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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Die Geste Don Alfonsos war kühn und königlich. Jehuda sah seinen Enkel heranwachsen als Grafen von Olmedo, sah, wie ihm der König andere Würden und Herrschaften übertrug, vielleicht den Titel eines Infanten von Kastilien. Absurd und großartig tanzte vor Jehuda der Traum, wie sein Enkel, ein Prinz aus dem Hause Ibn Esra, König von Kastilien sein wird.
    Der Traum zerrann. Er hatte gewußt, von der Minute an, da er vom Tode König Heinrichs erfuhr, hatte er gewußt, jetzt erst stand vor ihm der schwerste Kampf. Er sagte: »Deine Großmut ist wahrhaft eines Königs Großmut. Aber das Gesetz verbietet, einen Nichtchristen zum Lehnsherrn der Grafschaft zu machen.« Alfonso erwiderte leichthin: »Hast du geglaubt, ich werde mit der Taufe meines Sohnes warten, bis ich aus dem Krieg zurück bin? Ich werde Sancho morgen taufen lassen.«
    Jehuda dachte an die Vorschrift des Rabbi Tobia: »Eh daß ihr einen einzigen preisgebt, müßt ihr alle den Tod auf euch nehmen.« Er dachte an den Vers der Schrift: »Welcher eines seiner Kinder dem Götzen gibt, der soll des Todes sterben.«
    Er sagte: »Hast du mit Doña Raquel gesprochen, Herr König?« – »Ich werde es ihr heute sagen«, antwortete Alfonso.»Wenn du’s aber vorziehst, kannst du es ihr sagen.« Jehuda, in seinem Innersten, betete: Auf deine Hilfe hoffe ich, Adonai. Ich hoffe, Adonai, auf deine Hilfe. Er sagte: »Du bist ein Nachfahr burgundischer Herzöge und gotischer Könige, Don Alfonso, aber Doña Raquel ist eine Ibn Esra und aus dem Hause König Davids.« Alfonso stampfte. »Hör auf mit dem Affengeschwätz!« herrschte er ihn an. »Du weißt so gut wie ich, daß ich keinen Juden zum Sohn haben kann.« – »Auch Christus ist Jude gewesen, Herr König«, antwortete still und verbissen Jehuda.
    Alfonso schluckte. Es hatte keinen Sinn, mit Jehuda über den Glauben zu disputieren. Er wird Raquel selber mitteilen, daß das Kind morgen getauft wird. Aber sie war noch hinfällig, und wenn auch Jehuda ihren innern Widerstand übertreibt, es wird sie sehr mitnehmen, es wird sie vielleicht gefährden, wenn ihr der Sohn getauft wird. »Laß die Urkunden ausstellen, wie ich dir’s angegeben habe«, befahl er. »Und sei gewiß: mein Sohn wird getauft, bevor ich zu Feld ziehe. Du wirst gut daran tun, deine Vernunft zu gebrauchen und Doña Raquel vorzubereiten.«
    Aufatmete Jehuda. Vorläufig ging der König nach Burgos. Zeit war gewonnen, Wochen waren gewonnen. Es wird eine Zeit der Qual sein. Er wußte jetzt, daß es dem König furchtbar ernst war, daß er nicht in den Krieg ziehen wird, ohne das Kind zu taufen. Aber Zeit war gewonnen, und der Gott, der ihm so viele Gnaden erwiesen hatte, wird ihm auch dieses Mal den Ausweg zeigen.
    Als hätte Alfonso ihn erraten, sagte er: »Und daß du dir nicht einfallen läßt, mir einen deiner schwarzen Streiche zu spielen, während ich in Burgos bin. Ich will Raquel nicht aufregen in ihrer Schwäche. Aber auch du sollst ihr nicht zusetzen mit Reden und Drohungen und Versprechungen. Mein Sohn soll, bis ich zurückkomme, bleiben, was er ist: noch kein Christ, aber bestimmt kein Jude.« – »Es sei, wie du sagst, Herr König«, sagte Jehuda.
    Sie standen sich gegenüber und maßen sich feindselig, argwöhnisch.»Ich trau dir nicht, mein Jehuda«, sagte ihm Alfonso ins Gesicht. »Du mußt mir einen Eid schwören.« – »Ich bin bereit, Herr König«, sagte Jehuda. »Aber es muß ein harter Eid sein«, fuhr Don Alfonso fort, »sonst bindet er dich nicht.«
    Er hatte einen grimmigen Einfall. Es gab da einen alten Eid, welchen zu der Zeit, da er noch ein Knabe war, die Juden hatten schwören müssen, eine närrische und finstere Formel, mittels deren sie alles Böse auf sich herabschworen für den Fall des Wortbruchs. Später, auf Bitten der Juden und auf Betreiben Don Manriques, hatte er die Formel abgeschafft. Er erinnerte sich nicht des Wortlauts, aber daran, daß es ein abstoßender, furchterregender und gleichzeitig läppischer Eid gewesen war. »Es gibt solch einen harten Eid, ich weiß es«, erklärte er jetzt dem Jehuda. »Ihr habt ihn früher oft schwören müssen, und vielleicht war ich zu milde, als ich ihn euch erließ. Dir erlaß ich ihn nicht.«
    Jehuda erblaßte. Er hatte gehört von dem schweren Kampf, den damals die Aljama hatte führen müssen, um von der demütigenden Zeremonie entbunden zu werden; sie hatte dafür viel Geld bezahlt. Es brannte ihn bitter, daß nun er so erniedrigt werden sollte. »Laß mich diesen

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