Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
sowohl in erbaulicher als auch in literarischer Hinsicht
ausübte. In Alexandria erlitten nach Ausweis der Kirchengeschichte des Eusebius (hist. eccl. 6, 2 – 3) im Jahre 202 zahlreiche Christen das Martyrium, darunter der Vater des Kirchenlehrers Origines (s. u.).
Die Situation, in der das Christentum sich im ersten Jahrzehnt der Herrschaft des Septimius Severus gegenüber Staat und Gesellschaft
befand, veranlaßte den als christlichen Publizisten schon erwähnten Afrikaner Tertullian, sein ›Apologeticum‹ zu verfassen
(197), mit dem ihm die umfassendste und eindrucksvollste Verteidigung des neuen Glaubens gelang, die dieser in der damaligen
Phase seiner Existenz erfahren konnte. Als fingierte Gerichtsrede konzipiert und an die „Statthalter des Römischen Reiches“
als Richter in Christenprozessen gerichtet, führte die Schrift den Beweis, daß es sachlich nicht gerechtfertigt, juristisch
bedenklich und politisch unklug sei, die Christen zu verfolgen. Insbesondere der letztere (politische) Gesichtspunkt hatte
zukunftsträchtige Bedeutung. Tertullian insistierte nämlich darauf, daß nur das Gebet der Christen für Kaiser und Reich (vgl.
oben S. 141) wirksam sei, weil es an den einzig wahren Gott gerichtet werde, dem gegenüber die sogenannten Götter machtlos
seien. Noch mit einem anderen Argument suchte Tertullian die Verbundenheit der Christen mit dem Staat zu |190| beweisen: Sie erwarteten das Ende der Zeiten und wüßten, daß das Römische Reich diese Katastrophe aufhalte. Deshalb sei ihnen
soviel an seinem Fortbestand gelegen (Tert. apol. 29 – 32).
Weitergeführt wurde die Argumentation mit der heilsgeschichtlichen Bedeutung des Römischen Reiches von dem Alexandriner Origenes,
dessen Berühmtheit als christlicher Gelehrter so groß war, daß Iulia Mamaea, die Mutter des Severus Alexander, ihn (wohl im
Winter 232 / 3) nach Antiochia/Syrien kommen ließ, um seinen theologischen Erörterungen zuzuhören (Euseb. hist. eccl. 6, 12, 3 – 4). In seinem Alterswerk ›Gegen Celsus‹, einer Widerlegung der von dem alexandrinischen Philosophen Celsus gegen die Christen
erhobenen Vorwürfe, wies Origenes darauf hin, daß der von Augustus geschaffene Weltfriede und das Erscheinen Christi in einem
von Gott so gewollten Zusammenhang ständen. Denn die Ausbreitung des neuen Glaubens sei durch die Einheit der Welt im Römischen
Reich wesentlich gefördert worden (c. Cels. 2, 30). Origenes wagte sogar daran zu denken, daß alle Menschen im Römischen Reich
einmal Christen wären (c. Cels. 8, 69 – 70).
Die Ausbreitung des Christentums, d. h. die Zunahme der Bekehrungen bzw. das Wachstum der Gemeinden, brachte die Notwendigkeit
mit sich, einerseits den Menschen, die sich dem neuen Glauben anschlossen, die Grundsätze einer christlichen Lebensgestaltung
nahezubringen, andererseits dem sakralen Geschehen in den Gemeinden eine feste Ordnung zu geben. Für beide Zwecke entstanden
entsprechende Schriften in Ost und West. Clemens von Alexandria (gest. um 215), der große Vorgänger des Origines als christlicher
Lehrer in der ägyptischen Hauptstadt, schrieb eine moralisch-ethische Unterweisung unter dem Titel ›Paidagogos‹, und Hippolytus
von Rom verfaßte eine Kirchenordnung in griechischer Sprache, deren Titel in der z. T. erhaltenen lateinischen Übersetzung
›Traditio apostolica‹ lautet.
Von Hippolytus stammt auch ein Werk gegen die unter dem Namen des Christentums verbreiteten Irrlehren: ›Widerlegung aller
Häresien‹, deren große Zahl (33) eine Vorstellung davon vermittelt, welche intellektuellen („gnostischen“) Gefahren dem Glauben
an Jesus Christus neben der Gegnerschaft des Staates drohten. Als einen Irrlehrer betrachtete Hippolytus auch den 217 zum
Bischof von Rom geweihten freigelassenen Sklaven Callistus (wegen der von ihm geübten Bußpraxis), dessen Gegenspieler er als
Haupt einer eigenen kleinen Gemeinde wurde. Der Rivalität zu Callistus verdanken wir aufschlußreiche Bemerkungen Hippolyts
zum |191| Leben in der römischen Christengemeinde. So besaß diese eine Begräbnisstätte (ein Coemeterium) an der Via Appia, die Callistus
vor seiner Wahl zum Bischof betreute und den Armen öffnete. Sie erhielt seinen Namen (Katakombe des Callistus), obwohl er
selbst nach seinem Tode (222) an der Via Aurelia in der Katakombe des Calepodius die letzte Ruhe fand. Als Bischof machte
Callistus von sich reden, weil
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