerksam zu machen?«
    »Auch wieder wahr«, murmelte Harriet und zog die Unterlippe grü belnd zwischen die Zähne.
    Alistair räusperte sich. »Springen Sie mir nicht gleich ins Gesicht, Byron, für das, was ich jetzt sage. Aber kann es nicht sein, dass es sich bei diesen Wächtern oder dem Ordo Novi Templi um einen Ge heimbund von Klerikern oder um Fanatiker ohne Priesterrock han delt, die dem Vatikan sehr nahestehen und um jeden Preis verhin dern möchten, dass die Welt erfährt, was in dem Evangelium des Ju das steht?«
    »Eine Verschwörung von Kirchenmännern oder fanatischen Christen?« Byron ließ es sich durch den Kopf gehen. »Nein, gegen diese Theorie spricht mehr als dafür. Kein fanatischer Christ würde bei der Datierung etwas anderes als die christliche Zeitrechnung verwen den. Und was hätte die römisch-katholische Kirche oder jede andere christliche Konfession von einem Judas-Evangelium zu befürchten?«
    »Vielleicht die Wahrheit, wie es damals wirklich gewesen ist?«, erwi derte Alistair in fragendem Ton. »Also wer Jesus wirklich war und ob es die Auferstehung tatsächlich gegeben hat und all solche Sachen?«
    »Nach christlichem Verständnis wäre diese sogenannte Wahrheit des Judas Iskariot noch immer das Wort eines Verräters, der Jesus an die Hohepriester ausgeliefert hat«, hielt Byron ihm entgegen. »Ich glaube nicht, dass solch eine Schrift das Christentum ins Wanken bringen, geschweige denn die Kernaussagen des Neuen Testaments infrage stellen kann.«
    »Nun ja, es war auch nur so ein Gedanke«, sagte Alistair. »Aber wer könnte sonst hinter dem Ordo Novi Templi und dem Geheimbund der Wächter stecken?«
    »Die ganze Geschichte wird immer undurchsichtiger, je länger man alle Möglichkeiten bedenkt«, brummte Horatio.
    »Vielleicht kommen wir diesem Geheimbund der Wächter und dem Orden vom Neuen Tempel eher auf die Spur, wenn wir wissen, was es mit diesem merkwürdigen Datum 364 im Jahr der Wache auf sich hat«, sagte Byron. «Es gibt noch andere Geheimgesellschaften, die eine ei gene Zeitrechnung verwenden, so einige Logen der Freimaurer.«
    Harriet legte unter ihrem kecken Pony die Stirn in Falten. »Sind die se Freimaurer nicht auch eine Gesellschaft von zwielichtigen Dunkel männern?«
    »Ganz und gar nicht. Das hat man ihnen zwar lange Zeit wegen ihrer geheimnisvollen und teilweise recht seltsamen Rituale nachgesagt. Aber diese Theorie von der angeblichen Weltverschwörung der Freimaurer, die auch heute noch von manchen Kreisen betrieben wird, ist völlig haltlos. Viele große Männer waren Freimaurer, etwa Goethe, Mozart, Voltaire, die Herzöge von Sussex und Kent, König Friedrich II. von Preußen, Benjamin Franklin, George Washington und noch viele andere bedeutende Persönlichkeiten«, sagte Byron. »Und wenn es auch heute noch reichlich Geheimniskrämerei in den Logen gibt, so geht es den Freimaurern doch im Prinzip allein um geistige und ethische Vollkommenheit. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität sind ihre Grundideale und sie sind karitativ tätig.«
    »Und was hat es mit der Zeitrechnung der Freimaurer auf sich?«, fragte Alistair.
    Byron lächelte verlegen. »Verzeiht, dass ich manchmal in meinen Erläuterungen ausufere. Das scheint mir im Blut zu liegen.«
    Horatio winkte ab. »Nicht der Rede wert. Die Nacht ist sowieso bald herum.«
    Byron bemühte sich, zum Punkt zu kommen. »Die Parallele zu dem Datum der Wächter sehe ich in der Zeitrechnung der Freimaurer, bei denen fast jede Großloge als ihr ›Jahr null‹ ein anderes bedeutendes

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