Die Jungfernbraut
nicht gedacht, daß sie klug genug zu einem solchen Komplott sind.«
»Warum in aller Welt nennst du sie Joan?« fragte Ryder.
Colin blinzelte. »So heißt sie doch.«
»Nein, sie heißt seit vielen Jahren Sinjun.«
»Das ist ein Männerspitzname, der mir nicht gefällt. Sie heißt Joan.«
»Mein Gott, Douglas, er hört sich wie Mutter an!«
»Das stimmt«, sagte Douglas, »aber Sinjun wird sich schon durchsetzen. Zurück zu den MacPhersons. Ich will nicht, daß meine Schwester in Gefahr gerät. Das erlaube ich nicht.«
»Sie ist zwar deine Schwester«, entgegnete Colin ruhig, »aber sie ist meine Frau, und sie wird mich begleiten, wohin ich auch gehen mag, und sie wird tun, was ich ihr sage. Ich werde gut auf sie aufpassen.« Er wandte sich Sinjun zu. »Habe ich nicht recht, meine Liebe?«
Seine Augen funkelten im matten Nachmittagslicht, aber seine Miene war genauso leidenschaftslos wie seine Stimme.
»O ja«, sagte sie, ohne zu zögern. »Wir werden in Kürze weiterreiten, nach Vere Castle. Ich werde mich um Colin kümmern, da braucht ihr euch wirklich keine Sorgen zu machen.«
»Ich mache mir doch keine Sorgen um diesen gottverfluchten Bastard!« brüllte Douglas. »Um dich habe ich Angst, du dumme Göre!«
»Das ist sehr nett von dir, Douglas, und überaus verständlich, weil du mich ja gern hast.«
»Am liebsten würde ich dir mit einem Riemen ordentlich den Hintern versohlen.«
»Das wirst du in Zukunft mir überlassen müssen«, erklärte Colin energisch. »Joan glaubt zwar noch nicht, daß ich zu solchen Mitteln greifen könnte, aber sie wird es noch lernen.«
Ryders Blicke schweiften von seinem Schwager zu seiner Schwester. »Das hört sich fast so an«, kommentierte er langsam, »als hättest du dein Pendant gefunden, Sinjun.«
Sie tat so, als hätte sie ihn falsch verstanden. »O ja, er ist mein Pendant, mein idealer Lebensgefährte. Ich habe auf ihn gewartet, und schließlich hat er mich gefunden.« Sie ging auf ihren zukünftigen Mann zu, der mit einem Glas in der Hand am Kamin stand, schlang die Arme um seine Brust und küßte ihn auf den Mund. Douglas knurrte ungnädig, aber Ryder lachte.
»Also gut, du bist keine Göre mehr«, gab er zu. »Ich hätte gern noch einen Brandy, Colin, wenn's dir recht ist. Sinjun, laß ihn los, wenn du nicht willst, daß Douglas sich wieder mit ihm prügelt.«
»Die Sache ist noch nicht beigelegt«, sagte Douglas streng. »Ich bin sehr böse auf dich, Sinjun. Du hättest mir vertrauen und mit mir reden sollen. Statt dessen hast du dich wie eine Diebin aus dem Haus geschlichen.«
»Aber, Douglas, ich hatte volles Verständnis für deine Einstellung. Es ist nur so, daß Colin überhaupt nichts Schlimmes getan hat, und daß er mein Geld dringend be-nötigt und einfach nicht auf irgendeine Aufklärung warten kann, die sowieso unwahrscheinlich ist. Ich bin im Grunde heilfroh, daß du hier bist, weil es mir Sorgen bereitet, daß mein Geld noch in London ist. Jetzt kannst du mit Colin alles schnell regeln.«
»Joan«, tadelte Colin ruhig, »finanzielle Angelegenheiten bespricht man nicht auf diese Weise. Weder in Anwesenheit von Damen noch im Salon, unter so ungewöhnlichen Umständen.«
»Du meinst wegen des Lochs in der Decke?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Aber warum denn nicht? Schließlich ist es meine Mitgift, und du bist mein Mann. Bringen wir's hinter uns.«
Douglas lachte, er konnte einfach nicht anders.
»Ich glaube«, sagte Ryder, »das bedeutet, daß du diese Geschichte doch lebendig überstehen könntest, Colin. Mach, daß du wegkommst, Sinjun, damit die Herren alle Geldfragen regeln können.«
»Na gut. Aber vergiß nicht, Douglas, daß Großtante Margaret mir etwas hinterlassen hat. Du hast mir selbst einmal gesagt, es sei eine sehr beachtliche Summe, die in Aktien vorteilhaft angelegt sei.«
»Wir sind so gut wie verheiratet, Colin.«
Sie befanden sich in der düsteren Grafensuite am Ende des Korridors im zweiten Stock des Hauses. Colin stellte den großen Armleuchter auf einer mitgenommenen Kommode ab und drehte sich kopfschüttelnd um.
»Ich weiß, daß wir so tun müssen, als wären wir es, und deshalb werden wir zusammen in diesem Bett schlafen. Wie du siehst, hätte ein ganzes Regiment darin Platz, und du wirst deine Hände von mir lassen, Joan, wenn du nicht meinen Unmut erregen willst.«
»Ich kann das einfach nicht glauben, Colin, und ich hoffe nur, daß du nicht zu jenen Menschen gehörst, die um jeden Preis an
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