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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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»Komm.« Sie griff nach dem Buch und trug es zum Schreibtisch der Bibliothekarin. Jim folgte ihr.
    Die lebhafte Eloise Glynn zeichnete gerade ein Poster und benutzte dabei Dutzende von Buntstiften. Die eindrucksvollen Darstellungen zeigten Jungen und Mädchen, gekleidet als Raumfahrer, Höhlenforscher, Seeleute, Akrobaten und Entdeckungsreisende. Die Buchstaben der Überschrift waren bereits mit Bleistift gezeichnet worden und warteten darauf, mit bunter Farbe gefüllt zu werden: DIES IST EINE BIBLIOTHEK. KINDER UND ABENTEURER SIND WILLKOMMEN. FÜR ALLE ANDEREN BLEIBT DER ZUTRITT VERBOTEN!
    »Hübsch«, sagte Holly und deutete auf das Poster. »Sie geben sich wirklich Mühe bei Ihrem Job.«
    »Es hält mich davon ab, meine Zeit in Kneipen zu vertrödeln«, erwiderte Eloise Glynn, und ihr offenes Lächeln gab einen deutlichen Hinweis darauf, warum sie die Sympathie aller Kinder genoß.
    »Mein Verlobter hat häufig lobend über Sie gesprochen«, fügte Holly hinzu. »Nach fünfundzwanzig Jahren erinnern Sie sich vielleicht nicht mehr an ihn.«
    Eloise musterte Jim nachdenklich.
    »Ich bin Jim Ironheart, Mrs. Glynn.«
    »Oh, natürlich erinnere ich mich! Sie waren ein ganz besonderer Junge.« Die Bibliothekarin stand auf, beugte sich über den Schreibtisch und umarmte Jim kurz. Als sie ihn wieder losließ, wandte sie sich an Holly. »Sie heiraten also meinen Jimmy? Das ist wundervoll! Seit ich hier tätig bin, habe ich viele Kinder kennengelernt, und ich kann nicht behaupten, mich an alle zu erinnern - obwohl wir hier in einem kleinen Ort leben. Aber Jimmy stellte wirklich etwas Besonderes dar. Er war einzigartig.«
    Holly hörte erneut, daß Jim alle Sciencefiction- und Gruselgeschichten verschlungen hatte, die er damals bekommen konnte. Während des ersten Jahres in New Svenborg war er verschlossen und in sich gekehrt gewesen, und im zweiten Jahr, nach dem plötzlichen Tod seiner Großmutter, brachte er überhaupt kein Wort mehr über die Lippen.
    Holly nutzte diese günstige Gelegenheit, um auf den Kern der Sache zu kommen. »Wissen Sie, Mrs. Glynn, wir sind unter anderem hier, um festzustellen, ob wir uns auf der Farm niederlassen sollen, zumindest für eine Weile …«
    »Das Leben in diesem Ort ist angenehmer, als man zunächst glauben mag«, erwiderte Eloise. »Sie würden sich hier sehr wohl fühlen, das garantiere ich Ihnen. Da wir gerade dabei sind: Ich möchte Ihnen gleich zwei Leserausweise ausstellen!« Sie setzte sich und zog eine Schublade auf.
    Als sie zwei Vordrucke nahm und nach einem Kugelschreiber grifft, sagte Holly: »Allerdings gibt es da ein Problem. Für Jim warten hier ebenso viele schlechte wie gute Erinnerungen, und Lenas Tod ist die schlimmste.«
    »Nun, ich war erst zehn - knapp elf - als sie starb«, warf Jim ein. »Und vielleicht habe ich einige der damaligen Ereignisse absichtlich vergessen. Ich weiß nicht mehr genau, unter welchen Umständen meine Großmutter den Tod fand. Möglicherweise erinnern Sie sich daran …«
    Holly kam zu dem Schluß, daß er doch etwas als Interviewer taugte.
    »An die Einzelheiten entsinne ich mich nicht mehr«, antwortete Eloise. »Ich schätze, niemand weiß, warum sie damals mitten in der Nacht die alte Mühle aufsuchte. Ihr Großvater Henry meinte, seine Frau sei manchmal dorthin gegangen, um Abstand zu gewinnen. Die Mühle war ein ruhiger und friedlicher Ort, wo sie ein wenig strickte und nachdachte. Natürlich befand sich das Gebäude damals in einem besseren Zustand. Trotzdem … Es erschien seltsam, daß sie dort um zwei Uhr nachts stricken wollte.«
    Während die Bibliothekarin von Lenas Tod erzählte - ihre Schilderungen bestätigten, daß Hollys Traum aus Jims Erinnerungen stammte -, spürte Holly eine Mischung aus kalter Furcht und Übelkeit. Eloise Glynn hatte keine Ahnung, daß Lena damals nicht allein in der Mühle gewesen war; vielleicht wußte niemand davon.
    Jim ist ebenfalls dort gewesen, fuhr es Holly durch den Sinn.
    Und nur Jim überlebte.
    Sie sah ihn an und stellte fest, daß ihm wieder die Farbe aus dem Gesicht wich. Seine Wangen waren jetzt nicht einfach nur blaß, sondern so grau wie der Himmel draußen.
    Eloise wollte die Einträge auf dem Vordruck vervollständigen und bat Holly um ihren Führerschein. Der ehemaligen Journalistin lag gar nichts an dem Leserausweis, aber sie kam der Aufforderung trotzdem nach.
    »Ich glaube, damals überstanden Sie den Schmerz und das Gefühl des Verlustes in erster Linie mit Hilfe von

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