Die Juedin von Toledo
König, daß Don Martín mir verbieten wollte, ein islamisches Schloß zu bauen. Und er soll mir’s auch nicht verbieten, mit der Jüdin zu schlafen.
»Du bist schnell gekränkt, Don Jehuda Ibn Esra«, sagte er, »du bist ein stolzer Mann, bestreit es nicht. Als ich dir damals das Castillo de Castro zum Alboroque geben wollte, hast du mir’s abgeschlagen. Und unser Handel war doch ein großer Handel und verlangte eine große Zugabe. Du hast etwas gutzumachen, mein Escrivano. Dieses Schloß – die Schuld liegt bei mir allein, ich sagte es schon – ist für mich nicht das Rechte, es ist zu bequem für einen Soldaten. Aber euch gefällt es. Erlaube mir, daß ich’s euch schenke.«
Jehuda war erblaßt, noch tiefer erblaßt war Doña Raquel. »Ich weiß schon«, fuhr der König fort, »du hast ein Haus, wie du dir’s besser nicht wünschen kannst. Aber vielleicht ist dieses hier für deine Tochter geeignet. War nicht La Galiana seinerzeit der Palacio einer moslemischen Prinzessin? Hier wird sich deine Tochter wohl fühlen, es ist das rechte Haus für sie.« Die Worte klangen höflich, aber sie kamen aus einem finstern Gesicht; die Stirn war tief verfurcht, die strahlendhellen Augen schauten geradezu feindselig auf Doña Raquel.
Er riß den Blick von ihr weg, trat ganz nahe an Don Jehudaheran und sagte ihm ins Gesicht, leise, doch hart und jedes Wort betonend, so daß Raquel es hören mußte: »Verstehe mich, ich will , daß deine Tochter hier wohnt.«
Don Jehuda stand vor ihm, höflich, demütig, aber er senkte nicht die Augen vor ihm, und es waren Augen voll von Zorn, Stolz und Haß. Es war Alfonso nicht gegeben, tiefe Blicke in die Seele eines andern zu tun. Dieses Mal aber, da er Aug in Aug mit seinem Escrivano stand, ahnte er, wie wild es in dessen innerer Landschaft aussah, und für den Bruchteil einer Sekunde bereute er’s, daß er den Mann herausgefordert hatte.
Ein tiefes Schweigen war, die drei fast leibhaft umschließend. Dann, mit Anstrengung, sagte Jehuda: »Du hast mir viel Gnade erwiesen, Herr König. Begrabe mich nicht in zu viel Gnade.« – »Ich habe dir’s damals verziehen«, antwortete Don Alfonso, »daß du mein Alboroque zurückgewiesen hast. Ärgere mich nicht ein zweites Mal. Ich will dir und deiner Tochter dieses Schloß schenken. Sic volo«, sagte er hart, die Worte trennend, und kastilisch wiederholte er’s: »Ich will es!« Und jäh, mit herausfordernder Höflichkeit, wandte er sich an das Mädchen: »Sagst du mir nicht danke, Doña Raquel?«
Raquel erwiderte: »Hier steht Don Jehuda Ibn Esra. Er ist dein treuer Diener, und er ist mein Vater. Erlaube mir, daß ich ihn bitte, dir zu antworten.«
Der König, wild, hilflos und drängend, schaute von Jehuda auf Doña Raquel, von Doña Raquel auf Jehuda. Was erdreisteten sich diese beiden? Stand er nicht hier wie ein lästig Bittender?
Aber da sagte schon Don Jehuda: »Vergönne uns Zeit, Herr König, daß wir die Worte finden für gebührende Antwort und ehrerbietigen Dank.«
Raquel, auf dem Heimweg, war in der Sänfte, Jehuda ritt neben ihr. Sie wartete darauf, daß der Vater ihr ausdeute, was sie erlebt hatten. Was er sagt und beschließt, wird das Rechte sein.
Es hatte sie damals im Castillo Ibn Esra verstört, als der König sie auf so »ungewöhnliche« Art einlud. Es hatte sie beruhigt,daß dann nichts weiter geschah; ein wenig freilich auch enttäuscht. Die neue Einladung Don Alfonsos hatte sie mit neuer Erwartung erfüllt, mit einer nicht unangenehmen Beklemmung. Was sich aber jetzt ereignete, seine dreiste, ungestüme, herrische Forderung, kam ihr als ein Schlag. Da war nichts mehr von Courtoisie. Dieser Mann wollte sie umarmen, sie mit seinem frechen, nackten Munde küssen, ihr beiliegen. Und er bat nicht, er herrschte sie an: sic volo!
In Sevilla hatten des öfteren moslemische Ritter und Dichter mit Raquel galante Gespräche geführt; sowie sich aber die Worte ins Verfängliche wagten, war Raquel scheu geworden und hatte sich zugesperrt. Auch wenn die Damen unter sich von den Arten der Liebe und der Wollust schwatzten, hatte sie nur verlegen und mit Unlust zugehört; sogar mit ihrer Freundin Layla hatte sie von solchen Dingen nur in halben Worten geredet. Anders war es, wenn Verse der Dichter davon kündeten, wie Männer und Frauen durch die Leidenschaft der Liebe ihres Verstandes beraubt wurden, oder wenn Märchenerzähler geschlossenen Auges und verzückter Miene davon erzählten; dann wohl hatte Raquel in ihrem
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