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Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Titel: Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Schneidmüller
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römischen Kirche Besitz und Hoheitsrechte. Die Zubilligung päpstlicher Gerichtshoheit erfolgte unter dem Vorbehalt eines kaiserlichen Interzessionsrechts. Es ermöglichte auch den kaiserlichen Einfluss auf die Erhebungen der Päpste. Den Römern wurde zwar das Recht kanonischer Wahl zugestanden, doch der Gewählte musste seine Erhebung anzeigen und die Bindung an die Frankenherrscher bestätigen.
    Der fromme Ludwig hatte sich mit der Reimser Salbung nicht festgelegt. Im Juli 817 nutzte auch er den Traditionsort Aachen für die Weitergabe der Herrschaft in der Familie. Mit den Großen des Reichs und seinen drei Söhnen Lothar I., Ludwig II. und Pippin beschwor er fest und unverbrüchlich eine Nachfolgeregelung, die später so bezeichnete «Ordnung des Kaisertums»
(Ordinatio imperii).
Allein der älteste Sohn Lothar sollte im Kaisertum folgen und seinen jüngeren Brüdern voran stehen. Gegen die alte fränkische Gewohnheit gleicher Anteile erhielten Ludwig und Pippin erheblich verkleinerte Herrschaftsbereiche. Die 817 eingerichteten Reiche sollten auch nicht mehr weiter geteilt werden. Mit Zustimmung des Adels gab Ludwig der Fromme wie 813 das Kaisertum mit eigener Hand, ohne geistliche Vermittlung, an den Sohn weiter.
    817 war das Kaisertum wichtiger als die Einheit von Dynastie und Frankenreich. Doch allzu bald erhielt das neue Gefüge erste Risse. Aus einer zweiten Ehe Ludwigs mit Kaiserin Judith ging 823 ein vierter Sohn hervor, Karl II. («der Kahle»). Seine Ausstattung mit einem angemessenen Teil des Frankenreichs musste auf Kosten der älteren Brüder gehen. Während der Schwangerschaft der Kaiserin folgte Lothar, der auf väterlichen Befehl inItalien regierte, einer päpstlichen Einladung nach Rom. Im Petersdom erhielt er am Osterfest «die Krone des Reichs und den Namen Kaiser und Augustus» (fränkische Reichsannalen). Zum ersten Mal nach Weihnachten 800 wurde der Ort des Apostelgrabs damit zum liturgischen Schauplatz des imperialen Erhebungsakts.
    Mit der einen Ausnahme Lamberts 892 in Ravenna begann 823 die beständige mittelalterliche Tradition römischer Kaiserkrönungen. Im Rückblick schuf Lothars Zug zum Apostelgrab in doppelter Weise Regeln: Rom wurde damals zum einzigen kaiserlichen Krönungsort, und nur die Päpste besaßen die Autorität zum liturgischen Weiheakt. Selbst die vermeintliche Ausnahme der ersten Kaiserkrönung Ludwigs IV. 1328 ohne Papst rief eine solche Sehnsucht nach dem korrekten Ritual hervor, dass bald ein Gegenpapst den «ordnungsgemäßen» Erhebungsakt nachholen musste.
    Bei Lothars Rückkehr zum Vater war gerade der jüngste Bruder Karl geboren. Ludwig der Fromme und Judith banden den Mitkaiser in die familiäre Fürsorge ein und machten Lothar zum Taufpaten. Doch als die Eltern seit 829 für Karl ein eigenes Teilreich schaffen wollten, zerbrach die karolingische Eintracht. In ständig wechselnden Konstellationen kämpften der kaiserliche Vater und seine Söhne über Jahre mit- und gegeneinander. Die öffentliche Herrscherbuße und der Thronverzicht, zu dem Ludwig der Fromme 833 genötigt wurde, erschütterten das Reich. Der Autoritätsverlust des karolingischen Kaisertums kaum zwanzig Jahre nach dem Tod Karls des Großen hätte nicht deutlicher ausfallen können. In Soissons warf sich Ludwig I. im Beisein des ältesten Sohns, der Geistlichkeit, des Adels und zahlreicher Zuschauer aus dem Volk bußfertig vor dem Altar zu Boden und bekannte wiederholt mit lauter Stimme seine unwürdige Amtsführung. Die Bischöfe überreichten ihm ein Verzeichnis seiner vielfältigen Vergehen. Ludwig ließ die Anklageschrift mit seinem Schwertgurt auf dem Altar niederlegen und empfing als Exkommunizierter das Büßergewand. Als er in tiefster Erniedrigung und Haft war, drehte sich das Glücksrad. 835 wurde Ludwig I. wieder zum Akteur, und Lothar I. geriet in dieDefensive. Beständige Unsicherheit prägte die Zeit. In vielen Parteiwechseln ging der Vorrang des Kaisertums verloren.
    Am 20. Juni 840 starb Ludwig der Fromme auf einer Rheininsel bei Ingelheim. Vergleicht man das Frankenreich im Jahr seines Todes mit dem Zustand beim Sterben Karls des Großen 814, so könnten die Unterschiede kaum größer sein. Der anonyme Biograph meldete noch die finale Übersendung der Krone und des mit Gold und Edelsteinen ausgelegten Schwerts an Lothar, zur Sicherung der Kaiserin Judith wie ihres Sohns Karl. Doch der Bruderkrieg dauerte in wechselnden Bündnissen bis zur Erschöpfung der Streitparteien im

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