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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Diese Auserwähltheits-Ideologie
     übernahm Severus Alexander, als er nach dem syrischen Zwischenspiel Elagabals sein Römertum hervorkehrte (Hist. Aug. Sev.
     Alex. 28, 7) und dementsprechend seine Herrschermacht von Jupiter ableitete: Auf Medaillons erhielt er von ihm den Globus
     überreicht, mehr noch: Jupiter verkündete, daß nun für die Welt eine Glückszeit anbreche (F. Gnecchi, I medaglioni romani
     II, 79   /   80, Nr. 4   /   5).
    Die Feststellung, daß unter den severischen Kaisern das Ansehen |188| der römischen Götter als Garanten des Staatswohls keine Einbußen erfuhr, hat nichts damit zu tun, daß in der gleichen Zeit
     die Verehrung fremder Götter weiter (vgl. oben S. 139) zunahm. Für Sarapis und Isis bezeugt dies der bereits erwähnte Tempelbau
     Caracallas, aber vielleicht mehr noch die Inbrunst, mit der Isis von ihrer Anhängerschaft angerufen wurde; die vielgelesenen
     ›Metamorpho sen ‹ (11, 25, 1   –   6) des Apuleius von Madaurus/Numidien (um 170) sind dafür ein berühmtes Beispiel. Die Dea Caelestis war schon auf Münzen des
     Septimius Severus in Erscheinung getreten (Rom. Imp. Coin. IV, 1, 125, Nr. 266) und hatte eine Weihung wie die aus Mainz (Corp.
     Inscr. Lat. XIII 6671), in der Iulia Domna mit ihr identifiziert wurde, hervorgerufen, ehe Elagabal sie von Carthago nach
     Rom holte, wo sie dann blieb und Verehrung genoß (s. o.). Am deutlichsten machte sich die Ausbreitung des Mithras-Kultes bemerkbar.
     Eine Vielzahl von Mithräen entstand in der Severerzeit, und zwar ‘weltweit’; in Rom sind die unter S. Prisca auf dem Aventin
     und S. Clemente in der Nähe des Kolosseums die bekanntesten. Nicht in gleichem Umfang wie Mithras, aber doch beachtenswert
     nahm Iupiter Dolichenus die Menschen im Imperium Romanum für sich ein: Er wurde als Gott auf dem Stier dargestellt, der entsprechend
     seiner Herkunft aus Doliche/Kommagene die phrygische Mütze trug. Blitz und Beil waren seine Attribute. In Rom hatte Iupiter
     Dolichenus u. a. ein Heiligtum auf dem Aventin (bei S. Sabina), aus dem die Statuette im Kapitolinischen Museum stammt, welche
     wahrscheinlich in die severische Zeit gehört.

An der Sonderstellung der Juden als Religionsgemeinschaft im Römischen Reich hatte sich trotz des Bar-Kokhba-Aufstands (oben
     S. 160) nichts geändert. Es war sogar dahin gekommen, daß das Beschneidungsverbot Hadrians, welches den Aufstand mitveranlaßt
     hatte, insoweit zurückgenommen wurde, als es auf Nichtjuden beschränkt wurde; Söhne von Juden durften nach einer Verfügung
     des Antoninus Pius beschnitten werden (Dig. 48, 8, 11 pr.). Mit dieser Regelung, d. h. ihrer mutmaßlichen Mißachtung, sah
     Septimius Severus sich konfrontiert, als er 199 auf dem Weg von Syrien nach Ägypten die Provinz Palästina berührte und die
     wiedererstehenden Synagogen als Zeichen aufblühenden religiösen Lebens wahrnahm. Er erinnerte daher die Juden daran, daß es
     bei strenger Strafe verboten sei, durch Proselyten, d. h. zum jüdischen Glauben Übergetretene, ihre Zahl zu vermehren (Hist.
     Aug. Sept. Sev. 17, 1).
    Die gleiche Quelle unterstellt Septimius Severus, ein entsprechendes Verbot für die Christen erlassen zu haben. Wäre dem so, |189| müßte dadurch eine Veränderung der seit Trajan und Hadrian für Christenprozesse bestehenden Rechtslage (oben S. 140) eingetreten
     sein. Da dies aber allem Anschein nach nicht der Fall war, muß die betreffende Quellennotiz wohl als falsch betrachtet werden.
     Die Christenverfolgungen, zu denen es unter Septimius Severus kam, trugen den gleichen lokalen Charakter wie die früheren,
     derentwegen Marcus Aurelius und andere Kaiser seit Nero als „Verfolger“ geführt wurden; Severus war in dieser Reihe der fünfte
     (Oros. 7, 17, 4).

Größeres Aufsehen erregte das Vorgehen gegen die Christen in Afrika und Ägypten. An die inhaftierten Glaubensgenossen in Karthago,
     denen das Martyrium bevorstand, richtete 197 der in dieser Stadt beheimatete Rhetor und Advokat Tertullianus seine Schrift
     ›Ad martyres‹, die Trost und Kraft spenden sollte. 203 fanden ebenfalls in Karthago fünf junge Christen, davon zwei Frauen,
     Vibia Perpetua und Felicitas, den Tod durch wilde Tiere in der Arena. Über den genauen Hergang dieses Martyriums, zu dem sich
     auch noch ein weiterer Christ stellte, wurde schon bald eine von Perpetua stammende authentische Schilderung in Umlauf gebracht:
     ›Passio SS. Perpetuae et Felicitatis‹, die eine nachhaltige Wirkung

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