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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Krieg da, den alle gefürchtet hatten, die Grenzen zwischen Islam und Christenheit wurden von neuem unsicher, seine, Jehudas, Aufgabe wuchs in den Himmel. Denn der Escrivano des Königs von Kastilien konnte mehr als andere tun, der Halbinsel den Frieden zu erhalten.
    Wieder einmal erkannte er, wie weise sein Freund Musa war. Zeitlebens hatte Musa ihm zugeredet: sei gelassen, tu nicht zuviel, rechne nicht zuviel, füge dich dem Schicksal, vor dem alles Planen eitel ist. Er aber, Jehuda, konnte es nicht lassen, zu rechnen und zu planen und zu tun. Da hatte er, als der König den Krieg mit Aragon heraufbeschwor, Listen erdacht und war geschäftig übers Land gefahren, nach Norden und zurück nach Süden und wiederum nach Norden, und hatte verhandelt und gezettelt, und so hatte er’s ein zweites Mal getan, und da sich all sein Planen als vergeblich erwies, hatte er verzweifelt mit Gott gehadert. Das Schicksal aber, weise und scherzhaft wie sein Freund Musa, hatte gerade das, was ihm als höchstes Übel erschienen war, zum Keim des Segens werden lassen. Gerade dieses Zerwürfnis mit Aragon, das er geschäftig zu heilen versucht hatte, zwang nun Don Alfonso, sich dem Krieg fernzuhalten. Nicht aus seinem, Jehudas, klugen Rechnen und Wägen, sondern aus dem frechen, hirnlosen Tun Alfonsos wuchsen Glück und Frieden für die Halbinsel.
    Aus Sevilla kam der Buchhändler und Verleger Chakam. Er war der größte Buchhändler der westlichen Welt, er beschäftigtevierzig Schreiber, in seinem schönen Hause gab es für die Bücher jeglicher Wissenschaft eine Sonderabteilung. Er überbrachte dem Don Jehuda als Geschenk des Emirs Abdullah die »Autobiographie« des Persers Ibn Sina in der Originalhandschrift. Ibn Sina, der vor nunmehr einhundertfünfzig Jahren gestorben war, galt als der größte Denker der islamischen Welt; auch die christlichen Gelehrten, die ihn unter dem Namen Avicenna kannten, schätzten ihn hoch. Um das Manuskript, welches jetzt der Verleger Chakam überbrachte, waren heftige Kämpfe gekämpft worden; ein Kalif von Córdova hatte den Inhaber der Handschrift und sein ganzes Geschlecht vernichtet, um sich in den Besitz des Manuskripts zu setzen. Jehuda konnte sich nicht fassen vor Freude über die kostbare Gabe des Emirs, er lief sogleich zu Musa, zärtlich und gerührt betrachteten die beiden die Schriftzeichen, mit denen jener Weiseste aller Sterblichen sein Leben festgehalten hatte.
    Mit dem Geschenk überbrachte der Verleger Chakam dem Jehuda eine vertrauliche, mündliche Botschaft des Emirs. Der Fürst ließ seinem Freunde mitteilen, der Kalif Jakúb Almansúr treffe jetzt schon Vorbereitungen, bei der ersten Meldung eines Angriffs auf Sevilla an der Spitze eines Heeres nach der Halbinsel überzusetzen; er sei zu diesem Zweck aus dem Osten nach Marakesch zurückgekehrt. Emir Abdullah sei überzeugt, seinem Freunde Ibrahim liege an der Erhaltung des Friedens nicht weniger als ihm selber; vielleicht also tue er gut, die Könige der Ungläubigen zu warnen.
    An dieses alles dachte Jehuda, als er jetzt vor Don Alfonso trat. »Da bist du ja endlich, mein Escrivano«, empfing ihn mit hämischer Höflichkeit der König. »Bist du wiederhergestellt, armer Kranker? Schade, daß du an meinem Kronrat nicht teilnehmen konntest.« – »Ich hätte«, erwiderte Jehuda, »keine andere Meinung abgeben können als deine andern Familiares. Als dein Escrivano muß ich deine Neutralität noch eifriger befürworten als sie. Denn bedenke dieses, Herr König. Nimmst du jetzt das Kreuz, so werden zahlreiche dir folgen,die du nicht unter deinen Kriegsknechten haben möchtest. Sehr viele deiner halbhörigen Bauern werden sich ins Heer einreihen lassen und Gebrauch machen von den Vergünstigungen, die den Kreuzfahrern zustehen. Sie werden ihre harte Tagesarbeit abschütteln und sich von dir ernähren lassen, statt dich und deine Barone zu ernähren. Das wäre verderblich für deine Wirtschaft.«
    »Meine Wirtschaft!« höhnte Alfonso. »Begreife doch, du trauriger Rechner, es geht nicht um die ›Wirtschaft‹, es geht um die Ehre Gottes und des Königs von Kastilien.«
    Don Jehuda blieb hartnäckig, obwohl er die gefährliche Wildheit Don Alfonsos erkannte. »Ehrerbietig bitte ich dich, Herr König«, sagte er, »mich nicht mißzuverstehen. Keineswegs rate ich dir vom Kriege ab. Im Gegenteil, ich rate dir, den Krieg vorzubereiten. Ja, ich bitte dich, jetzt schon Kriegssteuern einzuziehen, eben jene zusätzlichen Kriegssteuern, welche

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