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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Allahs ist, einem Volke antun kann, auf dem sein Fluch liegt. Ich sah abgeschlagene Köpfe, zerstückte Leichen, zerhaute Glieder, überall Sterbende und Tote, bedeckt mit Blut und Staub. Und ich gedachte der Worte des Korans: Die Ungläubigen werden sprechen: Ich bin nichts als Staub.«
    Noch viele ähnliche Sätze schrieb, beschwingt vom Erlebnis,der Historiker Imad ad-Din, und er schloß: »O süßer, süßer Geruch des Sieges!«
    Musa las den Brief und war bekümmert. Von der Wand in kufischen Lettern mahnte der alte Spruch: »Eine Unze Frieden ist besser als eine Tonne Sieg.« Um dieses Spruches willen hatte in Zeiten der Heiligen Kriege so mancher Moslem sein Leben als Ketzer eingebüßt. Trotzdem führten viele weise Männer den Spruch im Munde, und auch sein Freund Imad, der Schreiber des Briefes, hatte ihn gerne zitiert; einmal wäre er deshalb von einem fanatischen Derwisch beinahe erschlagen worden. Und nun schrieb er diesen Brief!
    Ja, es war so, wie es in dem Großen Buche der Juden hieß: der Jezer Hara, der böse Trieb, war mächtig von Jugend an. Die Menschen wollten jagen und schlagen und hauen und töten, und sogar ein so weiser Mann wie sein Freund Imad »berauschte sich am Wein des Sieges«.
    Ach, es werden sich in sehr naher Zeit noch viele am Wein des Krieges berauschen. Denn nun Jerusalem wieder in der Hand der Moslems ist, wird es der Hohepriester der Christen nicht unterlassen, zum Heiligen Krieg aufzurufen, und Schlachtfelder, wie sie Imad mit so greulicher Anschaulichkeit beschrieb, wird es viele geben.
    So kam es denn auch.
    Die Nachricht vom Falle Jerusalems, welches die Kreuzritter vor noch nicht neunzig Jahren mit so ungeheuren Opfern erobert hatten, erfüllte die Christenheit mit wildem Schmerz. Gebet und Fasten war überall. Fürsten der Kirche taten den äußern Pomp ab, um durch strenge Zucht den andern voranzuleuchten. Sogar Kardinäle gelobten, sie würden kein Pferd mehr besteigen, solange die Erde, auf welcher der Heiland gewandert war, von den Füßen der Heiden entweiht werde; vielmehr würden sie, von Almosen lebend, die Länder der Christen durchpilgern, um Buße und Rache zu predigen.
    Der Heilige Vater rief zu einem neuen Kreuzzug auf, Jerusalem zu befreien, den Nabel der Erde, das zweite Paradies. Er versprach einem jeden, der das Kreuz nahm, Entgelt imJenseits und im Diesseits, und er verkündete Weltfrieden für sieben Jahre, eine Treuga Dei.
    Er selber ging mit edlem Beispiel voran und beendete seinen langen Streit mit dem Herrn Deutschlands, dem Römischen Kaiser Friedrich. Er schickte einen Legaten, den Erzbischof von Tyrus, an die Könige von Francien und von Engelland und beschwor sie, ihre Zwistigkeiten zu beenden. Er ermahnte in eindringlichen Sendschreiben die Könige von Portugal, León, Kastilien, Navarra und Aragon, ihre Streitigkeiten zu begraben und sich brüderlich zu vereinigen, um auf ihre Art an dem Kreuzzug teilzunehmen. Sie sollten losschlagen gegen die Moslems ihrer Halbinsel und gegen den Antichrist des Westens, den Kalifen Jakúb Almansúr in Afrika.
    Don Alfonso, als ihm der Erzbischof von dem Sendschreiben des Papstes Mitteilung machte, berief seinen Kronrat ein, seine Curia. Don Jehuda, Krankheit vorschützend, blieb weislich ferne.
    Der Erzbischof wies in starken Worten darauf hin, daß hier in Hispanien die Kreuzzüge früher begonnen hätten als in allen andern Ländern, vor mehr als einem halben Jahrtausend. Unmittelbar nachdem die Pest der Moslems über das Land gekommen sei, hätten die christlichen Goten, die Väter der hier tagenden Herren, den Widerstand begonnen. »An uns ist es«, rief er begeistert, »die große, heilige Tradition fortzusetzen«, und: »Deus vult – Gott will es!« endete er mit dem Schlachtruf der Kreuzfahrer.
    Wie gerne wären die Herren diesem Rufe gefolgt. Alle, sogar der friedfertige Don Rodrigue, glühten sie danach. Aber sie wußten, gerade ihnen standen unüberwindbare Hindernisse entgegen. Sie saßen in unglücklichem Schweigen.
    »Ich hab es miterlebt«, sagte endlich der alte Don Manrique, »wie wir ins Andalús vorgestoßen sind bis ans Meer, und ich war dabei, als der König Unser Herr den Moslems die gute Stadt Cuenca abnahm und auch die Festung Alarcos. Nichts Besseres hätte ich mir gewünscht, als daß es mir, bevorich in die Grube fahre, noch einmal vergönnt sein sollte, gegen die Ungläubigen auszuziehen. Aber wir haben diesen Vertrag, den Waffenruhevertrag mit Sevilla, und er ist gezeichnet mit

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