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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Fischer die Haremsdame an. Doch sie lächelte nur geheimnisvoll und schüttelte den Kopf. ›Weißt du das nicht, mein über alles Geliebter?‹, entgegnete sie in gespieltem Vorwurf. ›Weißt du das wirklich nicht? Du musst den Ort selbst herausfinden – wenn ich es dir sage, ist der Zauber zerstört!‹ Welcher Zauber?, fragte sich Hüseyin erschrocken. War Mihrimâh etwa eine Magierin, in deren Bann er geraten war? Doch sie schüttelte wieder den Kopf, als sie seine Verwirrung bemerkte, und nahm die Rose ab, die in ihrem Ausschnitt steckte. Sie hauchte einen Kuss auf die vollendete rosafarbene Blüte und reichte sie ihm. ›Da, nimm, sie wird dir den Weg zeigen!‹, hauchte sie und verschwand.«
    Johanna stand von ihrem Thron auf und trat einen Schritt vor. Erst als sie eine leichte Verbeugung andeutete, begriffen ihre Zuhörer, dass die Vorführung für diesen Abend beendet war. Tosender Applaus entbrannte, in den sich einzelne »Zugabe!«-Rufe mischten. Dann erhoben sich auch die Leute von ihren Sitzen, begannen sich im Hof zu verströmen, die Gebäckstücke und Getränke entgegenzunehmen, die ihnen gereicht wurden, und sich über das eben Gehörte oder andere Themen miteinander auszutauschen.
    Gabriel, der sich vor dem plötzlichen Gedränge im Hof auf die Gasse geflüchtet hatte, blieb unschlüssig stehen. Er hatte nicht sehen können, wohin Johanna gegangen war, nachdem sie das Podium verlassen hatte. Nur ihre Worte – Mihrimâhs Worte – hallten in seinem Kopf wider. Wie eine Beschwörung meinte er den rätselhaften Satz zu vernehmen: »Du musst den Ort selbst herausfinden …« Was hatte sie damit bloß gemeint? Hatte sie überhaupt etwas damit gemeint, das auf ihn bezogen war? Auf seine Liebe zu ihr und ihre Liebe zu ihm? Oder war sie einfach nur eine hervorragende Geschichtenerzählerin, eine Magierin des gesprochenen Wortes, in deren Bann er geraten war wie der naive junge Fischer in den der Haremsdame?
    Eine Hand legte sich von hinten auf seine Schulter. Gabriel fuhr herum.
    »Was machen Sie denn hier?«
    Die Frau in dem bunten Kleid, die ihr blondes Haar ähnlich nachlässig wie Johanna unter einem Seidentuch verborgen hatte, strahlte ihn an. Unter den Arm hatte sie einen der großen Steinkrüge geklemmt, aus denen die Mägde den Gästen zu trinken eingeschenkt hatten.
    »Sie sind doch Johannas Geiger, oder?« Sie hatte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern herabgesenkt. »Der Italiener aus Venedig? Wir haben uns vor ein paar Monaten bei Ludwig … ich meine natürlich, bei Herrn Haldersleben im Laden kennengelernt – wissen Sie noch? Ich bin Elisabeth, Johannas Freundin.«
    Gabriel nickte und reichte ihr zerstreut die Hand.
    »Hier können Sie aber auf keinen Fall bleiben! Johanna kommt in Teufels Küche, wenn Sie jemand entdeckt. Und Sie auch!« Nervös blickte sie sich um. »Ich weiß gar nicht, wo Johanna hingegangen ist. Ach, wissen Sie was? Sie kommen jetzt am besten mit mir mit. Ich zeige Ihnen ein Zimmer, wo wir Sie verstecken werden, bis Johanna sich um Sie kümmern kann. Sie wollten doch zu ihr, oder?« Ohne seine Antwort abzuwarten, plapperte sie weiter: »Wir sind eigentlich restlos ausgebucht. Die Messegäste sind noch nicht wieder abgereist. Aber ich habe eine Idee, wo wir noch ein Plätzchen für Sie finden. Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Zimmer!«
    Mit ihren tänzelnden Schritten eilte sie vor ihm her auf den Eingang der Coffeemühle zu.
    »Wir gehen hier entlang, da ist es nicht so voll!«, rief sie ihm zu und schleuste ihn durch die Gaststube, in der nun wieder etwas mehr Leben herrschte, in Richtung Treppenturm.
    Gabriel schaute sich um. Wo war Johanna? Hatte sie sich vielleicht hierhin zurückgezogen, um dem Ansturm ihrer Gäste im Hof zu entfliehen? Doch er sah nur Schosch, ihren tumben Gehilfen, der sich an der Rösttrommel zu schaffen machte und dabei leise vor sich hin fluchte.
    »Haben Sie gar kein Gepäck dabei?«, hörte Elisabeth nicht auf zu schwatzen, während sie den Treppenturm betraten. »Na ja, Sie können es ja auch später noch holen … Leider ist das Zimmer, das wir Ihnen anbieten können, direkt unter dem Dach. Und nicht eben groß. Wie gesagt, es ist unser letztes. Eigentlich vermieten wir es auch gar nicht mehr, aber seit ich bei …«
    Sie biss sich auf die Lippen, als hätte sie etwas Falsches gesagt, und setzte ihren Aufstieg nunmehr schweigend fort. Lediglich eine schmale Leiter führte noch weiter nach oben, konnte Gabriel sehen, als Elisabeth

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