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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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griffen sie an.
    Negative Gedanken überfielen Pater Gabriele und löschten jeden Seelenfrieden aus. Eine dringliche geistige Botschaft erging an ihn: Er müsse umkehren – was er beinahe getan hätte. Ein ungeheurer Schrecken übermannte ihn. Mit jedem Schritt wuchs seine Überzeugung, dass sich jemand –
etwas
 – hinter ihm befand. Ihm war, als verfolgte ein Ungeheuer, ein Dämon, sie und wartete darauf, über jeden Nachzügler herzufallen. Aber wie konnte das sein? Und was könnte dieser böse Geist ihnen antun? Könnte er ihre Gedanken überwältigen? Ja, ja! Der Präfekt war sicher, dass der Geist dazu imstande war. Er fing an zu beten, aber seine Angst ließ nicht nach.
    Einen Schritt später überfiel ihn ein furchterregendes inneres Bild. Er befand sich in einer anderen Welt. In einem Akt äußerster Torheit – er folgte den vor ihm gehenden spirituellen Kletterern nicht weiter – verließ er einen schmalen, in die Felswand geschlagenen Weg. Er verlor das Gleichgewicht und taumelte in die Tiefe. In seiner Pein blickte er hoch. Eine riesige Kreatur mit Flügeln stürzte sich mit gespreizten Krallen aus dem Himmel herab. Sie hatte ein Antlitz, das weder Mensch noch Tier war, und näherte sich ihm, um ihn zu töten. Gabriele verspürte eine so grauenerregende Angst, dass er laut aufschrie. Der Papst und die anderen Kardinäle, die auf der Treppe standen, wandten sich um. Rasch verschwand die Vision.
    »Folgt weiter
mir
«, befahl der Papst.
    Die Gruppe stieg hinauf ins zweite Stockwerk des Turms. Als sie das Zimmer der Blicke betraten, hob einer der Kardinäle seine Taschenlampe. An der Wand hing ein Gemälde: Esau, wie er Jakob sein Geburtsrecht verkauft. Der Präfekt betrachtete die Darstellung der bekannten Geschichte aus dem Alten Testament: Esaus Gesicht, sein stupides Grinsen, das Grinsen eines Mannes, der im nächsten Moment sein Erbe verliert. Und Jakobs Gesicht, jung, schlau, verschlagen. Was bedeutete das Bild? Pater Gabriele hatte die Bibelstelle immer wieder gelesen, den tieferen Symbolgehalt jedoch nie verstanden. Jetzt, in einem plötzlichen Geistesblitz, ging ihm auf, dass Esau für die Menschheit stand. Aber was für ein Erbe hatte Esau so töricht weggegeben? Das ewige Leben. Leider! Und all die Güte künftiger Generationen reichte nicht aus, um es zurückzugewinnen. Was musste also getan werden? Ein Gott musste vom Himmel herabsteigen, damit die Menschheit den Segen wiedererlangen konnte, der Esaus Großvater Abraham gespendet worden war, demzufolge seine Kinder so zahlreich wie die Sterne sein und die Städte ihrer Feinde in Besitz nehmen würden. Ah, die Städte der Engel! Esau würde seine Spiritualität wiedererlangen!
    Die Pilger verließen die Kammer und stiegen die Treppe in den dritten Stock hinauf. Währenddessen steigerte sich die Macht des Bösen dramatisch. Die Taschenlampe des Präfekten flackerte und erlosch. Eine unsichtbare Kraft prallte gegen seine Brust und versuchte, ihn die Treppe hinabzustoßen. Er strauchelte und packte den Arm des vor ihm gehenden Kardinals. Der Kardinal wandte sich um. Im Lichtschein der Taschenlampe sah Gabriele dessen Gesicht. Es war schweißnass.
    »Was ist das?«, flüsterte Gabriele.
    »Das wissen Sie«, lautete die gemurmelte Erwiderung.
    Gleichzeitig strich der Präfekt mit der Hand über die Mauer des Turms. Sogleich überflutete das Böse seinen Geist mit einem Trugbild. Er befand sich in einer winzigen Höhle. Ein gedämpftes Donnern ertönte, dann schwappte ihm eine Meereswoge entgegen. Er hob die Hände, um sich zu schützen, doch vergebens. Die Welle schleuderte ihn erst gegen die Decke der Höhle und dann aufs Meer. Ein großer Aufschrei der seelischen Not stieg in ihm auf. Er ertrank. Seine spirituelle Reise würde hier und jetzt enden. Dann, so rätselhaft wie es gekommen war, verschwand das innere Bild, und er stand wieder auf der Treppe im Turm der Winde. Vor ihm flackerten Taschenlampen. Seine Gefährten verließen ihn! Er hastete voran – lieber wäre er die Treppe wieder hinuntergelaufen, aber er hatte zu viel Angst vor den Folgen. Schließlich erreichten sie den dritten Stock. Mittlerweile war Pater Gabriele davon überzeugt, dass er nicht mehr auf der Erde weilte. Die Wandgemälde waren höchst lebendig und von außerordentlicher Intensität, die Luft erfüllt vom Geruch nach Rosen, und das Zimmer, in dem er stand, hatte sich anscheinend enorm vergrößert. Sie befanden sich im obersten Teil des Turms, dem Zimmer der

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