Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
kritischen Aufschluß über die Stimmungslage nach Errichtung des augusteischen
Prinzipats. Aus anderer Perspektive, nämlich der eines begeisterten Zeitgenossen, stammt der Bericht, den Velleius Paterculus
am Schluß seiner ›Historia Romana‹ über Augustus und Tiberius erstattet hat. Ein punktuelles, aber bedeutendes Ereignis, der
Krieg Vespasians gegen die Juden mit der Eroberung Jerusalems durch Titus, ist Gegenstand der Monographie des griechisch schreibenden
jüdischen Historikers Flavius Josephus, der als Augenzeuge von den zum Teil grauenvollen Ereignissen berichtet: ›Bellum Iudaicum‹.
Zeitlich eine weite Strecke voran gelangt man mit der ›Histo ria Romana‹ des Griechen Cassius Dio, die bis zum Jahre 229 reicht. Die Darstellung der Kaiserzeit ist zwar nur bis zum Jahre
46 (Buch 60) einigermaßen vollständig erhalten, aber auch die Exzerpte der Bücher 61 – 80 (von 47 bis 229) bieten viel wertvolles Material, vor allem für die Severerzeit, die Cassius Dio in hohen Staatsämtern
(von der Prätur 194 bis zum zweiten Konsulat 229) erlebte. Von 180 an tritt neben die Geschichtsdarstellung des Cassius Dio
die ebenfalls griechisch geschriebene Herodians (›Ab excessu divi Marci‹), welche bis ins Jahr 238 führt. Sie ist stark rhetorisch
gefärbt und vom Inhalt her nicht gerade zuverlässig, aber in bezug auf Konzeption und Geschichtsauffassung doch interessant
und für die Ermittlung der Ereignisfolge hilfreich. Noch ein Stück weiter, nämlich |296| bis zum Jahr 285, bringt einen die ›Historia nova‹ des Griechen Zosimus. Das 1. Buch dieses um 500 entstandenen Werkes ist
als Abriß der Geschichte von Pertinax bis Carinus (193 – 285) konzipiert. Die Zeit Diocletians fehlt leider. Sie war in der Lücke zu Beginn des 2. Buches behandelt. Zosimus hat Quellen
benutzt, die verlorengegangen sind. Wieder von anderer Beschaffenheit, nämlich als Überblick über die gesamte römische Geschichte
von der Gründung Roms bis zum Jahre 364 angelegt, ist das kleine Werk des Eutropius ›Breviarium historiae Romanae‹ aus der
2. Hälfte des 4. Jahrhunderts. In 10 Bücher gegliedert, enthalten die Bücher 7 – 9 die Geschichte der Kaiserzeit von Augustus bis zur Abdankung Diocletians. Sie überliefern manch wertvolle Nachricht. Zur
Geschichtsschreibung im weiteren Sinne gehört die Biographie . In der römischen Kaiserzeit ging die Entwicklung sogar mehr und mehr dahin, die an den Kaisern orientierte Geschichtsdarstellung
als die eigentliche Form der Historiographie anzusehen. Die Kaiser des ersten Jahrhunderts haben in Sueton ihren Biographen
gefunden, der in ihr Privatleben ebenso schonungslos hineinleuchtete wie in ihre öffentliche Wirksamkeit. Suetons Werk ›Über
das Leben der Caesaren‹ bietet so eine Fülle von Materialien, die das Bild ergänzen, das sich aus den
res gestae
der einzelnen Kaiser ergibt. Einen Nachfolger fand Sueton, der in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts schrieb, in Marius
Maximus, der hundert Jahre später die Kaiser von Nerva bis Elagabal biographisch behandelte (oben S. 202). Sein nicht auf
uns gekommenes Werk lebt in beschränktem Maße in der › Historia Augusta ‹ fort, einer Sammlung von Kaiserbiographien, die
mit Hadrian beginnt und mit Carinus endet. An der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert entstanden, gibt sie vor, von sechs Verfassern
zu stammen, ist aber in Wirklichkeit das Werk eines einzigen, der Wert darauf legte, anonym zu bleiben. Obwohl von allerlei
Tendenzen beherrscht und von Fälschungen durchsetzt, enthalten die Biographien der Historia Augusta doch auch viele Fakten,
die aus guter Tradition stammen und daher (nach entsprechender Prüfung) für die Rekonstruktion des Geschichtsablaufs verwendet
werden können. Während Marius Maximus und der Verfasser der Historia Augusta die Biographien der Kaiser als selbständige Einheiten
konzipierten, legte Aurelius Victor sein Werk ›De Caesaribus‹ als integrierte Kaisergeschichte an. Die Kaiser (von Augustus
bis Constantius II.) bilden den Leitfaden für die Darstellung, wobei der Autor sich bemühte, Einschnitte innerhalb der Kaiserreihe
zu markieren, um eine Gliederung in größere Epochen zu |297| ermöglichen (vgl. oben S. 239). Aurelius Victor, der seine von 30 v. Chr. bis 360 n. Chr. reichende Kaisergeschichte in den
Jahren 358 – 360 verfaßte, stützte sich auf gute Quellen und verfügte über ein gesundes
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