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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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festhalten. Wie schon einmal hatte er gebeten, sie wiedersehen zu dürfen, unter welchen Bedingungen es auch immer sei. Ich hatte also alle diese Briefe gelesen und zerrissen, ohne Marguerite etwas über den Inhalt zu sagen oder ihr zu raten, den Herzog wiederzusehen, obwohl ich Mitleid mit dem alten Manne empfand. Aber ich fürchtete, sie würde in dem Vorschlag, dem Herzog seine früheren Besuche wieder gestatten, zugleich den Wunsch sehen, er möge auch wieder die Kosten der Haushaltsführung übernehmen.
Vor allem befürchtete ich, sie traue mir zu, ich könnte die Verantwortlichkeit für ihr Leben mit allen Folgerungen, die diese Liebe für mich hatte, abschlagen wollen. Da der Herzog kein Antwort bekam, schrieb er zuletzt nicht mehr. Marguerite und ich, wir führten unser gemeinsames Leben weiter, ohne an die Zukunft zu denken.
     

XVIII
     
    Es ist schwierig, Ihnen im einzelnen über unser neues Leben zu berichten. Es bestand aus einer Reihe kindischer Einfälle, die uns Freude bereiteten, die aber uninteressant sind für den, dem ich sie erzählen würde. Sie wissen, was es heißt, eine Frau zu lieben; Sie wissen, wie kurz die Tage sind und mit welch müßiger Verliebtheit man in jeden neuen Tag hineinlebt. Sie wissen auch, wie man alles vergißt, was nicht aus einer großen Liebe, die vertraut und teilt, geboren wird. Jedes Wesen außer der geliebten Frau erscheint uns höchst unwichtig für unser Dasein. Man bedauert, daß man früher schon Teile seines Herzens anderen Frauen geschenkt hat, man glaubt nicht, daß es möglich sei, jemals eine andere Hand zu drücken als die, die man in der seinen hält. Unser Geist läßt keine Anstrengung, keine Erinnerung gelten, nichts, was dazu geeignet wäre, den einzigen Gedanken, der uns beschäftigt, zu verdrängen. Jeden Tag findet man an seiner Geliebten neuen Zauber, neue Hingabe.
Das Dasein ist nur noch die Verwirklichung eines ständigen Wunsches, die Seele nur noch ein Vestalin, die das Feuer der heiligen Liebe in Brand halten muß. Oft setzten wir uns in der Abenddämmerung in den kleinen Wald oberhalb des Hauses auf den Moosboden. Da lauschten wir dann in den friedlichen Abend hinaus und dachten beide an die nahende Stunde, die uns einander bis zum Morgen in die Arme führte. Dann wieder blieben wir den ganzen Tag liegen und ließen nicht einmal die Sonne in unser Zimmer herein. Die Vorhänge blieben fest geschlossen, und die ganze Außenwelt war für uns nicht vorhanden. Nur Nanine durfte zu uns hereinkommen und auch nur, um uns die Mahlzeiten zu servieren. Nicht einmal dazu standen wir auf und unterbrachen sie immer wieder mit Scherzen und Gelächter. Dann schliefen wir wieder für einen Augenblick ein, tief versunken in unsere Liebe. Manchmal jedoch bemerkte ich, daß Marguerite traurig war oder sogar Tränen in den Augen hatte. Wenn ich nach dem Grund ihres plötzlichen Kummers fragte, antwortete sie mir: ,Unsere Liebe ist keine gewöhnliche Liebe, mein Armand. Du liebst mich, wie noch nie jemand zuvor, und ich zittere bei dem Gedanken, daß du deine Liebe eines Tages bereuen, mir meine Vergangenheit vorwerfen und mich wieder in den Abgrund stürzen könntest, aus dem du mich gezogen hast. Vergiß nie, daß ich ein neues Leben gekostet habe und daß ich sterben würde, wenn ich das alte wieder beginnen müßte. Sage mir, daß du mich nie verlassen wirst!' ,Ich schwöre es dir!'
Bei diesen Worten sah sie mich an, als wolle sie in meinen Augen lesen, ob ich auch die Wahrheit sprach. Dann warf sie sich in meine Arme, verbarg ihren Kopf an meiner Brust und sagte:
,Du weißt ja nicht, wie sehr ich dich liebe.' Eines Abends lehnten wir am Fenster und betrachteten den Mond, der mühsam seinem Wolkenbett entstieg. Wir lauschten dem Wind, der in den Bäumen rauschte, hielten uns an den Händen und hatten wohl schon seit einer guten Viertelstunde kein Wort gesprochen, als Marguerite plötzlich sagte: ,Jetzt kommt der Winter. Willst du, daß wir abreisen?' ,Und wohin?' ,Nach Italien.' ,Du langweilst dich also?'
,Ich fürchte mich vor dem Winter und noch mehr vor unserer Rückkehr nach Paris.' , Warum?'
,Aus vielen Gründen.'
Und sie fuhr rasch fort, ohne mir Gründe für ihre Furcht zu nennen:
,Willst du mit mir abreisen? Ich verkaufe alles, was ich habe, wir werden dort unten zusammen leben, ich behalte nichts von meiner Vergangenheit, und niemand wird wissen, wer ich bin. Willst du das?'
,Reisen wir, wenn es dir Freude bereitet, aber ich sehe keine Notwendigkeit,

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