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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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tiefen Seufzer aus. »Na gut, Sinjun, geh zu Bett. Wir sehen dich dann später.«
    »Ich lege dir keinen Verband an, Joan. Dann heilt es schneller.«
    Sie lächelte tapfer, aber so jämmerlich, daß nun auch Ryder die Stirn runzelte.
    »Das gefällt mir gar nicht«, erklärte er. »Du bist eine miserable Schauspielerin, Sinjun, und kannst dich sehr schlecht verstellen und . . .«
    In diesem Moment betrat Agnes die Küche, und Sinjun schloß erleichtert die Augen. Den drei Männern wurde ganz klar gesagt, sie seien so gut wie nutzlos und zudem rücksichtslos, weil sie sich so aufdringlich wie drei Gockel benähmen, während die arme kleine Frau verletzt sei.
    Zehn Minuten später lag Sinjun im Bett. Colin setzte sich neben sie. »Deine Brüder vermuten, daß du nur geschauspielert hast. Stimmt das?«
    »Ja. Ich mußte rasch etwas tun, und eine Ohnmacht hätten mir beide nicht abgenommen. Tut mir leid, Colin, aber ich habe mein Bestes getan. Sie dürfen die Wahrheit nicht erfahren, sonst bleiben sie hier, oder aber sie schlagen dich nieder und entführen mich. Das mußte ich verhindern.«
    Er mußte lachen. »Du brauchst dich doch nicht dafür zu entschuldigen, daß du angeschossen wurdest und deinen Brüdern Sand in die Augen streuen wolltest. Mach dir keine Sorgen, ich verrate nichts. Ruh dich ein bißchen aus, während ich mit ihnen rede, einverstanden?«
    »Wenn du mich vorher küßt.«
    Er tat es, aber es war wieder nur ein unbefriedigend brüderlicher Kuß.
    Sinjun schlief nicht, als Colin das Schlafzimmer betrat. Sie war so aufgeregt, daß sie sogar den Atem anhielt, als er sich dem Bett näherte und auf sie hinabblickte, den Armleuchter in der Hand.
    »Du läufst schon ganz blau an. Atme.«
    Sie stieß geräuschvoll den Atem aus. »Ich habe es ganz vergessen.«
    »Wie geht es deiner Wange?«
    »Gut. Sie tut kaum noch weh. Das Abendessen ist doch ganz gut verlaufen, findest du nicht auch?«
    »Ja, wenn man einmal davon absieht, daß deine Brüder ständig deine Wange angestarrt haben. Aber wenigstens kocht Agnes ausgezeichnet.«
    »Ist mein ganzes Geld jetzt in deinen Händen?«
    Obwohl sich das für seine Begriffe etwas befremdlich anhörte, korrigierte er sie nicht. »Ja, Douglas hat mir einen Kreditbrief ausgestellt. Außerdem werden wir morgen den Direktor der Bank of Scotland besuchen. Und er wird seinen Verwalter anweisen, mir sämtliche Unterlagen zukommen zu lassen. Alles ist erledigt. Danke, Joan.«
    »Bin ich so reich, wie du gehofft hattest?«
    »Mit einer so reichen Erbin hatte ich nie gerechnet. Dank deiner Großtante Margaret dürftest du zu den vermögendsten jungen Damen von ganz England gehören.«
    »Was wirst du jetzt tun, Colin?«
    Er stellte den Leuchter ab und setzte sich neben sie. »Frierst du?«
    Sie schüttelte den Kopf, sagte aber »Ja.«
    Er berührte mit den Fingerspitzen ihre Wange, auf der sich die Schramme rot abzeichnete. »Diese Sache tut mir wahnsinnig leid. Ich hoffe, daß die Kugel in Wirklichkeit für mich bestimmt war.«
    »Das hoffe ich ganz und gar nicht! Ich will nicht, daß jemand dich zu erschießen versucht. Allerdings will auch ich nicht unbedingt erschossen werden.« Sie verstummte plötzlich und runzelte die Stirn.
    »Was ist?«
    »Dieser Messerstich in den Oberschenkel . . . Wenn es nun kein Taschendieb war, sondern ein erster Mordversuch?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das scheint mir doch zu weit hergeholt. London ist ein gefährliches Pflaster, und ich hielt mich ehrlich gesagt in keiner sehr vornehmen Gegend auf, als es passierte. Nein, das war bestimmt nur ein kleiner Ganove, der sich bereichern wollte. Nun, möchtest du jetzt vielleicht von mir geliebt werden? Dies ist schließlich deine Hochzeitsnacht.«
    Immerhin war es ihm gelungen, sie von ihren Ängsten um ihn abzulenken, dachte Colin, während er seine Braut betrachtete.
    Sie trug ein jungfräulich weißes Nachthemd, das ihr fast bis zum Kinn reichte. Ihre langen Haare fielen offen über den Rücken und über die Schultern. Er nahm eine dicke Strähne in die Hand und hielt sie an sein Gesicht. Das Haar war weich und duftete leicht nach Jasmin, wenn ihn nicht alles täuschte. »So viele verschiedene Farbtöne«, sagte er bewundernd. Ihm war klar, daß Joan nun, da keine Notwendigkeit mehr bestand, sich zu opfern, um ihn zu retten, kein großes Verlangen mehr verspürte, entjungfert zu werden. Vor der Trauung hätte sie ihn am liebsten seiner Kleider beraubt, ihn auf den Rücken gelegt und die Sache

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