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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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schlechten Gewissen aufgehalten?
    Werner hatte den Namen von Walz’ Ehemann in Osswalds Liste gefunden. Im Keller der Heuschrecke hing auch die passende Todesanzeige, zusammen mit denen der beiden Kinder, die er in seinen Freitod mitgenommen hatte. War die Frau nach zehn Jahren erneut losgezogen, um die einst vereitelte Rache nun zu vollenden? Damit hätte sie einen guten Grund, ihrer Vorladung nicht nachzukommen.
    Kristina drehte Finckhs Tischventilator so, dass er ihr direkt ins Gesicht blies. Wenn es diese Morde nicht schafften, sie verrückt zu machen, dann die Hitze im Büro. Mittlerweile beschränkte sie sich darauf, ein luftiges Trägertop zu tragen. Wenn das mit den Höchsttemperaturen so weiterging, würde sie wohl auch noch auf kurze Hosen zurückgreifen, selbst wenn das noch mehr unnötige Blicke von männlichen Kollegen auf sie zog.
    Von der Brandleiche stand nichts in der Zeitung, Franz Schweizer hatte dichtgehalten. Sie legte die Tageszeitung beiseite, die sie zwischenzeitlich unter dem Aktenstapel hervorgezogen hatte, und blätterte sich weiter durch Werner Finckhs Hinterlassenschaft.
    Auf einem gelben Post-it hatte er ihr eine kanadische Telefonnummer notiert und an den Bildschirm ihres Rechners geklebt. Sie war nicht sicher, wie spät es in Vancouver war, aber definitiv zu früh, um dort anzurufen.
    Die Kollegen Winkler und Lachenmeier waren nach einer kurzen Lagebesprechung ins Nachbarbüro verschwunden, um sich weiter durch die Akten der Attpoes Corporation zu wühlen. Ihre gestrige Suche nach der ehemaligen Putzfrau von Egon Osswald war erfolglos geblieben. Der von Retter versprochene zusätzliche Mann würde erst am Montag zu ihnen stoßen. Es klemmte an allen Ecken, das war schlichtweg zum Verzweifeln. Zwei so vertrackte Fälle, ausgerechnet in den Sommerferien. Das hätte selbst Holle ins Schwitzen gebracht.
    Traurigkeit befiel sie beim Gedanken an den väterlichen Freund. Er hätte gewusst, was zu tun wäre. Sie nahm sich vor, ihn bald zu besuchen, auch wenn es schwerfiel, ihn so zu sehen. Die beiden letzten Male hatten ihre Besuche mit Tränen in den Augen geendet.
    Kristina strich sich die vom Ventilator zerzausten Haare aus dem Gesicht und griff nach der nächsten Notiz.
    Sampo war mit seiner Gästeliste nicht weitergekommen. Und sie selbst hatte von ihrer Stippvisite im Schwäbischen Wald ebenfalls nicht viel Neues mitgebracht. Abgesehen von einem schwächelnden Verdacht gegenüber den Mezgers und der Dringlichkeit, den Gärtner zu finden.
    Wir treten auf der Stelle, stehen still wie die heiße Luft, die zäh über der Stadt liegt.
    Sie dachte an ihr Auto auf dem Rastplatz an der B14. Konnte sie Kai darum bitten, es abzuholen? Sie könnte Daniel Wolf mit ihm hinschicken.
    Ihr Chauffeur und ihr Exfreund! Absurd, auf keinen Fall!
    Das Schrillen ihres Telefons holte sie aus ihren Überlegungen.
    »Hier ist Bianca Novák.«
    Kristina antwortete mit einem zögerlichen »Ja?«.
    »Sie haben bei meiner Nachbarin eine Karte hinterlassen«, half ihr die Reinigungskraft mit osteuropäischem Akzent auf die Sprünge.
    »Danke, dass Sie sich melden.«
    »Ich weiß gar nicht …«
    »Es geht um einen ehemaligen Kunden von Ihnen, Egon Osswald.«
    Für mehrere Atemzüge herrschte Schweigen. »Das ist schon vier Jahre her«, antwortete Bianca Novák schließlich. »Was soll das?«
    »Mich interessiert trotzdem, was damals zwischen Ihnen und diesem Mann vorgefallen ist.«
    »Seine Lüge hat mich um meinen Job gebracht. Das ist vorgefallen!«, blaffte die Frau ins Telefon.
    »Er behauptete, Sie hätten ihm eine Uhr gestohlen.«
    »Das war gelogen!«
    »Warum hätte er sich das ausdenken sollen?«
    »Weil er verrückt ist. Im Nachhinein sollte ich froh sein«, erklärte sie.
    Kristina hätte ihr gern in die Augen geschaut. Eine Anhörung am Telefon war niemals so aufschlussreich wie ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht. »Warum halten Sie ihn für verrückt?«
    »Ich kann es nicht erklären«, gab Bianca Novák an.
    »Sie waren in seinem Keller, in diesem Raum, den Sie nicht betreten sollten, nicht wahr?«
    »Woher …«
    »Man hat Egon Osswald vor zwei Tagen tot aufgefunden«, erklärte Kristina.
    »Ich wusste, dass die Fresserei ihn irgendwann umbringt.«
    »Es war Mord.«
    Aus dem Hörer drang ein tiefer Seufzer.
    Bestürzung, Erleichterung oder Resignation? Kristina vermochte es nicht zu deuten, aber die Erwähnung der Todesursache bewirkte eine Veränderung bei ihrer Gesprächspartnerin.
    Zögerlich

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