Die Juedin von Toledo
Erzbischof von Canterbury umzubringen, wiewohl das größte Unheil daraus hatte wachsen müssen.
Don Manrique und Don Jehuda baten um Gehör. Sie ließ sie kommen.
Jehuda war voll von fressendem Ärger; wiederum war, was er mit so viel Mühe und Geduld aufgebaut hatte, durch das hirnlose Soldatentum des Königs zerschlagen. Auch Don Manrique war empört. Allein Doña Leonor wies jeden Tadel gegen Alfonso königlich fremd und würdig zurück. Alle Schuld lag bei dem jungen Pedro, der so brüsk und gegen alle Regeln der Courtoisie davongelaufen war, ehe man das offenbare Mißverständnis hatte aufklären können.
Don Manrique meinte, gewiß wäre es manierlicher gewesen, wenn der junge Herr in Burgos geblieben wäre. Aber dieser unmanierliche Fant war nun einmal König von Aragon. Zweifellos werde er jetzt den Gutierre de Castro zum Vasallen annehmen, und der Krieg, den ein günstiger Himmel abgewandt hatte, werde nun doch ausbrechen.
Jehuda meinte vorsichtig: »Man sollte vielleicht jetzt noch versuchen, das Mißverständnis aufzuklären.« Und da Doña Leonor schwieg, fuhr er fort: »Wenn irgendein Mensch dem Knaben von Aragon seinen Irrtum und seinen Zorn ausreden kann, dann bist du es, Frau Königin.« Doña Leonor dachte nach. »Wollt ihr mir helfen«, fragte sie, »eine Botschaft für ihn auszuarbeiten?« Don Jehuda, noch behutsamer, antwortete:»Ich fürchte, Botschaft genügt nicht.« Doña Leonor zog die Brauen hoch. »Ich soll selber nach Saragossa fahren?« fragte sie. Don Manrique kam Jehuda zu Hilfe. »Es gibt wohl kein anderes Mittel«, meinte er. Doña Leonor schwieg, hochmütig zugesperrt; Don Jehuda fürchtete schon, ihr Stolz werde über ihre Vernunft siegen. Aber: »Ich will«, versprach sie nach einer Weile, »überlegen, was ich tun kann, ohne der Würde Kastiliens was zu vergeben.«
Sie schwieg vor Don Alfonso, sie machte ihm keine Vorwürfe, sie wartete, bis er reden werde. Bald denn auch kam er und klagte: »Ich weiß gar nicht, was alle haben. Sie gehen um mich herum wie um einen Kranken. Schließlich kann doch ich nichts dafür, daß dieser Lausejunge einfach davonlief. Sein Vater hätte ihn besser erziehen sollen.« – »Da er noch so jung ist«, meinte versöhnlich Doña Leonor, »sollte man seinen Mangel an Courtoisie nicht zu ernst nehmen.« – »Du bist mild wie immer, Doña Leonor«, antwortete er.
»Ein wenig Schuld liegt vielleicht auch bei mir«, fuhr sie fort. »Ich hätte wohl früher mit ihm über den Lehnseid sprechen sollen. Wie wäre es, wenn ich das Versäumte nachholte? Wie wäre es, wenn ich nach Saragossa ginge und das Mißverständnis aufklärte?« Alfonso zog die Brauen hoch. »Ist das nicht sehr viel Ehre für den jungen Bengel?« fragte er. »Er ist immerhin König von Aragon«, erwiderte Leonor, »und wir haben daran gedacht, ihm unsere Infantin zu verloben.«
Alfonso verspürte einen kleinen Verdruß und eine große Erleichterung. Wie gut, daß er seine Leonor hatte. Schlicht, ohne große Worte, ging sie daran, das Verfahrene einzurenken. Er sagte: »Du bist die rechte Königin für eine Zeit, die so viele Umwege und Listen erfordert. Ich bin und bleibe ein Ritter und habe keine Geduld. Du hast es nicht immer leicht mit mir, Doña Leonor.« Stärker aber als diese Worte bekundete das große, helle, jungenhafte Leuchten über seinem Gesicht seine freudige Dankbarkeit.
Bevor Doña Leonor nach Aragon reiste, beriet sie mit Jehuda und Don Manrique de Lara. Man kam überein, mansolle in Saragossa vorschlagen: Kastilien werde seine Garnison aus Cuenca zurückziehen und verpflichte sich, zwei Jahre lang keine Truppen an die Grenze der Grafschaft des Castro zu schicken; andernteils möge Aragon weitere Feindseligkeiten des Castro verhindern. Wenn sich Gutierre de Castro zum Vasallen Aragons erkläre, so werde Kastilien das hinnehmen, ohne jedoch seine Ansprüche aufzugeben. Was die Oberhoheit Kastiliens über Aragon anlange, so bleibe diese Frage in der Schwebe, und jene Zeremonie habe daran nichts geändert; denn rechtlich trete die Schutzverpflichtung Kastiliens erst dann in Kraft, wenn Aragon die üblichen hundert Goldmaravedí dafür zahle, und diese Zahlung werde Kastilien nicht einfordern.
In Saragossa empfing der junge König Doña Leonor mit höchster Courtoisie, doch verbarg er nicht die wütende Enttäuschung über das, was in Burgos geschehen war. Sie entschuldigte nicht eben ihren Alfonso; wohl aber führte sie aus, wie sehr er leide unter dem langen
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