Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Imp. Coin.
II 353, Nr. 109; 415, Nr. 589). Von Marcus Aurelius ist der Ausspruch überliefert, Gott allein bestimme über die Herrschaft
(Cass. Dio 72, 3, 4).
Wie das Kaisertum durch das Adoptionsprinzip und den Anspruch auf göttliche Erwähltheit eine neue Kennzeichnung erfuhr, so
verkörperten die einzelnen Kaiser neue, signifikante Typen:
Trajan ging in seinem Feldherrntum auf, und dieses machte ihn zum Welteroberer. Er war der erste Kaiser, der den Ehrennamen
Propagator orbis terrarum
erhielt (Corp. Inscr. Lat. VI 958). Im Osten wandelte er auf den Spuren Alexanders des Großen und dehnte das Römische Reich
bis an den Indischen Ozean aus (Tac. |118| ann. 2, 61, 2; Cass. Dio 68, 29, 1). Seine zwei Dakerkriege und der Partherkrieg hielten ihn fast acht Jahre von Rom fern.
Noch länger (zehn Jahre) war sein Nachfolger Hadrian im Reich unterwegs, aber nicht um Krieg zu führen, sondern um alle Provinzen
zu inspizieren. Jetzt erst trat der kaiserliche Proconsul-Titel voll hervor. Die ‘Reisemünzen’ Hadrians legten Rechenschaft
ab von seinen Aufenthalten in 27 Ländern und Provinzen (Rom. Imp. Coin. II 374 – 378, Nr. 296 – 329). Eine besondere Wertschätzung verband Hadrian mit Athen, wo er dreimal länger verweilte.
Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern hat Antoninus Pius in 23 Regierungsjahren Italien nie verlassen. Unter ihm herrschte
tiefer Friede im Reich, und so konnte er sich ganz den Werken des Friedens widmen. Sie machten ihn so beliebt, daß man sein
Wirken mit dem des ‘guten’ Königs Numa Pompilius verglich (Hist. Aug. Ant. Pius 13, 4). Sein Verhalten war allgemein an den
Beispielen der Vorfahren orientiert, sein Charakter von Gleichmut geprägt.
Mit Marcus Aurelius erhielt ein Philosoph das Kaisertum. Seit seinem 25. Lebensjahr – er war damals (146) schon Caesar – bekannte
er sich offen (auch durch Bart) als Anhänger der Stoa, deren großen Vertreter Epictetus (oben S. 93) er hoch verehrte. Als
Kaiser sah er in sich das von Plato propagierte Ideal verwirklicht, es müßten die Philosophen Herrscher oder die Herrscher
Philosophen sein (Hist. Aug. Marc. Aur. 27, 7). In seinen ›Selbstbetrachtungen‹ hinterließ er tiefsinnige Gedanken über seine
Lebensgrundsätze und Regierungsmaximen. Der besondere Reiz des griechisch geschriebenen Buches liegt in dem Kontrast, in dem
sein Inhalt zu den äußeren Umständen (Markomannenkriege u. a.) steht, unter denen es entstanden ist.
Von den vier vorstehend ins Bild gerückten ‘Adoptivkaisern’ stammten drei nicht aus Italien. Trajan und Hadrian waren in Hispania
Baetica beheimatet (Italica bei Sevilla), die Familie des Antoninus Pius hatte ihren ursprünglichen Wohnsitz in Gallia Narbonensis
(Nemausus/Nimes). Marcus Aurelius dagegen war in Rom geboren, ebenso Lucius Verus, der hier gewissermaßen nachgeschoben werden
muß: Von Antoninus Pius mit Marcus Aurelius zusammen adoptiert (138), erhob letzterer ihn bei seiner Prinzipatsübernahme (161)
zum gleichberechtigten Kollegen (mit Augustus-Titel). Lucius Verus starb schon im Jahre 169. Acht Jahre später (177) gab Marcus
Aurelius seinem eigenen, noch nicht 16jährigen Sohn Commodus die gleiche Stellung, wie Lucius Verus sie besessen hatte. |119| Commodus wiederum war der erste im Purpur geborene Kaiser und tat sich viel darauf zugute (Herodian. 1, 5, 5).
Die Kaiser von Nerva bis Marcus Aurelius (unter Einschluß des Lucius Verus) wurden alle zu Göttern erhoben. Trajan konsekrierte
sogar seinen leiblichen Vater. Commodus verfiel nach seiner Ermordung (192) zunächst der
damnatio memoriae
, doch wurde diese drei Jahre später (195) aufgehoben und auch er divinisiert (unten S. 174). So traten also insgesamt acht
neue
divi
den bisherigen vier julisch-claudischen bzw. flavischen (oben S. 96) an die Seite. Der Divinisierung der vier ‘Adoptivkaiser’
Trajan, Hadrian, Antoninus Pius und Marcus Aurelius entsprach die gleiche Erhöhung ihrer Gemahlinnen Plotina, Sabina, Faustina
der Älteren und Faustina der Jüngeren, die alle auch den Augusta-Titel erhalten hatten. Außerdem ließ Trajan seine Schwester
Marciana, Hadrian deren Tochter (seine Schwiegermutter) Matidia zur
diva
erheben. Auch sie erlangten als Augustae die Vergöttlichung. Da für die
divi
und
divae
Tempel gebaut wurden, erhielt Rom neue urbanistische Blickfänge. Der Tempel für Trajan und Plotina schloß das Trajansforum
(unten S. 133) nach Nordwesten ab; auf ihn
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