Die Juedin von Toledo
König nicht gelingen«, beschloß er. »Ich werde es schaffen mit der Hilfe Gottes und meines guten Verstandes.«
In der Galiana mittlerweile beschaute und betastete zärtlich Doña Raquel ihren Sohn. Unhörbar schmeichelte sie ihm und koste ihn und nannte ihn Immanuel und immer wieder Immanuel, mit dem Namen des Messias.
Alfonso aber – so verlangten die Courtoisie und sein Herz – ließ sich vor Raquel auf ein Knie nieder und küßte der unendlich Schwachen die Hand.
Entsetzt sah es die Amme Sa’ad. Raquel war unrein, die Wöchnerin war unrein auf lange Zeit, und nun berührte sie dieser Mann, der Dummkopf, der Herrscher der Ungläubigen, und rief alle bösen Geister auf gegen sie und gegen sich selber und gegen das Kind. Und schnell legte sie das Kind zurück in die Wiege, schnitt ein paar Härchen von seinem Kopf, sie zu opfern, und stellte um die Wiege Zucker, damit das Kind süß und gut, Gold, damit es reich, Brot, damit es langlebig werde.
Alfonso war glücklich. Gott hatte ihm den Lohn seines Feldzugs im voraus gegeben, hatte ihm einen andern Sohn geschenkt an Stelle des verlorenen. Er beschloß, das Kind solle am dritten Tag getauft werden, und Sancho solle es heißen; Sancho der Ersehnte war der Name seines Vaters gewesen. Er wollte Raquel das sagen, aber sie war sehr schwach, besser schob er’s auf für morgen oder für übermorgen.
Er mußte seine Freude mit andern teilen. Er ritt nach Toledo. Ließ seine Räte kommen und diejenigen der Barone, die er für Freunde hielt. Strahlte. Teilte Gnaden aus.
Er hatte auch Don Jehuda in die Burg beschieden, und er hielt ihn zurück, als die andern Urlaub nahmen. Beiläufig sagte er ihm: »Ich werde den Knaben Sancho heißen nach meinem Vater. Die Taufe soll Donnerstag sein. Du hast meine Galiana nicht gern, ich weiß es; aber vielleicht überwindest du dich und machst mir die Freude, an diesem Tage dort mein Gast zu sein.«
Jehuda, nun die Minute der Entscheidung da war, wurde ganz ruhig. Es wäre ihm lieb gewesen, er hätte Raquel sehen können vor dieser seiner Auseinandersetzung mit DonAlfonso. Sie liebte den Mann, es wird ihr schwer sein, dem Gewalttätigen nein zu sagen und immer wieder nein. Aber er wußte, sie war fest im Glauben, sie war seine Tochter, sie wird es können.
Er sagte nicht ohne Ehrerbietung: »Ich glaube, Herr König, du tätest besser, die Entscheidung aufzuschieben. Ich glaube, meine Tochter Raquel wird wünschen, daß ihr Sohn heranwachse nach den Gesetzen Israels und erzogen werde in den Bräuchen und Sitten der Ibn Esras.«
Die Idee, daß Raquel oder selbst der Alte dergleichen auch nur denken könnten, war dem König nicht gekommen. Er wollte auch jetzt nicht glauben, daß der Jude es ernst meinte. Es war ein närrischer Scherz, ein sehr unziemlicher Scherz. Er ging nah an Jehuda heran, spielte mit seiner Brustplatte. »Das wäre was, wie?« sagte er. »Ich schlage mich mit den Moslems, und mein Sohn läuft hier herum als Beschnittener!« Er lachte. Jehuda sagte still: »Ich bitte dich in Ehrfurcht, Herr König, nicht zu lachen. Oder hast du mit Doña Raquel gesprochen?« Alfonso zuckte die Achseln, unwirsch. Der Scherz ging zu weit. Aber er wollte sich den Tag nicht verderben lassen. Er lachte weiter, schallend. Jehuda sagte: »In Demut und ein zweites Mal bitte ich dich, nicht zu lachen. Du könntest uns aus dem Lande hinauslachen, wenn du uns verlachst.«
Alfonso wurde ungeduldig. »Du bist verrückt!« sagte er kurz. Jehuda, mit seiner sanften, eindringlichen Stimme, fuhr fort: »Ich war nicht in der Galiana, du weißt es, ich habe nicht mit Raquel gesprochen, und ich werde wohl auch in den nächsten Tagen nicht mit ihr sprechen. Aber ich sage dir: so gewiß heute abend die Sonne untergeht, so gewiß wird Raquel die Galiana und das Land verlassen, ehe sie den Kopf ihres Sohnes dem Wasser deines Glaubens preisgibt.« Und immer noch leise, doch wütig schloß er: »Viele von uns haben ihre Kinder umgebracht, ehe sie das Wasser des Unglaubens über ihre Köpfe haben gießen lassen.« Er lispelte.
Alfonso wollte etwas Stolzes, Verächtliches entgegnen. Aber die stillen, wilden Worte Jehudas waren noch im Raum,sie klangen nach, Jehudas Wille war im Raum und war so stark wie sein eigener Wille. Alfonso erkannte: Jehuda hatte recht. Er wird Raquel verlieren, wenn er den Sohn taufen läßt. Er stand vor der Wahl: Sollte er das Kind preisgeben oder Raquel?
Voll hilflosen Zornes, höhnisch, warf er dem Jehuda hin: »Und dein
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