Die Juedin von Toledo
Er, Ephraim, versteckte seinen Reichtum und blieb unauffällig. Ibrahim von Sevilla hingegen, ein rechter Ibn Esra, war immer darauf ausgegangen, von sich und seinem Prunk reden zu machen, und was alles erst wird dieser begabte, zweideutige und gefährliche Mensch jetzt anrichten, wenn er sich, Gott herausfordernd, auf diesen frechen Gipfel in Toledo stellt.
Vorsichtig sagte Ephraim: »Die Aljama ist mit Ibn Schoschan immer sehr gut ausgekommen.« – »Hast du Furcht, Don Ephraim?« antwortete freundlich Don Jehuda. »Habe keine Furcht! Fern sei es von mir, der Gemeinde Toledo zu nahe zu treten oder gar sie zu bedrücken. Ich werde ja selber eines ihrer Glieder sein. Dir das zu sagen, bin ich hier. Du weißt, ich habe in meinem Herzen den Glauben der Söhne Hagars immer nur für einen halbechten Sproß unsres alten Glaubens gehalten. Sowie ich hier mein Amt antrete, werde ich in den Bund Abrahams zurückkehren und vor aller Welt den Namen führen, den meine Väter mir gegeben haben: Jehuda Ibn Esra.«
Don Ephraim mühte sich, freudig überrascht auszuschauen, aber seine Sorge wuchs. Wie er selber, sollte auch seine Aljamaunauffällig bleiben. In diesen Zeiten, da ein neuer Kreuzzug drohte, der sicherlich neue Judenhetzen zur Folge haben wird, war weise Zurückhaltung doppelt notwendig. Und da lenkte dieser Ibrahim von Sevilla durch seinen Übertritt die Augen der ganzen Welt auf die Judenheit Toledos! Von jeher waren die Ibn Esras ruhmredig gewesen. Sie hatten geprahlt wie die Jahrmarktsgaukler. Bis jetzt waren sie wenigstens nur in Saragossa gesessen, in Logroño, in Toulouse, Ephraims Toledo war von ihnen frei geblieben. Und jetzt hatte er diesen auf dem Nacken, den üppigsten und gefährlichsten von allen!
Der fromme und sehr kluge Ephraim wollte nicht ungerecht sein. Die Ibn Esras mit ihrem Prunk und ihrer Großmannssucht waren seiner Seele fremd, aber sie waren, er gab es sich ohne weiteres zu, die Erste Familie des Sepharads, des spanischen Israels, und sie hatten Gelehrte, Dichter, Soldaten, Kaufherren, Diplomaten hervorgebracht, deren Namen ein Glanz Judas waren und Klang hatten auch im Islam und in der Christenheit. Vor allem aber hatten sie in diesem Jahrhundert der Bedrängnis den Juden großherzig geholfen, sie hatten Tausende aus der Sklaverei der Heiden losgekauft und Tausenden Zuflucht geschafft im Sepharad und in der Provence. Und auch der Ibn Esra, der hier vor ihm saß, war begnadet mit hohen Gaben, er war unter schwierigen Verhältnissen zum ersten Kaufmann Sevillas aufgestiegen. Aber bedeutete ein Mann von seiner Ruhmsucht und seinem verbrecherisch-spielerischen Übermut nicht trotzdem mehr Gefahr für Israel als Segen?
Dies alles bedachte Don Ephraim in den drei Sekunden, die der Ankündigung Don Jehudas folgten. In der vierten sagte er ehrerbietig: »Daß du zu uns kommst, Don Jehuda, ist uns hohe Ehre. Gott hat der Aljama von Toledo zur rechten Zeit den rechten Mann geschickt, sie zu führen. Denn du mußt mir erlauben, deinen Bürden eine neue zuzufügen und mein Amt in deine Hände zu legen.«
Im stillen dachte er: O Gott, Allmächtiger, strafe Israel nicht zu hart! Du hast diesem Meschummad, diesem Abtrünnigen, das Herz gewandelt, daß er zu uns zurückkehrt.Laß ihn hier in deinem Toledo nicht zu viel Prunk und Stolz entfalten, und laß ihn nicht mehren den Neid und Haß der Völker, der Gojim, gegen Israel!
Don Jehuda mittlerweile sagte: »Nicht doch, Don Ephraim. Wer könnte besser als du die Geschäfte der Aljama leiten? Aber ich werde stolz sein, wenn ihr mich einmal am Sabbat aufruft zum Verlesen des Abschnitts aus der Schrift wie jeden andern guten Juden. Und heute schon, Don Ephraim, mußt du mir erlauben, das Los eurer Armen ein wenig zu verbessern. Laß mich dir einen kleinen Beitrag überweisen, sagen wir fünfhundert Goldmaravedí.«
Das war eine Gabe, wie sie der Gemeinde Toledo noch niemals geschenkt worden war, und die freche, spielerische, gauklerhafte, sündhafte Überheblichkeit Jehudas erschreckte und empörte Don Ephraim. Nein, wenn dieser Mann in seinem dreisten Glanz in Toledo herumging, dann konnte er, Ephraim, nicht länger Párnas der Aljama sein. »Überdenk es noch einmal, Don Jehuda«, bat er. »Die Aljama soll sich nicht und wird sich nicht mit einem Ephraim begnügen, wenn ein Jehuda Ibn Esra in Toledo ist.«
»Spotte meiner nicht«, antwortete ruhig Jehuda. »Niemand weiß besser als du, daß die Aljama zu ihrem Führer keinen Mann haben will, der
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