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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Alazar?« Jehuda, sehr blaß, sagte: »Das Kind soll nicht den Weg deines Schildknappen Alazar gehen.«
    Der König schwieg. In ihm dachte es: Die Schlange im Wams, der Zunder im Ärmel. Er fürchtete, im nächsten Augenblick werde er den Juden niederschlagen. Brüsk ging er aus dem Saal.
    Jehuda wartete lange. Alfonso kam nicht zurück. Schließlich verließ Jehuda die Burg.
    Der König, nun er keinen innern Vorwand mehr hatte, den Kreuzzug weiter aufzuschieben, beschloß, nach Burgos zu reisen, die Allianz abzuschließen – und vorher natürlich das Kind zu taufen. Nur schwankte er noch, wann er aufbrechen sollte, in einer Woche oder in zweien oder längstens doch in der dritten.
    Da erreichte ihn eine Nachricht, die sein Schwanken jäh beendete: König Heinrich von Engelland war gestorben in seiner festen Burg Chinon, noch nicht alt, ein Mann von sechsundfünfzig Jahren.
    Alfonso sah ihn vor sich, den Vater seiner Doña Leonor, den mittelgroßen, untersetzten, ziemlich festen Mann mit seinem Stiernacken, seinen breiten Schultern, seinen krummen Reiterbeinen. Strotzend in Kraft war er vor ihm gestanden, den Falken auf der nackten Hand, so daß er sich in die Haut einkrallte. Alles, was dieser Heinrich begehrte, hatte er gepackt mit seinen nackten, roten, gewaltigen Händen, Länder und Frauen. Lachend hatte er Alfonso gesagt: »Bei den Augen Gottes, mein Sohn, für einen Fürsten, der Kopf und Faust hat, ist die ganze Welt recht klein.« Er hatte Kopf und Faust gehabt, dieser König von Engelland, Herzog von der Normandie, Herzog von Aquitanien, Graf von Anjou, Grafvon Poitou, Herr von Tours, Herr von Berry, der mächtigste Fürst des westlichen Europa. Alfonso betrauerte ihn ehrlich, als er den Handschuh auszog und sich bekreuzte.
    Aber schon während er den Handschuh wieder anzog, überdachte er mit seinem schnellen Verstand die Folgen, welche das Absterben dieses Mannes für ihn, Alfonso, und sein Land hatte. Nur dank der klugen Hilfe dieses Toten waren Allianz und Feldzug bisher verhindert worden. Heinrichs Sohn und Nachfolger Richard war kein Staatsmann, er war Ritter und Soldat, begierig, sich mit jedem Feinde zu schlagen. Er wird nicht wie Heinrich sich dem Kreuzzug unter Vorwänden fernhalten, er wird sogleich mit einem Heere ins Heilige Land aufbrechen und darauf drängen, daß auch die hispanischen Fürsten, seine Verwandten, endlich und sofort ihre Moslems bekämpften. Der Krieg war da.
    Es war Alfonso recht. Er streckte sich, er lächelte, er lachte. »Ave, bellum – Sei gegrüßt, Krieg!« sagte er vor sich hin, laut, fröhlich, in den leeren Saal.
    Er diktierte einen Brief an Doña Leonor. Sprach ihr seinen Schmerz aus über den Tod ihres Vaters. Teilte ihr mit, er werde sofort nach Burgos kommen, und schloß frech und unschuldig, nun, da kein Verbot König Heinrichs mehr im Wege stehe, könne man ja ohne Verzug den Ehevertrag Berengarias und das Bündnis mit Don Pedro unterschreiben und siegeln.
    Ein Geschäft aber hatte er, bevor er reiste, noch zu erledigen. Wiewohl er sicher war, in der Hut Gottes zu stehen, so wollte er doch Vorsorge treffen für den Fall seines Ausgangs aus der Welt. Er wird Doña Raquel mit reichem Gut ausstatten und dem Kinde Sancho, seinem lieben, kleinen Bastard, die geziemenden Titel und Würden verleihen.
    Er befahl Jehuda in die Burg. »Da hast du es, mein Freund«, begrüßte er ihn mit fröhlichem Spott. »Jetzt ist es aus mit deinen Mätzchen und Schlichen. Jetzt hab ich ihn, meinen Krieg!« Jehuda sagte: »Die Aljama von Toledo wird allen Segen des Himmels auf deine Majestät herabflehen. Und dir eine Streitmacht stellen, deren du dich vor der Christenheitnicht zu schämen haben wirst.« – »In längstens drei Tagen«, verkündete Alfonso, »reite ich nach Burgos. Ich werde dort wenig Zeit haben und gar keine auf meiner Rückkehr. Ich möchte jetzt schon Verfügungen treffen für den Fall, daß mich trotz eurer Gebete und eurer Soldaten der Herr in währender Schlacht einen christlichen Tod sterben läßt. Bereite du die Dokumente vor, so daß ich sie nur zu unterschreiben brauche.« – »Ich höre, Herr König«, sagte Jehuda. »Ich will«, verkündete der König, »Doña Raquel Güter verschreiben, welche ihr Jahreseinkünfte von mindestens dreitausend Goldmaravedí gewährleisten. Und die Titel und Rechte der frei gewordenen Grafschaft und Stadt Olmedo will ich unserem kleinen Sancho überschreiben.«
    Jehuda verpreßte die Lippen, mühte sich um ruhigen Atem.

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