Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
ältesten Provinzen Roms. Sicilia unterstand dem Senat, die Doppelprovinz
Sardinia/Corsica dem Augustus. Sizilien und Sardinien rangierten als Weizenlieferanten zwar hinter Africa und Ägypten, waren
aber nichtsdestoweniger für den Brotbedarf Roms von großer Bedeutung. Die Romanisierung hatte auf Sizilien in der Regierungszeit
des Augustus große Fortschritte gemacht. Kolonien und Munizipien prägten das Bild der West-, Nord- und Ostküste. Auf Sardinien
dagegen hatten nur die beiden großen Hafenstädte im Norden und Süden römisches Stadtrecht: Turris Libisonis/Porto Torres war
Kolonie, Carales/Cagliari Munizipium. Die Straße, welche die beiden Städte verband, führte über Uselis (Corp. Inscr. Lat.
X 7846), dessen Beiname Iulia Augusta vielleicht auch auf munizipalen Rang hindeutet. Im Innern Sardiniens gab es ein Gebiet,
das von Stämmen bewohnt war, die der römischen Herrschaft nur nominell unterstanden
( civitates Barbariae
: Année Epigraphique 1921, 86). Auf Corsica war Aleria das römische ‘Einfallstor’: die alte Kolonie hatte unter Augustus Zuzug
aus Italien erhalten.
Rom, Italien und die Provinzen – sie bildeten das
corpus rei publicae
, das in diesem umfassenden Sinne unter Augustus Gestalt angenommen hatte (vgl. Tac. ann. 1, 12, 1 – 3). Die Welt, wie die Römer sie sahen, war zu einer Einheit geworden, und zwar nicht nur politisch, sondern auch im Blick
auf die Verkehrsverhältnisse |22| und die wirtschaftlichen Aktivitäten
( commercium rerum
, Plin. nat. hist. 14, 2). Ein weltweit funktionierendes Währungssystem hatte dafür die Voraussetzung geschaffen. Der römische
Silber-Denar war bis in die entlegensten Gegenden des Reiches und darüber hinaus gelangt und zum Hauptzahlungsmittel geworden.
Daneben sorgten Hunderte lokaler Münzstätten für das Kupfergeld der einzelnen Regionen. Mit den Münzen aber verbreitete sich
das Bild des Mannes, der das Haupt des gewaltigen Reichskörpers war. Dieser Mann hatte nun sein Leben ausgehaucht. Die bange
Frage war, ob sein Tod die Welt erschüttern würde (Vell. 2, 124, 1) oder ob sein Lebenswerk stark genug wäre, die Pax Augusta
weiterhin zu garantieren. Der Rat, den Augustus seinem Erben hinterließ, er möge das Reich in seinen derzeitigen Grenzen belassen
(Tac. ann. 1, 11, 4), deutet darauf hin, daß auch er selbst sich um die Zukunft sorgte.
|23| 2. DIE EINWURZELUNG DES PRINZIPATS UNTER DEN JULISCH-CLAUDISCHEN KAISERN
(14 – 68 n. Chr.)
Nach dem großartigen Staatsbegräbnis für Augustus, das Anfang September 14 n. Chr. stattfand, war es die vordringliche Aufgabe
des Senats sich zu vergewissern, ob Tiberius, dem man schon allgemein den Treueid geschworen hatte, bereit sei, den 27 v.
Chr. an Augustus erteilten umfassenden Fürsorgeauftrag
( cura rei publicae
) seinerseits zu übernehmen. Zudem galt es, die staatsrechtlichen Vollmachten, welche Tiberius unter Augustus erhalten hatte,
auf eigene Füße zu stellen und um die Privilegien zu erweitern, die Augustus im Laufe seiner Regierung zuerkannt worden waren.
Mit einem Satz: Es ging um die Installierung eines neuen Prinzipats. Daß dieser sich an dem vorangegangenen zu orientieren
habe, entsprach römischer Denkweise, doch waren dadurch Neuerungen nicht ausgeschlossen. Tiberius hat Bedenken geäußert, ob
seine Kräfte für die Größe der Aufgabe ausreichten und die Möglichkeit angedeutet, mehrere an der Leitung des Staates zu beteiligen.
Ihm wurde aber entgegengehalten, der Staatskörper sei ein Ganzes und bedürfe der Leitung eines einzelnen (Tac. ann. 1, 12,
3) – die Institutionalisierung des Prinzipats als monarchischer Regierungsform war von Augustus so weit vorangetrieben worden,
daß eine Änderung der Regierungsbeteiligung als Abweichung vom Modell verstanden wurde!
Tiberius gab sein Zögern
( cunctatio
) auf und übernahm den Prinzipat in der augusteischen Form (Vell. 2, 124, 2:
statio paterna
). Diese erhielt dadurch geradezu kanonische Bedeutung und festigte sich auch insofern, als das
imperium proconsulare maius
(wie die
tribunicia potestas
) jetzt auf Lebenszeit verliehen wurde; Augustus hatte das Imperium immer nur für 10 oder 5 Jahre erhalten. Der Senatsbeschluß,
der die Vollmachten des Tiberius festlegte, erlangte durch die Komitien Gesetzeskraft
( lex de imperio
). Nicht eingeschlossen war darin das Amt des
pontifex maximus
; es wurde durch einen gesonderten Wahlakt im Jahre 15 (10. 3.) auf Tiberius
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