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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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besonderen Raum des Palastes auf dem Palatin, dem
auditorium
, mit ihrem Konsilium Gericht hielten (Cass. Dio 69, 7, 1). Es waren vor allem Privatprozesse, mit denen sie befaßt wurden,
     und denen sie je nach ihrem Naturell mehr oder weniger Zeit widmeten. Eine Vorstellung von dieser jurisdiktionellen Tätigkeit
     (Hadrians) vermitteln die als Sammlung überlieferten ›Sententiae et Epistulae Divi Hadriani‹ (Corp. iur. Rom. anteiust. I
     202   –   214). Marcus Aurelius verwandte mitunter an die 12 Tage auf die Verhandlung eines Falles (Cass. Dio 72, 6, 1).
    Für Strafprozesse ließ Hadrian eine wichtige Regel hinsichtlich der Zusammensetzung des kaiserlichen Konsiliums festschreiben:
     War der Angeklagte ein Senator, so durften im Konsilium keine Ritter sitzen (Hist. Aug. Hadr. 8, 8). Dieses Privileg für Senatoren
     stand im Zusammenhang mit der mysteriösen Hinrichtung von vier Konsularen bei Hadrians Regierungsantritt (Cass. Dio 69, 2,
     5   –   6): Der Kaiser suchte die scharfe Kritik des Senats an der Bluttat |130| durch Zugeständnisse an das Standesbewußtsein der Senatoren und das Kompetenzstreben des Senats zu beschwichtigen. In letzterem
     Sinne muß verstanden werden, daß Hadrian durch eine
oratio principis
sicherstellte, daß vom Senatsgericht nicht an das Kaisergericht appelliert werden könne (Dig. 49, 2, 1, 2), was noch unter
     Trajan in einem aufsehenerregenden Repetundenprozeß (gegen Varenus Rufus) geschehen war (Plin. min. ep. 7, 6, 14). Die beiden
     höchsten Gerichte standen nun völlig gleichwertig nebeneinander, so daß Marcus Aurelius Prozesse, die eigentlich das Kaisergericht
     betrafen, dem Senat zur Verhandlung überließ (Hist. Aug. Marc. 10, 1). Im übrigen hielt er sich für sein eigenes Gericht an
     die von Hadrian fixierte Regel, keine Ritter in sein Konsilium zu berufen, wenn er über einen Senator das Urteil zu sprechen
     hatte (Hist. Aug. Marc. Aur. 10, 6).

Der zunehmende Einfluß der Ritter im kaiserlichen Konsilium spiegelte ebenso wie ihr schon erwähnter Aufstieg zu Respondierjuristen
     (oben S. 128) den Bedeutungsgewinn des
ordo equester
im 2. Jahrhundert wider. Es war Hadrian, der die Folgerungen aus der größeren Beteiligung der Ritter an der Staatsverwaltung
     zog, indem er endgültig mit der Gewohnheit brach, verantwortliche Posten am Kaiserhof Freigelassenen anzuvertrauen. Vom Amt
a libellis
wurde schon erwähnt, daß es von einem Ritter übernommen wurde (oben S. 129), und vom Amt
ab epistulis
ist dies ebenso explizit überliefert (Hist. Aug. Hadr. 22, 8). Der Leiter des kaiserlichen Finanzwesens
( a rationibus
) erhielt nun den Titel
procurator a rationibus
und wurde als einziger in der höchsten Gehaltsklasse der prokuratorischen Laufbahn geführt; er war
trecenarius
, d.h., er bezog jährlich 300   000 Sesterzen.
    Die Unterscheidung der Prokuratoren nach Gehaltsklassen entsprach der Bedeutung ihrer Tätigkeitsbereiche. Ein
procurator alimentorum
z. B. erhielt 60   000 Sesterzen; er gehörte zu den
sexagenarii
. Ein
procurator quadragesimae Galliarum
dagegen bezog 100   000 Sesterzen Jahresgehalt; er war ein
centenarius
. Noch höher rangierte der
procurator provinciae Asiae
; als
ducenarius
wurden ihm 200   000 Sesterzen im Jahr bezahlt. Durch die ständige Vermehrung der Verwaltungsaufgaben – man denke nur an das Alimentarwesen
     – stieg die Zahl der Prokuratoren im Laufe des 2. Jahrhunderts von etwa 80 unter Trajan auf 125 unter Marcus Aurelius an.
     Der große Bedarf an qualifizierten Rittern wiederum führte dazu, daß seit Hadrian von der Regel abgewichen wurde, nur solchen
     Rittern eine Prokuratorenstelle zu übertragen, die ihren Militärdienst, die
tres
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militiae
(oben S. 30), absolviert hatten. Neben die ‘militärische’ Karriere trat eine ‘zivile’, die über niedere Verwaltungsämter zu
     den Prokuratoren- und Präfektenstellen führte. Insgesamt wurde mit dem Ausbau des prokuratorischen ‘Beamten-Apparates’ ein
     wichtiger, wenn nicht der entscheidende Schritt zur Bürokratisierung der römischen Staatsverwaltung getan. Diese entwickelte
     sich fortan in den Bahnen, die, wie ein spätantiker Autor ausdrücklich hervorhob, Hadrian ihr gewiesen hatte (Epit. de Caes.
     14, 11).

Eine dieser Entwicklungslinien betraf den Steuereinzug durch Pächter
( publicani )
, in den immer mehr staatliche Kontrollinstanzen eingebaut wurden, die ihrerseits Vorstufen für die direkte Erhebung durch
     den Fiscus bildeten. Dieser hatte

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