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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hört sofort auf!« schrie Sinjun. »Seid ihr denn völlig verrückt?«
    Ihre Worte hatten keinerlei Wirkung, und so sah sie sich verzweifelt nach irgendeiner Waffe um. Ihr Blick fiel schließlich auf einen kleinen Fußschemel, und gleich darauf ließ sie ihn auf Douglas' Rücken niedersausen. Mit einem Schmerzensschrei ließ der Graf seinen Gegner los und starrte Sinjun an, die den Schemel hoch über ihren Kopf hielt.
    »Wenn du ihn nicht sofort in Ruhe läßt, Douglas, schlage ich dir den Schädel ein, das schwöre ich dir!«
    »Ryder, kümmere dich um unsere idiotische Schwester, während ich diesen räudigen Hund umbringe!«
    Aber es kam nicht soweit. Dem Fluchen, Keuchen und Stöhnen wurde durch einen Schuß ein jähes Ende bereitet. In dem geschlossenen Raum hörte es sich so an, als wäre eine Kanone abgefeuert worden.
    Angus stand auf der Schwelle, eine rauchende alte Donnerbüchse in der Hand. In der Salondecke befand sich ein riesiges Loch.
    Sinjun ließ den Schemel fallen, betrachtete dieses Loch und die geschwärzte Decke und erkundigte sich bei Douglas: »Was meinst du — reicht meine Mitgift sogar, um diesen Schaden zu reparieren?«

KAPITEL 6
    Angus stand ruhig, aber sehr wachsam in einer Ecke des Salons, die Büchse immer noch in der Hand, auch nachdem er erklärt hatte: »Verzeihen Sie mir, Mylords, aber wenn ich jemandem eine Kugel in den Leib schießen muß, wird einer von Ihnen beiden daran glauben müssen, obwohl Sie die Brüder der neuen Lady Kinross sind.«
    Das war's dann wohl, dachte Ryder, der zwar Mühe hatte, das Schottisch des alten Dieners zu verstehen, aber doch begriff, daß es um Douglas und ihn selbst nicht allzu gut bestellt war, wenn Angus ernst machte.
    Jetzt saßen Colin und Sinjun nebeneinander auf dem verschlissenen Brokatsofa, und Ryder und Douglas ihnen gegenüber auf genauso verschlissenen Stühlen.
    Sinjun durchbrach schließlich das Schweigen. »Wir haben in Gretna Green geheiratet«, verkündete sie.
    »Das glaubst du doch selbst nicht, Sinjun«, knurrte Douglas. »So dumm wärest nicht einmal du, denn du wüßtest genau, daß ich euch als erstes dort suchen würde.«
    »Du irrst dich. Anfangs wollte ich zwar wirklich eine andere Route wählen, aber dann wurde mir klar, daß du nicht nach Gretna Green reiten, sondern auf direktem Wege nach Edinburgh kommen und Colins Haus ausfindig machen würdest. Wie du siehst, kenne ich dich sehr gut, Douglas.«
    »Das alles ist völlig nebensächlich«, erklärte Ryder. »Du kommst jetzt mit uns nach Hause, Göre.«
    Colin hob eine schwarze Braue. »Göre? Wie können Sie meine Frau, Lady Ashburnham, eine Göre nennen?«
    Sinjun tätschelte ihm die Hand und hoffte inbrünstig, daß diese Geste überzeugend fraulich wirkte. »Laß nur, Colin, meine Brüder brauchen etwas Zeit, um sich an die veränderten Umstände zu gewöhnen. In einem Jahr wird Ryder sich bestimmt mit der neuen Situation abgefunden haben.«
    »Ich finde das keineswegs komisch, Sinjun!«
    »Ich auch nicht. Colin ist mein Mann, und es waren zweifellos diese MacPhersons, die Douglas den anonymen Brief geschrieben und behauptet haben, Colin hätte seine erste Frau ermordet. Sie sind Lügner und Feiglinge und wollen ihn ruinieren, und deshalb wollten sie unsere Heirat verhindern.«
    Colin konnte sich wieder einmal nur über sie wundern. Er hatte die MacPhersons nur ein einziges Mal kurz erwähnt, aber seine scharfsinnige Braut hatte die Wahrheit erraten. Nun ja, er hatte drei Tage kaum ein Wort mit ihr gewechselt, und da hatte sie Zeit genug gehabt, sich alles zusammenzureimen. Gott sei Dank wußte sie noch nicht alles — noch nicht.
    Eine sehr dicke Frau betrat den Raum. Sie trug über ihrem schwarzen Kleid eine rote Schürze, die vom riesigen Busen bis zu den Knien reichte, und sie lächelte übers ganze Gesicht. »Oh, endlich sind Sie wieder nach Hause gekommen, Mylord«, rief sie in breitem Schottisch. »Und dieses süße kleine Ding ist also Ihre Frau?« Sie knickste höflich.
    »Hallo«, sagte Sinjun fröhlich. »Wie heißen Sie?«
    »Agnes, Mylady. Ich mache alles, was Angus nicht macht, und das heißt, das allermeiste. Angus ist mein Mann, müssen Sie wissen. Schauen Sie sich nur mal dieses Loch in der Decke an! Mein Angus hat von jeher ganze Arbeit geleistet. Hat jemand von Ihnen vielleicht Hunger?«
    Nachdem alle bejaht hatten, watschelte sie zufrieden hinaus. Angus hingegen rührte sich nicht von der Stelle und hielt die Büchse noch immer fest an die Brust

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