Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
erklären (Diva Faustina Pia) und hielt ihr Andenken bis an sein
Lebensende in hohen Ehren. Der Senat beschloß 176 die Aufstellung von Statuen des Kaiserpaares im Tempel der Venus und Roma
(unten S. 134f.), vor denen die Brautleute Opfer darbringen sollten (Cass. Dio 72, 31, 1).
Zwei Jahre nach dem Tod der jüngeren Faustina erhielt Rom eine neue Augusta: Crispina, die im Jahre 178 mit Commodus vermählt
wurde. Sie vermochte aber den Aufstieg der Augustae nicht weiter fortzusetzen. Ihren Einfluß – wenn sie einen solchen überhaupt
besessen haben sollte – verlor sie schon bald an die Freigelassene Marcia, die Geliebte des Commodus, so daß sie den Augusta-Titel
nur noch dem Namen nach führte. Schließlich wurde sie wegen angeblichen Ehebruchs verbannt und getötet (191). Im Gegensatz
zu Crispina versuchte Lucilla, die Schwester des Commodus und seit ihrer Heirat mit Lucius Verus (163) im Besitz des Augusta-Titels,
diesen zum Machtgewinn zu nutzen. Ihre Verschwörung gegen Commodus scheiterte jedoch und führte zu ihrem Tode (182). So war
also doch die jüngere Faustina die letzte große Kaiserin des Antoninenhauses – wie Marcus Aurelius die letzte große Herrschergestalt
in der Reihe der ‘Adoptivkaiser’. Mit Commodus betrat (nach Domitian) wieder ein ‘schlechter’ Kaiser die Bühne der römischen
Geschichte.
Die Einstufung eines Princeps als ‘gut’ oder ‘schlecht’ hing nicht so sehr von seinen Leistungen allgemein, als vielmehr von
seinem speziellen Verhältnis zum Senat ab, und dieses war im Falle des Commodus denkbar schlecht. Vor allem verstieß Commodus
gegen den seit Nerva sich verfestigenden Grundsatz, daß der Kaiser keinen Senator am Leben strafen dürfe (Cass. Dio 68, 2,
3). Marcus Aurelius hatte noch kurz vor seinem Tode feierlich auf dem Kapitol erklärt, daß er sich daran gehalten habe (Hist.
Aug. Marc. Aur. 29, 4). Commodus pervertierte überhaupt die Prinzipien, nach denen seine Vorgänger ihre Beziehungen zum Senat
gestaltet hatten. Ihren Gipfel erreichten diese Perversionen in der Benennung des Senats als
senatus Commodianus
entsprechend der Umbenennung Roms in
Colonia Commodiana
. Die ganze Lebenszeit des Commodus sollte
saeculum aureum Commodianum
heißen (Cass. Dio 73, 15, 5 – 6).
|122| Der zeitgenössische Geschichtsschreiber Cassius Dio stellte diesem Anspruch die Wirklichkeit entgegen: Mit Commodus beginne
der Abstieg aus einer goldenen Zeit in eine solche von Eisen und Rost (Cass. Dio 72, 36, 4). Dieser Ansicht war auch sein
jüngerer Zeitgenosse Herodianus, der mit dem Tode des Marcus Aurelius sein Geschichtswerk beginnen ließ (vgl. Herodian. 1,
1, 4). Über den Anfang des im Jahre 180 endenden
beatissimum saeculum
bestand Einigkeit: Nerva hatte die neue Zeit heraufgeführt, Trajan sie zur Entfaltung gebracht (Tac. Agr. 3, 1). Der Historiker
Florus drückte dies in seiner ›Epitome de Tito Livio‹ so aus, daß mit Trajan ein neues Mannesalter des römischen Volkes begonnen
habe (Flor. praef. 8). Hadrian ließ dann auf seinen Münzen das
saeculum aureum
öffentlich verkünden (Rom. Imp. Coin. II 356, Nr. 136) und griff 121 mit der Einführung des Roma-Kultes und dem Baubeginn
des Tempels für Venus und Roma (am Colosseum) auf das angebliche Gründungsdatum der Stadt zurück (21. 4. 753 v. Chr.), um als Neugründer Roms sein
saeculum
zu beginnen. Den gleichen Eindruck sollte die Erneuerung des Pomeriums erwecken (Corp. Inscr. Lat. VI 31539 a–c). Den Höhepunkt
erreichte das Säkularbewußtsein dieser Zeit mit der 900-Jahr-Feier Roms, die Antoninus Pius 148 veranstaltete (Aur. Vict.
de Caes. 15, 4).
Das Schlagwort von der Blüte des Reiches läßt sich nicht ohne weiteres auch für die Regierungszeit des Marcus Aurelius (161 – 180) in Anspruch nehmen. Die Bedrohung durch Parther (161) und Markomannen (166) sowie durch das Wüten der Pest auch in Rom
(167) sprechen zunächst gegen eine Einbeziehung dieser neunzehn Jahre in das Bild vom goldenen Zeitalter. Wenn man aber ihren
Verlauf überblickt, wird man zugeben, daß die kraftvolle Persönlichkeit des Marcus Aurelius allen Widerwärtigkeiten getrotzt
und das Reich in einem Zustand erhalten hat, der in seiner Substanz sich nicht von dem unterschied, den es unter seinem Adoptivvater
Antoninus Pius gehabt hatte (vgl. Cass. Dio 72, 36, 3). Mit der Designation seines für das Herrscheramt wenig geeigneten Sohnes
Commodus zum Nachfolger lud er
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