Die Juedin von Toledo
der Papst ausgeschrieben hat. Ich arbeite an einem Memorandum, welches beweist, daß du das Recht hast, diese Steuern zu erheben, auch wenn du noch nicht im Kriege bist.«
Er gab dem König Zeit, seinen Vorschlag zu bedenken, und fuhr fort: »Auch anderer Zufluß wird deinem Schatze kommen, solange du an dem Krieg nicht teilnimmst. Der Handel mit den Ländern des östlichen Islams hat aufgehört. Die großen Reeder und Kaufleute der Christenheit, die Venezier, die Pisaner, die flandrischen Händler, sie können nichts mehr aus dem Osten einführen. Die Produkte der reicheren Hälfte der Welt können nur mehr über die Kaufleute deiner Länder bezogen werden, Herr König. Wer immer etwas haben will vom Getreide der islamischen Welt, von ihrem Vieh, ihren edeln Pferden, er muß sich an dich wenden. Wer immer etwas haben will von den Gütern, welche der Kunstfleiß der moslemischen Schmiede erzeugt, von ihren wunderbaren Waffen, von ihrem herrlichen Metallwerk, wer immer in der Christenheit Seide des Islams haben will, Pelzwerk, Elfenbein und Goldstaub, Korallen und Perlen, vielfältiges Gewürz, Farbenund Glas, er muß die Vermittlung deiner Untertanen anrufen. Bedenke das, Herr König. Der Schatz der andern Fürsten leert sich, solange dieser Krieg dauert, der deine wächst. Und wenn sie erschöpft sind, dann schlage du zu, Herr König von Kastilien, und schlage du den entscheidenden Schlag.«
Der Jude sprach eindringlich. Was er sagte, lockte den König.
Aber noch mehr brachte es ihn auf. »Schaff mir das Geld!« herrschte er Jehuda an. »Zweihunderttausend fürs erste! Ich will jetzt losschlagen, jetzt, jetzt! Verpfände, was du willst! Schaff mir das Geld!« Jehuda, erblaßt, antwortete: »Ich kann es nicht, Herr König. Und niemand sonst kann es.«
Alle Wut Alfonsos gegen sich selber und gegen die unselige Schickung, welche ihm seinen edelsten Ruhm stahl, kehrte sich gegen Jehuda. »Du hast diese Schmach über mich gebracht«, wütete er. »Du mit deinem schmählichen Waffenstillstand und deinen andern hebräischen Listen. Ein Verräter bist du! Für Sevilla zettelst du und für deine beschnittenen Freunde, daß ich sie nicht angreife und mir meine Ehre wieder hole. Du Verräter!«
Jehuda, noch tiefer erblaßt, schwieg. »Geh!« schrie der König ihn an. »Geh mir endlich aus den Augen!«
Die Sondersteuer, von welcher Jehuda dem König gesprochen hatte, war der sogenannte Saladins-Zehnte. Es hatte nämlich der Papst verfügt, es solle in den Ländern der Christenheit ein jeder, der an dem großen Kriegszug gegen Sultan Saladin nicht teilnahm, wenigstens Geld beisteuern, und zwar sollte er ein Zehntel seiner Einkünfte und seiner beweglichen Güter zinsen.
Dem Escrivano des Königs von Kastilien war dieser Erlaß des Heiligen Vaters willkommen. Er und seine Juristen, seine Repositarii, fanden, daß der Saladins-Zehnte auch in den Reichen des Königs Alfonso erhoben werden müsse. Denn obgleich gottgewollte Notwendigkeiten den König Unsern Herrn zwangen, vorläufig neutral zu bleiben, so war dochdiese Neutralität zeitlich befristet und der König also verpflichtet, für den Heiligen Krieg zu rüsten. So legte Jehuda in einem ausführlichen Memorandum dar.
Don Manrique überbrachte dem König das Schriftstück. Alfonso las. »Er ist schlau«, sagte er leise und grimmig, »er ist ein schlauer Hund, er ist ein schlauer Händler und Hund. Er könnte mir das Geld schaffen, der Hund, wenn er nur wollte. Warum kommt er übrigens nicht selber?« fragte er. Don Manrique antwortete: »Ich denke, er will sich nicht von neuem deinem Zorn aussetzen.« – »Ist er so empfindlich?« spottete Alfonso. »Du hast ihn wohl sehr hart angelassen, Herr König«, erwiderte Don Manrique.
Der König war gescheit genug, zu erkennen, daß der Jude mit Recht gekränkt war, und er ärgerte sich über sich selber. Aber die Christenheit zog in den Heiligen Krieg, und er, Alfonso, hatte das unsagbare Unglück, zur Untätigkeit verurteilt zu sein. War es da nicht sein Recht, reizbar zu sein und seinen Unmut auch an einem Unschuldigen auszulassen? Ein so gescheiter Mann wie der Jude sollte das begreifen.
Er suchte nach einem Vorwand, Jehuda wiederzusehen. Schon lange hatte er daran gedacht, die Festung Alarcos auszubauen, die er selber seinem Reiche zugefügt hatte. Nach allem, was dieser Ibn Esra erzählte, müßte jetzt Geld dafür dasein. Er befahl Jehuda zum Vortrag.
Der hatte den Schimpf nicht verwunden, und es verschaffte ihm
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