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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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des Feindes erschüttert fühlte.
    Sie überflog den Rest des Buches.
    Zum Schluß des Romans, nach der Rettung des zukünftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, wich der Freund in die Stille des Teichs zurück und wies Jim an, die Begegnung mit ihm zu vergessen, sich nur daran zu erinnern, daß er den Politiker aus eigener Initiative vor dem Tod bewahrt hatte. Wenn jemals eine verdrängte Erinnerung an das fremde Wesen zurückkehrte, >SO SOLLST DU MICH FÜR EINEN TRAUM HALTEN, FÜR EINE WESENHEIT, DIE DIR IM TRAUM ERSCHIEN<. Als die Präsenz des Wesens zum letztenmal aus der Wand verschwand, verflüchtigten sich auch die Botschaften auf dem Schreibblock und hinterließen keine Spuren des Kontakts mehr.
    Holly schloß das Buch.
    Eine Zeitlang schwiegen sie beide und starrten stumm auf den Schutzumschlag.
    Um sie herum gab es Tausende von Epochen, Orten, Menschen und Welten - vom Mars über Ägypten bis zum Irgendwo. Sie verbargen sich zwischen den Buchdeckeln wie heller Glanz unter dem angelaufenen Metall einer Messinglampe. Holly fühlte fast, daß sie nur darauf warteten, durch den Blick eines Lesers zum Leben zu erwachen, zu einer neuen Existenz zu finden, die aus schimmernden Farben, scharfen Gerüchen und köstlichen Aromen bestand, aus Lachen, Schluchzen und Schreien. Bücher waren verpackte Träume.
    »Träume sind Tore«, wandte sie sich an Jim. »Und jeder Roman kommt einer Art Traum gleich. Arthur Willots Traum von Abenteuer und dem Kontakt mit einer außerirdischen Wesenheit hat dir ein Tor geöffnet, durch das du aus deiner Verzweiflung fliehen konntest. Du fühltest dich für den Tod deiner Eltern verantwortlich, und jener Traum gab dir Gelegenheit, dich von dem niederschmetternden Gefühl des Versagens zu befreien.«
    Jim war unnatürlich blaß gewesen, seit ihm Holly den Block mit den Antworten des Freundes gezeigt hatte: ER LIEBT DICH HOLLY / ER WIRD DICH TÖTEN HOLLY. Jetzt kehrte ein wenig Farbe in sein Gesicht zurück. Er starrte noch immer ins Leere, und Sorge haftete an ihm fest wie Schatten an der Nacht, aber offenbar gewöhnte er sich langsam an die Vorstellung, daß Lügen den größten Teil seines Lebens bestimmten.
    Was den Feind in ihm verunsicherte, was seinen Widerstandswillen verstärkte.
    Eloise Glynn war in den Hauptraum zurückgekehrt und saß nun wieder an ihrem Schreibtisch.
    Holly sprach noch etwas leiser, als sie fortfuhr: »Aber warum solltest du dir in Hinsicht auf den Verkehrsunfall, dem deine Eltern zum Opfer fielen, irgendwelche Vorwürfe machen? Und wie kannst du als zehnjähriger Junge ein so starkes Verantwortungsgefühl entwickelt haben?«
    Jim schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    Holly erinnerte sich an die Auskünfte von Corbett Handahl und legte die Hand auf Jims Knie. »Denk nach, Schatz. Kam es zu dem Unfall, als deine Eltern mit ihrer PsychoNummer unterwegs waren?«
    Jim zögerte und runzelte die Stirn. »Ja … unterwegs.«
    »Du hast an der Reise teilgenommen, nicht wahr?«
    Er nickte.
    Holly entsann sich an das Foto, das Jims Mutter in einem glitzernden Kleid zeigte, seinen Vater und ihn selbst im Smoking. »Du warst an der Nummer beteiligt?«
    Einige seiner Erinnerungen stiegen auf wie Lichtringe im Teich. Die wechselhaften Emotionen in Jims Gesicht konnten nicht gespielt sein. Es erstaunte ihn tatsächlich, aus der Dunkelheit seiner Vergangenheit in erstes Licht zu treten.
    Holly spürte, wie ihre Aufregung zunahm. »Welche Rolle hast du dabei gespielt?« fragte sie.
    »Es war eine Art… Bühnenmagie. Meine Mutter nahm Objekte von den Zuschauern. Mein Vater arbeitete mit mir zusammen, und wir … Ich hielt die Gegenstände, erweckte den Anschein, mentale Eindrücke zu empfangen, und erzählte den Leuten Dinge über sie, die ich gar nicht wissen konnte.«
    »Du hast nur den Anschein erweckt?« wiederholte Holly.
    Jim blinzelte. »Vielleicht auch nicht. Seltsam, an wie wenig ich mich selbst dann erinnere, wenn ich mir Mühe gebe.«
    »Es war kein Trick. Du hattest wirklich die Fähigkeit. Deshalb begannen deine Eltern mit der Psycho-Nummer. Du warst ein begabtes Kind.«
    Jim strich mit den Fingerkuppen über den Schutzumschlag des Buchs. »Aber…«
    »Aber?«
    »Es gibt noch immer soviel, das ich nicht verstehe …«
    »Oh, mir geht es ebenso, Schatz. Aber wir kommen der Wahrheit näher, und das ist sicher ein gutes Zeichen.«
    Ein innerer Schatten fiel auf Jims Züge.
    Holly wollte verhindern, daß sich seine Stimmung wieder verdüsterte.

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