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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Nachttopf auf einer Seite sehen. Ein Holzteller, auf dem sich Essen befunden hatte – Brot, Käse und Wasser –, stand neben der Pritsche. Es lagen nicht einmal mehr Krümel auf dem Teller. Auch die Chorl hatten gehungert; im vergangenen Winter waren keinerlei Lebensmittel vergeudet worden. An der gegenüberliegenden Wand stand mit angespanntem Körper, einer ausgestreckten Hand und hochmütig erhobenem Kinn …
    Eine Begabte der Chorl.
    Der Hass, den ich mit einem Mal empfand, kam schlagartig und schmeckte bitter wie Galle. Er schnürte mir die Brust zu wie ein Eisenring, sodass ich kaum noch atmen konnte.
    Hinter mir hörte ich, wie Keven befahl, Fackeln zu holen. Flackerndes Licht erhellte den Raum und ließ das lange schwarze Haar und das schmutzige grüne Kleid der Begabten der Chorl erkennen. Ihre Haltung veränderte sich nicht. Ihre Nasenflügel blähten sich, als ihr finsterer Blick durch den Raum zuckte und den Gardisten folgte, die sich hinter Eryn und mir aufstellten. Doch die Chorl versuchte nicht, den Fluss zu verwenden, der von Eryn als »die Sicht« bezeichnet wurde.
    Ihre Angst erfüllte den Raum; es roch nach Ausscheidungen und verfaultem Fisch. Seit zwei Wochen war sie in diesem Verlies eingesperrt. Die Begabten des Palasts brachten ihr Essen, leerten den Nachttopf und wechselten das Stroh ihrer Pritsche.
    Nach dem ersten Tag hatte niemand mehr versucht, mit ihr zu reden. Wir hatten uns um andere Dinge kümmern müssen.
    Nun starrte ich die Chorl durch das kleine Verlies finster anund dachte an die Zerstörungen in der Stadt, an die vielen Männer und Frauen, die gestorben waren, und an Erick. Der Trotz in ihren Augen und die kalte Ausstrahlung ihrer blau getönten Haut erregten meinen Zorn und ließen das eiserne Band um meine Brust noch enger werden.
    »Was habt ihr mit Erick gemacht?«, fragte ich mit harter Stimme.
    Eryn strahlte verwirrtes Erschrecken aus, das ich im Fluss spürte. Die Gardisten rückten vor, als ihr Argwohn in Zorn überging.
    Die Chorl nahm die Veränderung augenblicklich wahr. Ihre Blicke huschten zu den Gardisten, dann wieder zu mir. Sie hatte nicht verstanden, was ich gesagt hatte, da sie die Küstensprache nicht beherrschte, doch sie konnte die Wut aus meinen Worten heraushören.
    Der Geruch ihrer Angst wurde stärker. Unsicher schlug sie mit dem Fluss nach mir. Ich wehrte den Wirbel ab, trat zwei rasche Schritte vor, schlang die Hand um ihre Kehle, stieß sie gegen die Steinmauer zurück und drückte zu. Ihre Haut fühlte sich glatt an, und ich spürte, wie ihr Blut unter meinen Fingern pulsierte. Sie schluckte und keuchte, als der Druck auf ihre Luftröhre ihr den Atem nahm. Ihre Hände krallten sich um mein Handgelenk, und sie würgte in ihrer Sprache etwas hervor, das sich wie ein Fluch anhörte. In ihren schwarzen Augen funkelte Hass. Doch abgesehen von den Händen, die an meinem Arm kratzten, wehrte sie sich nicht.
    Ich hätte zudrücken können, bis sie die Besinnung verlor. Oder ich konnte mit der Handfläche zustoßen, ihr den Kehlkopf zerschmettern und sie töten.
    »Was habt ihr mit Erick gemacht?«, wiederholte ich.
    »Varis«, sagte Eryn hinter mir. Ihre Stimme klang ruhig; dennoch lag Missbilligung darin. »Varis, sie kann dir nicht antworten. Sie versteht nicht, was du sagst.«
    Ich schenkte ihr keine Beachtung, richtete alle Aufmerksamkeitauf die Chorl-Begabte und ihre blaustichige Haut. Der bloße Anblick dieser Haut schürte meinen Zorn, zumal dabei Bilder vom Angriff auf die Stadt vor meinen Augen erschienen – Bilder von Feuer, von explodierenden Wachtürmen, brennenden Schiffen und Gebäuden, von einstürzenden Mauern. Und alles wegen dieser Kreaturen. Wegen ihr .
    Ich biss die Zähne zusammen, drückte fester zu, schnürte ihr den Atem ab.
    Ihre Augen weiteten sich jäh, und zum ersten Mal sah ich Furcht darin.
    Und ich sah noch etwas.
    Sie war jünger als ich. Um die vierzehn Jahre, vielleicht noch jünger.
    So alt war ich gewesen, als Erick mich am Siel gefunden hatte.
    Mein Hass verebbte, und ich stockte angesichts ihrer instinktiven Furcht.
    Ich lockerte den Griff, und sie sog gierig die Luft ein. Die Hände, die sich um mein Gelenk geschlossen hatten, lösten sich. Ich wich zurück und ließ sie los.
    Als ich mich umdrehte, sank sie gegen die Wand und bedachte mich mit einem hasserfüllten Blick, dem ich keine Beachtung schenkte.
    »Indem du sie bedrohst, wirst du gar nichts aus ihr herausbekommen«, sagte Eryn leise, aber entschieden, als

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