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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Plunder?« herrschte er ihn an. »Willst du mich bestechen für deine Beschnittenen? Willst du mir den Heiligen Krieg abkaufen? Oder was sonst für einen tückischen Verrat mutest du mir zu? Es ist eine höllische Frechheit!«
    »Verzeih deinem Diener, Don Alfonso«, antwortete unbewegt Jehuda, »wenn er deinen Zorn nicht begreift. Du hast mir Unwürdigem und meiner Tochter ein überreiches Geschenk geboten. Es ist bei uns Sitte, Gabe mit Gabe zu erwidern. Ich habe mich bemüht, aus meinem Besitz das Schönste auszusuchen, daß es Gnade finde vor deinen Augen.« Alfonso erwiderte ungeduldig: »Warum sprichst du so umwegig, Mensch? Sag es so, daß ein Christ und Ritter es versteht: Kommt deine Tochter nach La Galiana?«
    Er stand dem Juden ganz nahe und warf ihm seine Worte ins Gesicht. Würgend lag um Jehuda die Schmach. Aussprechen soll ich es auch noch, dachte er, mit dürren Worten zustimmen soll ich, daß sich mein Kind zu diesem Menschen ins Bett legt, während seine Königin fern und unerreichbar hoch in ihremkalten Burgos wohnt. Mit eigenen Lippen soll ich die Worte des Schmutzes und der Erniedrigung heraussagen, ich, Jehuda Ibn Esra. Aber er soll’s mir zahlen, dieser Zügellose. Mit guten Werken gegen seinen Willen soll er’s zahlen!
    In Alfonso dachte es: Ich brenne. Ich vergehe. Wann wird er endlich sprechen, der Hund? Wie er mich anschaut! Man könnte Angst bekommen, wie er einen anschaut.
    Da neigte sich schon Jehuda. Er neigte sich tief, er berührte mit einer Hand den Boden und sagte: »Meine Tochter wird in La Galiana wohnen, Herr König, da du es so wünschest.«
    Don Alfonso vergaß alle Wut. Ein großes, jungenhaftes Entzücken ging über sein breites Gesicht und machte es ganz hell. »Das ist herrlich, Don Jehuda!« rief er. »Das ist ein wunderbarer Tag!« So kindhaft aufrichtig war seine Freude, daß sie Jehuda fast versöhnte.
    Er sagte: »Nur eine Bitte hat meine Tochter: daß die Friese des Hauses La Galiana die rechten Inschriften tragen, bevor sie es von neuem betritt.«
    Don Alfonso, sogleich wieder mißtrauisch, fragte: »Was soll das nun wieder? Wollt ihr mich betrügen mit schlauen Vorwänden?«
    Don Jehuda dachte bitter an den Stammvater Jakob, der sieben Jahre um Rahel hatte dienen müssen, und nochmals sieben Jahre, und dieser Mensch wollte keine sieben Wochen warten. Er sagte ehrlich und voll Schmerz: »Listen und Ränke sind meinem Kinde fern, Don Alfonso. Wolle es, bitte, begreifen, daß Doña Raquel danach verlangt, noch eine kleine Weile in der Hut ihres Vaters zu bleiben, ehe sie die neue Straße geht. Wolle es, bitte, begreifen, daß sie danach verlangt, Worte vertrauter Weisheit zu finden an der neuen, nicht unverfänglichen Stätte.«
    Alfonso, mit heiserer Stimme, fragte: »Wie lange wird das dauern mit den Inschriften?« Jehuda antwortete: »In weniger als zwei Monaten wird meine Tochter in La Galiana sein.«

Zweiter Teil
    Und er schloß sich mit der Jüdin fast volle sieben Jahre ein und gedachte nicht seiner selbst, noch seines Reiches, noch kümmerte er sich um sonst etwas.
    Alfonso el Sabio, Crónica General
    Um 1270
    Sieben Jahre blieb der König
    Eingeschlossen mit der Jüdin,
    So daß sie sich niemals trennten,
    Und es liebte sie der König
    Dergestalt, daß seines Reiches
    Er vergaß und seiner selber.
    Aus der Romanze des Sepúlveda

Erstes Kapitel
    Alfonso schlug die Augen auf und war sogleich hell wach. Er brauchte nirgends und niemals einen Übergang aus Schlaf und Traum in die Wirklichkeit. Er fand sich auch jetzt in dem ungewohnten arabischen Zimmer, in welches durch den dunkeln Vorhang des kleinen Fensters nur gedämpftes Morgenlicht drang, sofort zurecht.
    Nackt, schlank, weißhäutig, rotblond lag er auf dem üppigen Bett, faul, tief zufrieden.
    Er hatte allein geschlafen. Raquel hatte ihn nach wenigen Stunden weggeschickt; so hatte sie’s auch in den drei Nächten vorher gehalten. Sie wollte allein aufwachen. Sie pflegte des Abends und des Morgens, ehe sie sich zeigte, lange Vorbereitungen zu treffen, sie badete in Rosenwasser und zog sich sorgfältig an.
    Er stand auf, räkelte sich, ging nackt hin und her in dem nicht großen, mit Teppichen belegten Raum. Er summte vor sich hin, und da ringsum alles so leise und gedämpft war, summte er lauter, sang, sang lauter, ein kriegerisches Lied, schmetterte es aus voller, vergnügter Brust.
    Er hatte, seitdem er in der Galiana war, außer dem Gärtner Belardo keine Christenseele gesehen; nicht einmal seinen

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