Die kalte Koenigin
Leidenschaften und Vergnügungen, mit ihren Raufereien und Misserfolgen, während sie sich auf die Schlachten vorbereiteten, die nicht einmal ihr eigenes Werk waren. Sie würden hier auf die beiden Herren der Toten treffen – Nezahual und seinen Bruder Aquil. In den kommenden Nächten wären es dann sein
Bruder Kulcan, seine Enkelin Pacala und vielleicht sogar eines Tages Medhya, falls sie das Meer überquerte, um die Welt ihrer Geburt zu erobern.
Irgendwann nach Mitternacht erblickte ich in der Ferne ein Feuer an den niedrigen Hügeln unter dem Gebirgskamm. In einiger Entfernung stieg ein lauter Schrei auf, und ein Alarm ertönte: irgendeine Art von Horn. Unter mir ließen die Männer von ihren Frauen ab, von denen einige sich ebenfalls bewaffneten. Die Männer hatten sich nackt ausgezogen. Ihre Leiber waren eingeölt und kampfbereit, als sie sich rasch entlang der Stadtmauern aufstellten. Unter ihnen, an den Kanälen, wurden Feuer angezündet.
In jener Nacht stand uns eine Schlacht bevor. Ich breitete meine Flügel aus und flog über die Gebäude hinweg, um den flachen Kähnen zu folgen. Diese fuhren die Kanäle entlang zum südlichen Ende der Stadt, gefüllt mit Kämpferinnen und Kämpfern, die sich auf eine Belagerung vorbereiteten.
Vampyre tauchten aus den Tempeln der Stadt auf, und ich erblickte auch dunkle Gestalten, die aus dem hohlen Berg hervorkamen, auf den Gebirgskamm stiegen und sich in den Nachthimmel erhoben.
Ich kam an zahlreichen Vampyren vorbei, die hinabflogen und sich zwischen den Sterblichen niederließen, um an ihrer Seite zu kämpfen. Dies hätte sich in meinem Heimatland niemals ereignet, wo wir für alle und jeden doch nur Dämonen waren. Ich blickte zu dem dunklen Palast auf der Spitze der hohen Pyramide hinauf, die sich hinter mir befand. Dann machte ich mich auf den Weg zurück zum Palast, um Pythia zu finden.
Nezahual saß auf dem Thron und sprach mit seinen Priestern. Aus seinem aufgeregten Tonfall konnte ich schließen, dass er über die Entwicklung der Nacht nicht glücklich war. Er warf mir einen Blick zu und schickte die Sterblichen fort. Dann winkte er mich zu sich. »Du hast bereits Kriege erlebt?«
Ich nickte.
»Dann kämpfe heute Nacht mit uns.«
»Nezahual, ich bin nur aus einem einzigen Grunde hergekommen. Dieser besteht darin, eine Maske zu holen, mit deren Hilfe ich das Schicksal erfüllen kann, das von deiner Schwester in einer Vision vorhergesagt wurde. Und zwar von Merod, einem Priester meines Stammes.«
»Kämpfe mit uns«, wiederholte er. »Und du wirst deine Maske bei Morgengrauen erhalten.«
»Du sagtest, es sei unmöglich, sie von ihr zu bekommen.«
»Alle Masken können abgenommen werden«, erwiderte er, als hätte er eine harte Entscheidung getroffen, die er gar nicht hatte treffen wollen. »Sie hat uns mit ihrem gedankenlosen Gemetzel diese Schlacht erst eingebracht. Dafür wird sie büßen.«
Krieg bereitete mir kein Vergnügen, aber als ich zu der Mauer am südlichen Ende von Aztlanteum zurückkehrte, spürte ich, wie mich plötzlich die Stärke überkam, die auf dem Schlachtfeld auftritt, wenn man von anderen Kriegern umgeben ist. Die Zinnen der Stadt waren von Vampyren besetzt, deren Flügel ganz ausgebreitet schienen und die sich niederkauerten, als auch sie Speere und Schwerter gegen die Feinde erhoben. Diese befanden sich bereits am Tor, als Nezahual und ich sie erreichten. Nezahual hatte mir einen Speer gegeben, den er
»Blutsucher« nannte. »Damit habe ich schon viele niedergemetzelt«, erklärte er.
»Ich verstehe etwas davon, wie man Sterbliche tötet«, entgegnete ich. »Aber die Vampyre? Wir können sie verwunden, doch das reicht nicht aus.«
»Ach«, stieß er hervor. »Sie kämpfen wie Hunde, die sich in unseren Kehlen festbeißen. Ignoriere sie. Lass es nicht zu, dass sie dich fangen, Aleric. Es sind die Sterblichen, die sich bei ihnen befinden, welche getötet werden müssen. Du musst heute Nacht viele Leben nehmen. Durchbohre ihre Herzen, trinke von ihnen, aber töte alle, die danach trachten, die Stadt von Ixtar zu stürzen!«
Der Feind unter uns hatte bereits damit begonnen, Büsche und Bäume entlang der Stadtgrenze anzuzünden. Rauch verdüsterte die Luft, und die Schlachtrufe waren zahlreich.
Dies glich nicht den Schlachten, in denen ich gegen die Sarazenen im Heiligen Land gekämpft hatte.
Diese war wild und führungslos.
Keine Ritter oder Könige ritten auf Pferden in den Kampf. Stattdessen kamen Vampyre im
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