Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
inzwischen (vgl. oben S. 36f.) das Aerarium in den Schatten gestellt, so daß nun er als
die eigentliche Staatskasse erschien. Hadrians oben S. 125 erwähnte Schuldentilgung z. B. rückte den Fiscus in helles Licht:
Die Schuldtafeln, die auf dem Forum Traiani verbrannt wurden, waren solche des Fiscus! Hadrian war überhaupt in Sachen des
Fiscus sehr aktiv: Eine
lex Hadriana
ergänzte das für die afrikanischen Domänen gültige Bewirtschaftungsstatut der
lex Manciana
(s. im einzelnen unten S. 159), und eine
epistula
griff regulierend in die für den Bergwerksbezirk von Vipasca/Lusitanien geltenden Ordnungen der
lex metallis dicta
und der
lex metalli Vipascensis
(D. Flach, Chiron 9, 1979, 403 – 413) ein. Dem Fiscus wurde von Hadrian auch eine Prokuratur zugeordnet, die dessen juristische Interessen wahrnahm; der Beamte
hieß
advocatus fisci
(Hist. Aug. Hadr. 20, 6) und war ein
centenarius
.
Eine andere Entwicklung führte unter Antoninus Pius zur Schaffung einer eigenen Verwaltung für das dem Kaiser als Privatmann
gehörige und zufließende Vermögen
( res privata
). Die Leitung wurde einem
procurator rationis privatae
anvertraut und trug der Tatsache Rechnung, daß das
patrimonium
der früheren Kaiser durch den jedesmaligen Übergang an den Nachfolger ‘verstaatlicht’ worden war (oben S. 36). Mit der
res privata
stand nun eine ‘Privat schatulle ’ zur Verfügung, die dem Kaiser einen freieren Umgang mit seinem Vermögen erlaubte.
Als Antoninus Pius die
res privata
ins Leben rief, stand es um die Finanzen des Reiches insgesamt gut, und es blieb so während seiner ganzen Regierung. Bei seinem
Tode (161) befanden sich 2700 Millionen Sesterzen in den Kassen (Cass. Dio 74, 8, 3). Der Staatsschatz hatte unter Trajan
einen gewaltigen Zuwachs durch die Kriegsbeute aus Dakien erfahren: 500 000 Pfund Gold (165 t) und 1 Million |132| Pfund Silber (330 t) flossen aus Sarmizegetusa nach Rom (Lyd. de mag. 2, 28 [Emendation der Zahlen nach J. Carcopino, Les
étapes de l’impérialisme romain, Paris 2 1961, 106 – 117]), und die dakischen Goldbergwerke sorgten für ständigen ‘Nachschub’. Wenn auch das Bauprogramm Trajans große Summen verschlang
(unten S. 134), so war der Fiscus beim Regierungsantritt Hadrians doch in der Lage, auf Außenstände in Höhe von 900 Millionen
Sesterzen zu verzichten (oben S. 125), ohne daß das Budget durcheinandergeraten wäre, ja, Fiscus und Patrimonium waren liquide
genug, um die von Hadrian auf seinen Reisen geübte
liberalitas
gut zu verkraften.
Gänzlich anders stellte sich die Finanzlage im Jahre 169 dar. Der Krieg im Osten (162 – 166) und die Vorbereitungen für den Krieg im Norden hatten die von Antoninus Pius hinterlassenen Reserven erschöpft. Die im
Reich wütende Pest beeinträchtigte die laufenden Einkünfte. Da entschloß sich Marcus Aurelius zu einem spektakulären Schritt:
Er ließ zwei Monate lang auf dem Forum Traiani Wertgegenstände aus kaiserlichem Besitz versteigern. Der Erlös reichte aus,
um die Geldnot zu überwinden (Hist. Aug. Marc. Aur. 17, 4 – 5. 21, 9). Nichtsdestoweniger blieb die Finanzlage im letzten Jahrzehnt der Regierung des Marcus Aurelius angespannt. Unter
seinem Sohn Commodus wurde dieser Zustand chronisch, „da die Finanzkraft des Römischen Reiches dessen Verschwendungssucht
nicht gewachsen war“ (Hist. Aug. Comm. 7, 8). Im Jahre 192 (beim Tode des Commodus) wiesen die Staatskassen nur einen Bestand
von 1 Million Sesterzen auf (Cass. Dio 74, 8, 3)!
Daß der unter Marcus Aurelius beginnende Niedergang des Finanzwesens nicht schon bald zu einer schweren Krise führte, darf
zu einem Gutteil der Stabilität der römischen Währung zugeschrieben werden. Diese hatte im Jahre 107 nach der Rückkehr Trajans
aus Dakien gewissermaßen ihr Antlitz erneuert: Die abgegriffenen Münzen waren eingeschmolzen und durch neue ersetzt worden
(Cass. Dio 68, 15, 3 1 ). Trajan nutzte die Gelegenheit, eine Münzserie – hauptsächlich in Silber – herauszubringen, die aus früheren Prägungen (der
Republik und der Kaiserzeit) sozusagen ein Programm zusammenstellte. Die Restitutionsmünzen – sie trugen auf der Rückseite
die Abkürzung REST – führten bis auf den Quadrigatus des Jahres 241 v. Chr. zurück und demonstrierten damit auch 350 Jahre
erfolgreicher Währungspolitik. Dieser Nimbus umgab die Münzen Trajans und seiner Nachfolger. Er sicherte ihnen das Vertrauen
der Menschen
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