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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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vierzig Jahre lang im Glauben der Söhne Hagars verblieb und sich jeden Tag fünfmal zu Mohammed bekannt hat. Du selber wirst nicht wollen, daß ein Meschummad Gemeindevorstand sei in Toledo. Gib es zu.«
    Von neuem spürte Ephraim Widerwillen und Bewunderung. Er selber hatte mit keinem Wort auf den Makel Jehudas angespielt. Aber dieser Mann sprach davon mit schamloser Offenheit, ja, mit Stolz, mit dem verruchten Stolz der Ibn Esras. »Es steht mir nicht zu, über dich zu richten«, sagte er.
    »Bedenke dieses, mein Herr und Lehrer Ephraim«, sagte Don Jehuda und schaute dem andern voll ins Gesicht, »die Söhne Hagars haben mir seit jener ersten grausigen Kränkung kein Unrecht zugefügt. Vielmehr waren sie lind zu mir wie warmes Rosenwasser und haben mich genährt mit dem Fettihres Landes. Ihre Bräuche sind mir lieb geworden, und wenn auch mein Herz widerstrebt, so sind mir manche Sitten angewachsen wie eine zweite Haut. Sehr wohl kann es sich ereignen, daß ich, wenn ich vor einer wichtigen Entscheidung stehe, aus der Gewohnheit meines Herzens den Gott Mohammeds anrufe und die ersten Verse des Korans bete. Gesteh es, Don Ephraim, würdest du, wenn dir solches zu Ohren käme, nicht versucht sein, den großen Bann gegen mich zu verkünden, den Cherem?«
    Es erbitterte Don Ephraim, daß ihn der andere wiederum genau erriet. Sicher war dieser Jehuda trotz seines großartigen Entschlusses ein Frevler und Freigeist, und in der Tat war dem Ephraim für einen Augenblick verlockend die Vorstellung aufgestiegen, wie er vom Almemor aus, der Verkündigungsstätte der Synagoge, den Bann wider ihn verkünden lassen wird unter dem Klang des Schofars, des Widderhorns. Aber das waren eitle Träume; ebensogut könnte er den Bann verhängen über den Großkalifen oder über den König Unsern Herrn.
    »Kein anderes Geschlecht hat so viel für Israel getan wie die Familie Ibn Esra«, antwortete er höflich ausweichend. »Auch ist bekannt, daß dein Vater dich zum Abtrünnigen bestimmt hat, bevor du dreizehn Jahre alt warst.« – »Hast du das Sendschreiben gelesen«, fragte Jehuda, »in welchem Unser Herr und Lehrer Mose Ben Maimon diejenigen verteidigt, die sich unter Zwang zum Propheten Mohammed bekannt haben?« – »Ich bin ein einfacher Mann«, antwortete ablehnend Don Ephraim, »und mische mich nicht in den Disput der Rabbinen.« – »Du darfst nicht glauben, Don Ephraim«, sagte mit Wärme Jehuda, »daß ein einziger Tag vergangen wäre, an dem ich nicht der Lehre gedacht hätte. Ich habe im Unterbau meines Hauses in Sevilla eine Synagoge, und an den hohen Feiertagen kamen wir zusammen, unser zehn, und verrichteten die Gebete, wie es Vorschrift ist. Ich werde dafür sorgen, daß meine Synagoge in Sevilla erhalten bleibt, auch wenn ich hierher übersiedle. Emir Abdullah ist großzügig und mein Freund; er wird die Augen zudrücken.«
    »Wann beabsichtigst du, in Toledo einzutreffen?« erkundigte sich Don Ephraim. »Ich denke, in drei Monaten«, erwiderte Jehuda. »Darf ich dich einladen, dann mein Gast zu sein?« bot Ephraim ihm an. »Mein Haus ist freilich bescheiden.« – »Ich danke dir«, antwortete Jehuda, »ich habe mir bereits Unterkunft verschafft. Ich habe von dem König Unserm Herrn das Castillo de Castro erworben. Ich werde es umbauen lassen für mich, meine Kinder, meine Freunde und meine Diener.«
    Don Ephraim konnte ein tiefes Erschrecken nicht verbergen. »Die Castros«, warnte er, »sind noch rachsüchtiger und gewalttätiger als die andern Ricoshombres. Sie haben, als ihnen der König ihr Haus wegnahm, wüste Drohungen ausgestoßen. Sie werden es für einen Schimpf ohne Beispiel erklären, wenn einer aus der Judenheit darin wohnt. Bedenke es gut, Don Jehuda. Die Castros sind sehr mächtig und haben viele Anhänger. Sie werden das halbe Reich aufwiegeln gegen dich – und gegen ganz Israel.«
    »Ich danke dir für deine Warnung, Don Ephraim«, sagte Jehuda. »Der Allmächtige hat mir ein Herz ohne Angst gegeben.«

Zweites Kapitel
    Es erschien in Toledo mit Geleitbriefen des Königs der Intendant und Sekretär Don Jehudas, Ibn Omar. Mit ihm kamen moslemische Architekten, Künstler und Handwerker. Große Geschäftigkeit begann im Castillo de Castro, und die Energie und Verschwendung, mit welcher der Umbau betrieben wurde, erregte die Stadt. Dann trafen aus Sevilla Bedienstete aller Art ein, und später auf vielen Wagen mannigfacher Hausrat, dazu dreißig Maultiere und zwölf Pferde, und immer neue, bunte

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