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Die Judenbuche

Die Judenbuche

Titel: Die Judenbuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette von Droste-Hülshoff
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einen
    aufgeklärten Kopf vorgestellt hätte und statt dessen für einen fatalen, Händel suchenden Kerl
    galt, dem jeder um so lieber aus dem Wege ging, je mehr er in das Alter trat, wo ohnehin be-
    schränkte Menschen leicht an Ansprüchen gewinnen, was sie an Brauchbarkeit verlieren. Den-
    noch freute sich die arme Margreth, die sonst keinen der ihrigen mehr am Leben hatte.

    Literatur Online: Kunstguerilla for Freewarez am: 11.10.2000
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    Annette von Droste-Hülshoff (1779-1848)
    Die Judenbuche

    "Simon, bist du da?" sagte sie und zitterte, daß sie sich am Stuhl halten mußte. "Willst du se-
    hen, wie es mir geht und meinem schmutzigen Jungen?" - Simon betrachtete sie ernst und
    reichte ihr die Hand. "Du bist alt geworden, Margreth!" - Margreth seufzte: "Es ist mir derweil
    oft bitterlich gegangen mit allerlei Schicksalen." - "Ja, Mädchen, zu spät gefreit hat immer ge-
    reut! Jetzt bist du alt, und das Kind ist klein. Jedes Ding hat seine Zeit. Aber wenn ein altes
    Haus brennt, dann hilft kein Löschen." - Über Margreths vergrämtes Gesicht flog eine Flamme,
    so rot wie Blut.
    "Aber ich höre, dein Junge ist schlau und gewichst", fuhr Simon fort. - "Ei nun, so ziemlich,
    und dabei fromm." - "Hum, es hat mal einer eine Kuh gestohlen, der hieß auch Fromm. Aber
    er ist still und nachdenklich, nicht wahr? Er läuft nicht mit den anderen Buben?" - "Er ist ein
    eigenes Kind", sagte Margreth wie für sich, "es ist nicht gut." - Simon lachte hell auf: "Dein Junge ist scheu, weil ihn die anderen ein paarmal gut durchgedroschen haben. Das wird ihnen
    der Bursche schon wieder bezahlen. Hülsmeyer war neulich bei mir, der sagte: Es ist ein Junge
    wie ein Reh."
    Welcher Mutter geht nicht das Herz auf, wenn sie ihr Kind loben hört? Der armen Margreth
    ward selten so wohl, jedermann nannte ihren Jungen tückisch und verschlossen. Die Tränen
    traten ihr in die Augen. "Ja, gottlob, er hat gerade Glieder." - "Wie sieht er aus?" fuhr Simon fort. - "Er hat viel von dir, Simon, viel."
    Simon lachte: "Ei, das muß ein rarer Kerl sein, ich werde alle Tage schöner. An der Schule soll
    er sich wohl nicht verbrennen. Du läßt ihn die Kühe hüten? Ebenso gut. Es ist doch nicht halb
    wahr, was der Magister sagt. Aber wo hütet er? Im Telgengrund? im Roderholz? im Teutobur-
    ger Wald? auch des Nachts und früh?" - "Die ganzen Nächte durch; aber wie meinst du das?"
    Simon schien dies zu überhören; er reckte den Hals zur Türe hinaus: "Ei, da kommt der Gesell!
    Vaterssohn! Er schlenkert gerade so mit den Armen wie dein seliger Mann. Und schau mal an!
    Wahrhaftig, der Junge hat meine blonden Haare!"
    In der Mutter Züge kam ein heimliches, stolzes Lächeln; ihres Friedrichs blonde Locken und
    Simons rötliche Bürsten! Ohne zu antworten, brach sie einen Zweig von der nächsten Hecke
    und ging ihrem Sohne entgegen, scheinbar, eine träge Kuh anzutreiben, im Grunde aber, ihm
    einige rasche, halbdrohende Worte zuzuraunen; denn sie kannte seine störische Natur, und
    Simons Weise war ihr heute einschüchternder vorgekommen als je. Doch ging alles über Er-
    warten gut; Friedrich zeigte sich weder verstockt noch frech, vielmehr etwas blöde und sehr
    bemüht, dem Ohm zu gefallen. So kam es denn dahin, daß nach einer halbstündigen Unterre-
    dung Simon eine Art Adoption des Knaben in Vorschlag brachte, vermöge deren er denselben
    zwar nicht gänzlich seiner Mutter entziehen, aber doch über den größten Teil seiner Zeit verfü-
    gen wollte, wofür ihm dann am Ende des alten Junggesellen Erbe zufallen solle, das ihm frei-
    lich ohnedies nicht entgehen konnte. Margreth ließ sich geduldig auseinandersetzen, wie groß
    der Vorteil, wie gering die Entbehrung ihrerseits bei dem Handel sei. Sie wußte am besten, was
    eine kränkliche Witwe an der Hüfte eines zwölfjährigen Knaben entbehrt, den sie bereits ge-
    wöhnt hat, die Stelle einer Tochter zu ersetzen. Doch sie schwieg und gab sich in alles. Nur bat
    sie den Bruder, streng, doch nicht hart gegen den Knaben zu sein.
    "Er ist gut", sagte sie, "aber ich bin eine einsame Frau; mein Kind ist nicht wie einer, über den
    Vaterhand regiert hat." Simon nickte schlau mit dem Kopf: "Laß mich nur gewähren, wir wollen
    uns schon vertragen, und weißt du was? Gib mir den Jungen gleich mit, ich habe zwei Säcke
    aus der Mühle zu holen; der kleinste ist ihm grad recht, und so lernt er mir zur Hand zu gehen.
    Komm, Fritzchen, zieh deine Holzschuh an!" - Und bald sag Margreth den beiden

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