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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Körper zum Liegen kam und der Kopf zur Seite rollte. Die Wunde war offensichtlich.
    Mehrere Chorl sogen scharf die Luft ein und stießen Laute hervor, die nach Entsetzen klangen, nach Grauen. Besorgtes Raunen durchlief die Reihen.
    Bis Atlatik einen Befehl rief, worauf alle verstummten.
    Er starrte mir in die Augen, und ich sah ihn vor dem Schilfthron stehen, den die Ochea in ihrem Heimatland benutzt hatte. Damals hatte sie gewusst, dass die Krieger den Priestern folgen würden. Ihr war klar gewesen, dass die Krieger an sie und an Haqtl glaubten, daran, was er sagte. Um sie zu beherrschen, hatte die Ochea durch die Priester gewirkt. Sie hatte Haqtl beeinflusst, um zu bekommen, was sie wollte.
    Ihren Oberpriester tot zu sehen, hatte Furcht in die Reihen der Chorl gesät, und für Atlatik gab es keine Hoffnung, dieser sich ausbreitenden Furcht Herr zu werden.
    Atlatik wusste das. Ich konnte es ihm an den Augen ablesen, sah es in seiner verbissenen Miene.
    »Es ist vorbei«, wiederholte ich, diesmal eindringlicher.
    Er verengte die Augen zu Schlitzen. Sein Blick löste sich von mir und schweifte prüfend über die hinter mir formierte Armee des Fürsten March. In der Ferne setzte sich die Schlacht im Hafen fort. Der Widerhall des Lärms von dort verlor sich hier auf den Straßen des nördlichen Viertels fast völlig.
    Atlatik hatte genug Männer dabei, um Fürst March hier zu besiegen. Vielleicht wäre er sogar in der Lage, den Hafen einzunehmen.
    Aber weil Haqtl tot war, würde er niemals den Thron erobern können. Und das wiederum bedeutete, dass er auch die Stadt nicht erobern und halten konnte.
    Er wandte sich wieder mir zu, und einen Lidschlag langdachte ich, er würde weitermachen. Lieber kämpfend sterben, als sich zurückzuziehen; lieber sterben, als eine Niederlage hinzunehmen; lieber sterben, als sich gefangen nehmen zu lassen.
    Ein höhnisches Lächeln huschte über seine Züge. »Wenn wir gehen, ihr folgen. Ihr uns töten.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Wir lassen euch gehen, und ihr braucht keinen Angriff zu fürchten.« Dann versteifte ich mich, verdichtete den Fluss um mich und ließ seine Bedrohung in meine Stimme einfließen. »Aber ihr müsst euch zur Bootsmannsbucht zurückziehen. Und ihr müsst dort bleiben. Andernfalls werden wir euch angreifen und vernichten.«
    Seine Nasenflügel blähten sich, und sein Schwert verlagerte sich in seinem Griff. Die Männer hinter ihm spannten sich kampfbereit an.
    Dann aber senkte er den Kopf. »Wir werden … gehen.«
    Seine Stimme war voller Verachtung und Hass.
    Ich nickte. »Dann geht.«
    Kurz harrte er noch aus. Seine Kiefermuskeln zuckten …
    Dann drehte er sich um, gab mit einer Hand ein Zeichen und rief irgendetwas.
    Ein Horn wurde geblasen. Es gab keine metallenen Töne von sich wie eines von Fürst Marchs Hörnern, sondern tiefere, pulsierende Laute, wie sie den Chorl-Muscheln eigen waren. Aus Richtung des Hafens erscholl zur Antwort ein ähnlicher Klang.
    Die Chorl-Streitkräfte gruppierten sich langsam um, wobei die Krieger sich ebenso widerwillig bewegten wie Atlatik.
    Dieser drehte noch einmal den Kopf und starrte auf Haqtls Leiche. Dann spuckte er höhnisch zur Seite aus und fauchte in der Sprache der Chorl einen Befehl.
    Eine Gruppe der Chorl-Krieger kam herbeigerannt, ergriff den Leichnam des Chorl-Priesters, hob ihn rasch und ohne Ehrfurcht hoch und kehrte in die Reihen der Chorl zurück.
    Atlatik hielt inne, bedachte mich mit einem letzten unlesbaren Blick …
    Dann drehte er sich um und verschwand in den Reihen seiner Krieger.
    »Das war bemerkenswert«, murmelte Erick.
    Ich schauderte. Eine Anspannung, die ich gar nicht bemerkt hatte, floss aus mir ab, und meine Hand löste sich vom Griff meines Dolchs.
    »Kommt«, sagte ich und kehrte zu Fürst March und dessen Gefolge, zu General Daeriun und zum Protektorat zurück. Vor Fürst March blieb ich stehen. Ich spürte die Rastlosigkeit der Männer, die rings um ihn standen.
    »Die Streitkräfte der Chorl ziehen sich zurück«, verkündete ich. »Sie haben eingewilligt zu gehen, wenn Ihr sie unbehelligt ziehen lasst. Sie werden zur Bootsmannsbucht zurückkehren. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr versuchen, sie niederzumetzeln, aber sie haben mehr Männer als Ihr, und sie haben ihre Priester und Begabten – mehr Begabte als Ihr. Ich würde sie gehen lassen.«
    Fürst March sog tief die Luft ein und entließ sie mit einem schweren Seufzen. »Sie haben die Boreaite-Inseln, die Bootsmannsbucht und das

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