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Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Titel: Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Schneidmüller
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dies für die Auswahl von Weihnachten als Krönungstag wichtig wurde.
    Nachdem sich Papst Leo III. vor einem Konzil im Petersdom durch einen Eid von allen Anschuldigungen seiner Gegner gereinigt hatte, beschlossen Papst und Konzil die Erhebung Karls zum Kaiser. Im Besitz des kaiserlichen Namens konnte Karl in Rom Gericht über Leos Gegner abhalten. Es war sein letzter Besuch in der Apostelstadt. Seine gesteigerte Würde nutzte Karl zur Durchsetzung seiner Herrschaft im Reich. Als allerchristlichster Kaiser verlangte er von seinen Franken 802 einen Treueid auf den «Namen des Kaisers»
(nomen caesaris).
Dann suchte er mit rastloser Energie, Kirche und Recht zu ordnen, Bildung und Wissenschaft zu befördern, das Richtige durchzusetzen und das Reich Gottes vorzubereiten. Von weither kamen Gesandte in Karls Reich.
    Der Ausgleich mit Byzanz brauchte etwas Zeit. Lange maßen Franken und Byzantiner im nördlichen Adriaraum und in Dalmatien militärisch ihre Kräfte. Erst als das oströmische Reich gegen die Bulgaren zunehmend unter Druck geriet, schickte Kaiser Michael I. (811–813) im Sommer 812 Gesandte zur Akklamation Karls als Basileus nach Aachen. Jetzt war das westliche Kaisertum anerkannt, nicht aber sein römischer Name. Während sich die byzantinischen Herrscher programmatisch «Kaiser der Römer» nannten, verzichteten Karl und seine Nachfolger bis zu Otto II. (973–983) auf jeden Rombezug im Titel.
    Trotz dieses diplomatischen Erfolgs ließen äußere Bedrohungen, enttäuschte familiäre Hoffnungen und zunehmende Gebrechlichkeit dem Kaiser nur noch wenig Zeit. In seinen letzten Jahren machte er Aachen zum residenzartigen Zentrum und versammelte hier einen höfischen Beraterkreis zum Ruhm der kaiserlichen Herrschaft. Die beiden Söhne Karl und Pippin starben vor Karl und machten damit alle Pläne von Reichsteilungund Thronfolge hinfällig. Noch brach der Gegensatz zwischen der bewährten gleichmäßigen Teilung des Frankenreichs unter alle regierungsfähigen Söhne und der Unteilbarkeit des Kaisertums nicht auf. Den einzig verbliebenen Sohn Ludwig (den Frommen, † 840) ließ der Vater im September 813 aus dem fernen Aquitanien für kurze Zeit nach Aachen kommen. Hier wurde die Nachfolge geordnet und das fränkische Verständnis vom Kaisertum präsentiert.
    Die Auswahl des Orts machte im Abstand von kaum 13 Jahren die Abkehr von der päpstlichen Kaiserkrönung in Rom offenkundig. Wieder geben die wichtigsten Quellen kein einheitliches Bild, doch 813 konkurrierten noch keine fränkischen Erinnerungen mit päpstlichen. Mit den fränkischen Reichsannalen und zwei Lebensbeschreibungen Ludwigs des Frommen besitzen wir nur fränkische Berichte. Bei Unterschieden im Ritual entwarfen sie das Bild größter Harmonie zwischen Vater und Sohn. Folgt man dem Ludwigsleben Thegans, so fragte Karl die Versammlung in der Aachener Pfalz, ob ein jeder mit der Übertragung seines kaiserlichen Namens
(nomen suum, id est imperatoris)
auf den Sohn einverstanden sei. Nach dem zustimmenden Wahlakt schritt Karl im königlichen Schmuck am folgenden Sonntag, dem 11. September 813, zum Hauptaltar der Marienkirche. Dorthin ließ er eine goldene Krone stellen, eine andere als die von ihm selbst getragene. Dem Sohn hielt er eine belehrende Rede, schärfte ihm die herrscherlichen Tugenden ein und nahm ihm ein Gehorsamsversprechen ab. «Dann aber befahl ihm der Vater, die Krone, welche auf dem Altar lag, mit eigener Hand zu nehmen und sich auf das Haupt zu setzen zur Erinnerung aller Gebote, welche ihm der Vater gegeben hatte. Er aber vollzog den Befehl des Vaters. Hierauf hörten sie die Messe und gingen dann zusammen nach dem Palast. Denn der Sohn stützte den Vater auf dem Hinweg und auf dem Rückweg, wie überhaupt so lange er beim Vater war. Wenige Tage darauf beehrte ihn sein Vater mit vielen und reichen Geschenken und entließ ihn nach Aquitanien. Ehe sie sich aber trennten, umarmten und küssten sie sich, und aus Freude über ihre Liebe fingen sie an zu weinen.»
    Gegen Thegans Bericht von Ludwigs Selbstkrönung erzählten Einhart, die fränkischen Reichsannalen und eine anonyme Lebensbeschreibung Ludwigs, Karl habe seinem Sohn die Krone aufs Haupt gesetzt. Ob der Vater krönte oder der Sohn auf väterliche Weisung handelte, kann nicht entschieden werden. Sicher ist aber der bewusste Bruch mit dem römischen Krönungsritual von 800: das fränkische Aachen als neuer Krönungsort, die Ausschaltung der Geistlichkeit, die Weitergabe des

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