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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Stelle und blätterte durch den Rest des Buches. Sie wollte herausfinden, ob der Freund die Schreibblöcke bis ganz zum Schluß verwendete, um sich dem Jungen mitzuteilen. Das war tatsächlich der Fall. In der Geschichte, auf die sich Jim Ironhearts Fantasiewelt gründete, erklang nie die Stimme des Außerirdischen.
    »Deshalb hast du es zunächst für unmöglich gehalten, daß dein Außerirdischer sprechen kann. Aus diesem Grund warst du skeptisch, als ich vorschlug, auf die Blöcke zu verzichten.«
    Jim fand nicht mehr die Kraft, Einwände zu erheben. Mit wortlosem Staunen starrte er auf das Buch.
    Seine Reaktion weckte Hoffnung in Holly. Auf dem Friedhof war er so entsetzt gewesen sie erinnerte sich an Jims leeren, eiskalten Blick , daß sie zu zweifeln begonnen hatte, ob er seine phänomenale Kraft nach innen richten und sich damit heilen konnte. Im Park hatte sie einige schreckliche Sekunden lang geglaubt, daß seine dünne Hülle der Rationalität zerbrach und geballten Wahnsinn freisetzte. Aber er blieb er selbst, und jetzt schien Neugier die Furcht zu besiegen.
    Eloise Glynn hatte ein anderes Zimmer aufgesucht, um Bücher zu sortieren. Niemand sonst war in der Bibliothek.
    Holly konzentrierte sich wieder auf das Buch und las noch schneller. Mitten in der Geschichte, bei der zweiten Begegnung zwischen Jim Jamison und dem Außerirdischen, erklärte das fremde Wesen, es sei eine Entität, die >IN ALLEN ASPEKTEN DER ZEIT< lebte, in die Zukunft sehen konnte und das Leben von Menschen retten wollte, denen der Tod drohte.
    »Da soll mich doch der Schlag treffen«, murmelte Jim.
    Von einem Augenblick zum anderen formte sich vor Hollys innerem Auge eine so detaillierte Vision, daß sie die Realität der Bibliothek vollkommen verdrängte. Sie sah sich selbst, nackt an eine Wand genagelt, in einer gräßlichen Parodie auf die Kreuzigung. Blut tropfte von Händen und Füßen (eine Stimme flüsterte: stirb, stirb, stirb), und sie öffnete den Mund, um zu schreien, aber ihrer Kehle entrang sich kein Laut, statt dessen krochen Dutzende von Kakerlaken zwischen den Lippen hervor, und sie begriff, daß sie bereits tot war (stirb, stirb, stirb), in ihrem halbverwesten Leichnam wimmelte es von Würmern und Käfern …
    Das entsetzliche Bild verschwand ebenso plötzlich, wie es entstanden war, und sie kehrte jäh in die Bibliothek zurück.
    »Holly?« Jim musterte sie besorgt.
    Ein Teil von ihm hatte ihr diese schauderhafte Vision geschickt - daran konnte überhaupt kein Zweifel bestehen. Doch der Jim, den sie nun ansah, war nicht dafür verantwortlich. Das finstere Kind in ihm, der haßerfüllte, mörderische Feind, setzte nun eine neue Waffe ein.
    »Alles in Ordnung«, erwiderte Holly möglichst ruhig. »Es ist alles in Ordnung.«
    Aber in ihrem Innern herrschte Aufruhr. Die grauenhafte Szene desorientierte sie und ließ immer mehr Übelkeit in ihr entstehen.
    Es kostete sie erhebliche Mühe, ihre Aufmerksamkeit wieder auf Die schwarze Windmühle zu richten.
    Der Mann, den Jim Jamison retten sollte, so erklärte der Freund, war Kandidat für die Wahl des nächsten amerikanischen Präsidenten. Er würde bald Jims Heimatstadt besuchen und dort einen Mordanschlag zum Opfer fallen. Das fremde Wesen wollte ihn retten, weil >ER ZU EINEM GROSSEN STAATSMANN UND FRIEDENSSTIFTER WIRD, DER DIE WELT VOR EINEM VERHEERENDEN KRIEG BEWAHRT<. Der Freund mußte seine Präsenz auf der Erde geheimhalten, und deshalb sollte Jim Jamison die Pläne des Attentäters vereiteln. >DU WIRST IHM EINE RETTUNGSLEINE ZUWERFEN, JIM.<
    Der Roman erwähnte keine böse extraterrestrische Präsenz. Der Feind ging allein auf Jim Ironhearts Fantasie zurück, symbolisierte seinen eigenen Zorn und Selbsthaß, und er trennte diese Empfindungen vom bewußten Ich, um sie zu kontrollieren.
    Innere Statik knisterte, als eine zweite Vision durch Hollys Gedanken flutete, so intensiv, daß sie die reale Welt fortschob. Sie lag in einem Sarg, tot und sich gleichzeitig ihres Zustands bewußt. Würmer fraßen in ihr (stirb, stirb, stirb), sie nahm den abscheulichen Gestank ihres verwesenden Körpers wahr, sah ihr halbverfaultes Gesicht als Spiegelbild am Sargdeckel. Sie hob knochige Fäuste, trommelte an dickes Holz und hörte deutlich, wie das Pochen durch die Erde darüber hallte…
    Wieder die Bibliothek.
    »Um Himmels willen, Holly, was ist los?«
    »Nichts.«
    »Holly?«
    »Nichts«, wiederholte sie. Es wäre ein Fehler gewesen, zuzugeben, daß sie sich von der neuen Taktik

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