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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Gattin des Claudius und seit 50 Augusta, hatte ihren Sohn
     (aus der Ehe mit Cn. Domitius Ahenobarbus) gegenüber dem leiblichen Sohn des Claudius (von der Messalina) in die bessere Ausgangsposition
     gebracht. Adoption durch Claudius (50), Ernennung zum Princeps iuventutis (51), Übertragung des
imperium proconsulare
(51) waren die entscheidenden Stationen. Das Einvernehmen mit dem Prätorianerpräfekten Sex. Afranius Burrus sicherte die Unterstützung
     der Garde. So wurde denn Nero am Todestag des Claudius (13.   10.   54) zum Imperator akklamiert und vom Senat mit der „Herrschaft über alles“ (Cass. Dio 61, 1, 2) betraut. „Regierung nach Vorschrift
     des Augustus“, lautete seine Parole (Suet. Nero 10, 1). Sie ließ ihn (nach der üblichen Wartezeit) auch den Pater-patriae-Titel
     annehmen – 18jährig!
    |26| Obwohl Agrippina den Tod des Claudius durch Gift herbeigeführt hatte, wünschte sie seine Vergöttlichung. Sie trug ihr die
     Stelle der Priesterin des Divus Claudius ein und gab ihr Gelegenheit zu einem großartigen Tempelbau auf dem Caelius. Nero
     allerdings machte sich schon bald über seinen vergöttlichten Adoptivvater lustig, und sein Erzieher L.Annaeus Seneca brachte
     eine bissige Satire über die Apotheose des Claudius (›Apocolocyntosis‹) in Umlauf. Dem entsprach es, daß Nero im Senat eine
     Abkehr von allem, was unter Claudius Haß erregt habe, versprach (Tac. ann. 13, 4, 2) und in der Praxis manches annullierte,
     was Claudius verfügt hatte.
    Neros Prinzipat währte fast 14 Jahre, als im Jahre 68 Umstände eintraten, die auf seine Beendigung hinausliefen. Nachdem mit
     Galba ein Prätendent für die
statio principis
gefunden war, einigten sich Senat und Prätorianergarde (einschließlich der germanischen Leibwache) auf die Beseitigung Neros.
     Der Senat hatte mit dem Hostisbeschluß ein Mittel zur Hand, dieser Absicht staatsrechtliche Qualität zu verleihen: ein zum
hostis
erklärter
princeps
war ‘abge setzt ’. Mit seinem Selbstmord am 9.   6.   68 zog Nero die Konsequenz aus dieser Tatsache. Sein Andenken wurde geächtet.
    Mit Nero verlor die julisch-claudische Dynastie den Prinzipat. 54 Jahre hatte sie den 56 des Augustus (oben S. 1) hinzugefügt.
     Viermal war die Princepsstellung neu besetzt worden, und jedesmal war eine
lex de imperio
ergangen. Nimmt man diese als Inbegriff der Herrschaftsübertragung (die Wahl zum
pontifex maximus
folgte regelmäßig kurze Zeit später), so darf von einem inzwischen eingespielten Ritual gesprochen werden, an dem offiziell
     und inoffiziell eine Reihe von Kräften beteiligt war.
    Die Grundvoraussetzung für den jahrzehntelangen Verbleib des Prinzipats in der julisch-claudischen Familie bildete das den
     Römern eigene dynastische Denken. Es ließ über die offenkundigen Defizite hinwegsehen, welche den Nachfolgern des Tiberius
     anhafteten (Tiberius selbst war ja bestens qualifiziert). Dynastisch denken hieß nämlich, den Nachkommen anrechnen, was die
     Vorfahren, in diesem Falle: der Divus Iulius und der Divus Augustus, geleistet hatten. Es hieß auch, den Glanz berücksichtigen,
     der die julische Familie wegen der mythischen Abkunft von Venus und Aeneas umgab. Besondere Bedeutung im dynastischen Sinne
     kam der eidlichen Bindung der Prätorianer „an das ganze Haus der Caesaren“ (Tac. ann. 14, 7, 3) zu. Denn es waren ja die Prätorianer,
     denen die Rolle der ‘Kaisermacher’ zufiel. Als solche favorisierten |27| sie einen Mann wie Claudius hauptsächlich deswegen, „weil er der Kaiserfamilie angehörte“ (Cass. Dio 60, 1, 3). Diese wiederum
     tat natürlich ihrerseits alles, den Prinzipat als „Erbschaft“
( hereditas
: Tac. hist. 1, 16, 1) zu behandeln, und sie setzte dabei Mittel ein, die bis zum Mord reichten: Tiberius Gemellus (37) und
     Britannicus (55) brachte ihre Erbenstellung den Tod, Claudius (54) seine vermeintliche Testierfreiheit. Der Senat schließlich
     hielt mit der Formulierung des Bestallungsgesetzes eigentlich alle Trümpfe bei einem Princepswechsel in der Hand, und die
     Verabschiedung des betreffenden Senatsbeschlusses war rechtlich auch die entscheidende Handlung, aber machtpolitisch hatte
     der Senat nur geringen Einfluß auf die Kreierung eines neuen Prinzipats. Desto mehr war ihm daran gelegen, daß ein neuer Princeps
     sich im Sinne der Zusammenarbeit äußerte, wie es programmatisch Caligula (Cass. Dio 59, 6, 1) und Nero (Tac. ann. 13, 4, 3)
     taten.

In der Praxis war es Tiberius, der dem Senat

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