Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
er Christinnen vornehmer Herkunft, die keinen gleichrangigen Christen als Ehegatten fanden,
gestattete, mit einem niedriger Gestellten oder gar einem Sklaven im Konkubinat statt in rechtmäßiger Ehe, die zum Rangverlust
geführt hätte, zu leben; das Konkubinat ließ er als kirchlich sanktionierte Ehe gelten (Hippol. ref. 9, 12, 24). Callistus
ging mit seiner Maßnahme ein Problem an, das offenbar aktuell war. Denn die angeblich als Senaculum bezeichnete Vereinigung
der
clarissimae feminae
in Rom sah sich ebenfalls mit Mesalliancen konfrontiert. Die von ihr angestrebte Lösung bediente sich freilich eines anderen
Mittels: Wiederherstellung des infolge der betreffenden Heirat verlorenen Adels der Frau durch den Kaiser (Hist. Aug. Elagab.
4, 3).
Eine Frage von besonderer Brisanz, mit der das Christentum in der Severerzeit sich auseinanderzusetzen hatte, bildete der
Militärdienst. Die christlichen Schriftsteller behandelten das Thema mit Unbehagen. Ließ sich doch das christliche Tötungsverbot
mit der weithin akzeptierten Ansicht, es gebe gerechte Kriege, nicht vereinbaren (vgl. Orig. c. Cels. 8, 73). Die rigorose
Forderung der Kirchenordnung des Hippolytus, der christliche Soldat müsse sich einem Tötungsbefehl widersetzen (Hippol. trad.
apost. 16), war daher wenig realistisch. Die Praxis sah denn auch anders aus: Die Zahl der Christen unter den Soldaten nahm
zu (Tert. apol. 37, 4. 42, 3), ohne daß wir etwas von größeren Konflikten hörten; latent waren sie freilich vorhanden.
Die Auseinandersetzung des Christentums mit dem Militärdienst erfolgte vor dem Hintergrund der von den Severern betriebenen
starken Militarisierungspolitik. Die Soldaten avancierten endgültig zum wichtigsten Teil der Reichsbevölkerung, auf dessen
Bedürfnisse und Ansprüche der ganze Staatsapparat abgestellt wurde; der Militärdienst erhielt eine neue Attraktivität. Von
den Solderhöhungen unter Septimius Severus und Caracalla war schon mehrfach die Rede (oben S. 173. 183f.). Sie erschienen
als das deutlichste Zeichen der Bevorzugung des Militärs, auch wenn sie z. T. als Anpassung des Soldes an den sinkenden Geldwert
verstanden werden müssen. Hinzu kamen aber noch andere Vergünstigungen. So |192| wurde es nun mehr und mehr üblich, den Soldaten das zur Verpflegung benötigte Getreide kostenlos zur Verfügung zu stellen,
also nicht, wie bisher, vom Sold abzuziehen. Das als
annona militaris
bezeichnete System bedeutete für die leistungspflichtige Reichsbevölkerung eine starke Belastung.
In rechtlicher Hinsicht erhielten die Soldaten von Septimius Severus die Erlaubnis, „mit Frauen zusammenzuleben“ (Herodian.
3, 8, 5), d. h., eine rechtmäßige Ehe einzugehen. Das aus Gründen der
disciplina militaris
seit Augustus bestehende Eheverbot wurde also aufgehoben, das bisher stillschweigend geduldete Konkubinat (vgl. oben S. 158)
legitimiert. Die Maßnahme war der letzte Schritt zur Etablierung der Truppen in ihren jeweiligen Lagern und zu ihrer Verschmelzung
mit den Umwohnern (vgl. oben S. 148. 158). Indes warf die dadurch bewirkte Angleichung der Lebensverhältnisse des Militärs
an die der ‘Zivilbevölkerung’ neue Probleme auf, was die Einsatzfähigkeit der Soldaten nicht gerade förderte.
Große soziale Bedeutung kam der Entscheidung des Septimius Severus zu, das Privileg der Primipilaren, nach ihrer Verabschiedung
aus dem Heeresdienst in den Ritterstand erhoben zu werden (oben S. 30f.), auf alle Zenturionen und auch auf die Unteroffiziere
( principales
) auszudehnen: Das führte letztlich dazu, daß viele Ämter der ritterlichen Laufbahn in die Hände solcher ‘Aufsteiger’ gelangten,
die – natürlich – ihre militärischen Gewohnheiten in ihrem neuen Beruf weitgehend beibehielten und so vielleicht am nachhaltigsten
zur Militarisierung der Staatsverwaltung beitrugen. Andererseits brachte die von Septimius Severus initiierte weite Öffnung
des Ritterstandes eine soziale Mobilität zustande, die es einem einfachen Soldaten ermöglichte, über den Unteroffiziersrang
zu einer ritterlichen Prokuratur oder gar Präfektur aufzusteigen!
Die von Septimius Severus ergriffenen Maßnahmen zur Heraushebung des Soldatenstandes aus dem Sozialkörper wurden noch einmal
bekräftigt durch die „letzten Worte“, die dieser Kaiser an seine Söhne richtete: „Seid einig, macht die Soldaten reich, schätzt
sonst alles gering“ (Cass. Dio 77, 15, 2). Caracalla hielt sich, wie
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