Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
deren er unter Einschluß Caesars zwölf zählte.
Der letzte Satz der Vita Domitians wies auf die nachfolgende glückliche Zeit hin, der Sueton selbst angehörte (er war leitender
Beamter in der Kanzlei Hadrians, vgl. unten S. 120).
|116| 5. BLÜTE UND GEFÄHRDUNG DER RÖMISCHEN WELT IM 2. JAHRHUNDERT
Die Ermordung Domitians rief in Rom unterschiedliche Reaktionen hervor: Das Volk nahm sie gleichgültig hin, der Senat feierte
die wiedergewonnene Freiheit, die Prätorianer aber begehrten auf und erreichten, wenn auch erst nach einiger Zeit, die Bestrafung
ihres Präfekten T. Petronius Secundus, der an der Verschwörung teilhatte, und des Freigelassenen Parthenius, der als der eigentliche
Kaisermörder galt (Suet. Dom. 23, 1). Die Anhänglichkeit der Prätorianer an Domitian – sie verdankten ihm die Solderhöhung
auf 1000 Denare – brachte Nerva, den ohne ihre Hilfe erhobenen Nachfolger Domitians, in eine schwierige Situation. Nerva stand
im Alter von 66 Jahren, als der Druck der Prätorianer, aber auch Gerüchte über Herrschaftsambitionen von Heereskommandeuren
in Ost und West ihm eine Entscheidung über seine Nachfolge abverlangten, da er keinen eigenen Sohn präsentieren konnte. Er
entschied sich für M. Ulpius Traianus, den Statthalter der Provinz Germania superior, wohl auch deswegen, weil im Falle eines
Machtkampfes das obergermanische Heer Rom am ehesten erreichen konnte. Die Adoptionszeremonie fand in Abwesenheit Trajans
auf dem Kapitol statt (Oktober 97), die Caesarernennung anschließend im Senat (Cass. Dio 68, 3, 4). Als weiteres Zeichen der
Anwartschaft auf den Prinzipat erhielt Trajan die
tribunicia potestas
. Nach dem schon bald eintretenden Tod Nervas wurde er am 28. Januar 98 zum Augustus erhoben; er hieß nun Imperator Caesar
Nerva Traianus Augustus. Von der Adoption an gerechnet dauerte es genau zwei Jahre, bis Trajan nach Rom kam (Oktober 99).
In der Zwischenzeit inspizierte er die Rhein- und Donaugrenze.
Der neue Kaiser zog bezeichnenderweise zu Fuß in Rom ein, wie der jüngere Plinius in seiner Dankrede aus Anlaß der Übernahme
des Konsulats im Jahre 100 rühmend vermerkte (22, 1). Die Rede ging als ›Panegyricus‹ auf Trajan in die Literatur ein und
als Dokument eines neuen Kaiserbildes in die Geschichte. Dieses Bild war wesentlich geprägt durch die Adoption, die Trajan
zum Prinzipat gelangen ließ. Sie führte zu der Vorstellung, der Princeps könne (und solle) „aus allen“ erwählt werden, nicht
nur aus dem Kreis |117| einer Familie. Dann sei es nämlich mit Hilfe der Götter möglich, „den Besten“ auszuwählen (7, 5 – 6). Die Wahl als solche aber bedeute den Anfang einer neuen Freiheit (8,1). In der Tat wurde Nervas Prinzipatsübernahme von
Senat und Volk als „Wiederher stellung der Freiheit“ inschriftlich verewigt (Corp. Inscr. Lat. VI 472) und von Tacitus, der im Jahre 97 das Konsulat erlangte, als
Beginn eines neuen „glücklichen Zeitalters“ gepriesen, das den Ausgleich zwischen zwei bisher unvereinbaren Dingen gebracht
habe: Prinzipat und Freiheit (Tac. Agr. 3, 1).
Die Adoption erhielt durch Nerva eine gegenüber früheren Fällen (Augustus, Claudius) neue, richtungweisende Funktion im Prinzipatskonzept.
Sie konnte aber ihre Wirkung nur deshalb voll entfalten, weil die drei Nachfolger Nervas ebenfalls keine Söhne hatten, also
auf die Adoption als Sukzessionsvehikel angewiesen waren. So erlangten außer Trajan auch Hadrian, Antoninus Pius und Marcus
Aurelius durch Adoption das Kaisertum. Mehr als 80 Jahre beherrschten ‘Adoptivkaiser’ die Szene (98 – 180), dann erst trat mit Commodus wieder ein leiblicher Sohn die Nachfolge seines Vaters an.
Die Art, wie Nerva die Adoption Trajans vornahm – im Jupitertempel auf dem Kapitol –, hob den Vorgang in die göttliche Sphäre.
Er erschien als das Werk Jupiters und verlieh dem Adoptierten den Nimbus der Gotterwähltheit und der Stellvertreterschaft
des höchsten Gottes auf Erden. Es war ein Ausfluß dieses Gedankenguts, daß der Senat Trajan zu seinem Regierungsantritt den
Ehrennamen Jupiters, Optimus, antrug (Plin. paneg. 88, 8). Trajan nahm ihn zwar erst später (114, unten S. 154) an, aber die
Auffassung der Herrschaft als Geschenk Jupiters war unter Hadrian schon so sehr ins Selbstverständnis des Kaisertums eingedrungen,
daß auf Münzen dargestellt wurde, wie Jupiter die Weltkugel oder sein Adler das Szepter an Hadrian übergab (Rom.
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