Die Juedin von Toledo
seiner Infantin und zu seinemNachfolger annahm, und es war sehr wenig, wenn er dafür verlangte, daß er, Alfonso, bei Lebzeiten Oberhoheit ausübte in Hispanien.
Don Pedro jetzt, voll tiefer, ritterlicher Frömmigkeit, leistete den Schwur: »Ich gelobe, ich werde dieses mein Schwert niemals gebrauchen, einen Unschuldigen zu treffen, doch immer, das Recht und die heilige Ordnung Gottes zu verteidigen.« Und er neigte den Kopf und wartete auf den demütigenden, erhebenden Schwertschlag, der ihm seinen Ritterschwur für immer einprägen sollte.
Da kam der Schlag. Don Alfonso schlug ihm mit der flachen Klinge die Schultern, nicht sehr heftig, doch stark genug, daß der Schlag durch die Maschen des Panzerhemdes schmerzhaft spürbar war.
Don Pedro zuckte unwillkürlich mit den Schultern. Richtete den Kopf hoch, wollte sich erheben. Aber Don Alfonso hielt ihn zurück. »Nicht doch, Herr Vetter, noch nicht!« sagte er. »Wir verbinden Schwertleite und Lehenseid.« Und: »Gebt mir die Fahne!« befahl er. Auf die Fahne wartend, zog er den Handschuh von der rechten Hand. Dann, die Fahne Kastiliens in der Linken, sagte er: »Da du es so wünschest, mein Vetter Don Pedro von Aragon, nehme ich dich an zu meinem guten Vasallen und gelobe in Treuen, dich zu schützen, wenn du mich brauchst. So wahr mir Gott helfe.« Er sprach nicht laut, aber seine herrische Stimme füllte die Kirche.
Der junge Pedro, noch benommen von den Erregungen, Demütigungen, Erhebungen der Schwertleite und des Ritterschlages, wußte nicht, wie ihm geschah. Doña Leonor hatte ihm das Verlöbnis mit der Infantin und die Nachfolge in Kastilien in Aussicht gestellt. Oder hatte sie mehr getan, hatte sie ihm ein Versprechen gegeben? Und was war es mit diesem zweiten Eide, dem Vasalleneid? Hatte er sich mit seinen ungeübten Worten bereits verpflichtet? Aber durfte er überhaupt solche mißtrauischen Erwägungen anstellen? Gerade erst hatte er ritterlichen Gehorsam gelobt, und versagte er schon in der ersten Prüfung?
Da kniete er, der jüngere Ritter vor dem älteren, und dieser, mit männlicher, schmetternder Stimme jetzt, verlangte: »Du aber, Don Pedro, zum Zeichen, daß du mir dienen willst in Treuen und in der Furcht Gottes, wann immer ich dich brauche und rufe, küß mir die Hand!« Und er streckte die Hand dem Knienden hin.
Eine geradezu körperhafte Stille war in der menschenvollen Kirche. Bestürzt standen die aragonischen Herren. Seit mehr als einem Menschenalter hatte sich Aragon von der lästigen Vasallenschaft frei gehalten. Warum hatte ihr junger König dem Kastilier den schimpflichen Eid zugestanden? Waren die Verlöbnisurkunden ausgetauscht?
Und noch immer kniete Don Pedro, vor ihm die fordernde Hand. Die rückwärts standen, streckten sich, um zu sehen, was nun geschehe.
Und da geschah es. Der junge Aragon küßte die rechte Hand des Mannes, der mit der Linken die Fahne Kastiliens hielt. Und dieser gab ihm den Handschuh, und der Aragonier nahm ihn.
Kurze Zeit später, aus dem Dämmer der Kirche ins Helle, Freie tretend, umringt von seinen finster schweigenden Herren, erwachte Don Pedro aus Traum und Schwärmerei und erkannte, was geschehen war, was er angerichtet hatte.
Aber hatte er’s angerichtet? Der andere hatte ihn überrumpelt, ihn in eine freche Falle gelockt. Der hochverehrte Mann, der Spiegel alles Rittertums, hatte die heilige Handlung der Schwertleite und des Ritterschlags zu einem schurkischen Tort mißbraucht!
Ein Volksfest sollte sich der Kirchenfeier anschließen. Schon wartete das Ehrengeleit kastilischer Barone. Aber: »Wir brechen auf, Herren, und sogleich!« befahl Don Pedro den Seinen. »In unserer Hauptstadt werden wir beschließen, was weiter geschehen soll.« Und tumultuarisch klirrend, ohne den Kastiliern Blick und Gruß zu gönnen, verließ der junge König mit seinem Gefolge die Stadt Burgos.Dieses Mal verlor sogar die Königin ihren Gleichmut. Nun war es aus mit der Allianz, die ihr so am Herzen lag. Es war nicht Heldentum, es war kindischer Übermut gewesen, durch einen Gewaltstreich erzwingen zu wollen, was man durch gütliche Rede bestimmt hätte erhalten können.
Aber ihr Zorn hielt nicht vor. Alfonso war nun einmal nicht der Mann langwieriger Verhandlungen. Er wollte fliegen, nicht mühsam klettern. Sogar ihr Vater von Engelland, der größte König und klügste Staatsmann, hatte solche zornigen Anwandlungen; er hatte jene wilden Worte nicht zurückgehalten, die seine Ritter getrieben hatten, den
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