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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Spanien geführt, und so war an der sündhaften Leidenschaft des Königs Rodrigo das Reich der christlichen Goten zugrunde gegangen. Aber der Gärtner Belardo machte ein dumm-unschuldiges, gerührtes Gesicht; er hatte sich nichts Böses gedacht.
    Des Nachmittags pflegte Raquel im Teiche zu baden. Sie forderte Alfonso auf, mit ihr zu schwimmen. Er zog sich nur mit Scheu vor ihr aus und fand es unziemlich, daß sie sich vor ihm auszog. Alte Vorurteile sprangen ihn an. Mohammed hatte seinen Gläubigen drei, ja fünf tägliche Waschungen vorgeschrieben, auch den Juden war strenge Reinlichkeit religiöses Gebot, und so sah die Kirche mit Abneigung auf denjenigen, der sich zu häufig wusch.
    Mit einem kleinen, lustvollen Schrei setzte Raquel den Fuß ins Wasser, dann ließ sie sich rasch und entschlossen fallen und schwamm. Er folgte, er hatte Spaß am Schwimmen und Tauchen.
    Sie saßen nackt am Rande des Wassers und ließen sich von der Sonne trocknen. Es war heiß, die Luft flirrte, schwerer Duft kam von den Blumenbeeten und von den Orangenbäumen, Grillen zirpten und sägten. Er fragte unvermittelt: »Kennst du die Geschichte von Rodrigo und Florinda?« Raquel kannte sie. »Aber«, erklärte sie altklug, »daß an ihrer Liebe das Gotenreich zugrunde ging, das ist ein Märchen. Onkel Musa hat es mir genau erklärt. Der christliche Staat war alt geworden, die gotischen Könige und Soldaten waren verweichlicht. So kam es, daß die Unsern sie in schnellem Kampf überwältigten und mit kleiner Heeresmacht.«
    Es verdroß Alfonso, daß sie sagte: »Die Unsern.« Aber die Deutung dieses verdächtigen Musa gefiel ihm. »Da mag dein alter Uhu Musa einmal recht haben«, meinte er. »König Rodrigowar ein schlechter Soldat, darum ließ er sich besiegen. Wir haben aber Kriegskunst gelernt mittlerweile«, sagte er und richtete sich höher, »und wer jetzt verweichlicht ist, das sind deine Moslems mit all ihren Teppichen und ihren Versen und den neunundneunzig Gottesnamen, die sie dir beigebracht haben. Wir werden ihre Mauern und Türme niederbrechen und ihre Fürsten in den Staub treten und ihre Städte dem Boden gleichmachen und Salz darüber streuen. Wir werden deine Moslems ins Meer werfen, Dame. Du wirst es erleben.« Er war aufgestanden. Nackt, trotzig, fröhlich stand er in der Sonne.
    Sie kauerte sich zusammen, überkommen vom Gefühl ihrer Fremdheit. Er war wunderbar, dieser ihr Alfonso, wie er dastand, stark, lustig, stolz, männlich, sehr wert, daß sie ihn liebte. Und er war gescheiter, als er sich gab. Er war herrlich, in Wahrheit herr-lich, der geborene Herrscher Kastiliens und vielleicht des ganzen, meerumspülten Andalús. Aber das Beste, was es unter dem Himmel und im Himmel gab, war ihm verschlossen. Das Wichtigste wußte er nicht, nichts wußte er vom Geiste. Sie aber wußte darum, weil sie ihren Vater hatte und Musa, und weil sie zu denen gehörte, deren Erbteil das Große Buch war.
    Er spürte, was in ihr vorging. Er wußte, daß sie ihn mit ganzer Seele liebte, alles an ihm, seine Tugend und seine Kraft mit ihrem Überschwang, der vielleicht ein Fehler war. Aber das Beste an ihm, sein Rittertum, konnte sie höchstens lieben, verstehen konnte sie es nicht. Was ein Ritter war, und was gar ein König, das konnte ihr niemand begreiflich machen. Meine Hunde verstehen mehr davon, dachte er grob, und in diesem Augenblick bedauerte er, daß er seine großen Hunde nicht mit in die Galiana genommen hatte. Ganz dunkel aber spürte er gleichzeitig, daß es in der Seele dieser Raquel Räume gab, die wiederum ihm versperrt waren. Da war das Arabische, das Jüdische, das Urfremde, er konnte es niemals ganz begreifen, er konnte es höchstens vernichten. Und noch dunkler und noch weniger ausdrückbar spürte er füreinen Augenaufschlag, daß es ihm mit dem ganzen Lande Hispanien so ging. Das Land gehörte ihm, er besaß es, Gott hatte es ihm gegeben, er war der König, er liebte es. Aber in diesem Hispanien gab es einen weiten, weiten Teil, das Arabische, das Jüdische, und dieser Teil war ihm untertänig und dennoch versperrt.
    Da aber sah er Raquel, wie sie zusammengekauert dasaß, ganz ihm gehörig, ihm preisgegeben, eine Dame in Not, und er erinnerte sich seiner ritterlichen Pflicht. »Es wird nicht morgen sein und nicht übermorgen, daß ich deine Moslems ins Meer werfe«, tröstete er sie, »und ganz bestimmt nicht wollte ich dich kränken.«
    Schon nach wenigen Tagen war ihnen, als wären sie zeit ihres Lebens hier

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